Zugegeben ich bin jetzt nicht der größte Laibach-Fan bzw.
kenne mich ganz genau mit den Werken der Band aus. Der Name ist
natürlich bekannt, wie auch der ein oder andere Track bzw. die markante
Kopfbedeckung des Sängers – aber so richtig auf meinem musikalischen
Schirm sind die Slowenen bei mir erst seit den letzten beiden
Veröffentlichungen „Spectre“ und „Volk“ bzw. dem Soundtrack zum Film
„Iron Sky“ gelandet. Dass Mute Records schon seit Ende der 80er
die Alben rausbringt, spricht ja definitiv für sich. Habe mir aber von
wirklichen Laibach(aus)kennern sagen lassen, dass ich das
Gesamtkunstwerk der Band sowieso erst richtig verstehen würde, wenn ich
sie mal live und in Farbe gesehen habe. Am besagten Samstag bot sich nun
also für mich diese Gelegenheit… Laibach (Foto: Kristin Hofmann)
Alter Schlachthof, einer der ersten sonnigen Frühlingstage. Fußball
ist in der Luft und Laibach hatten bereits tags zuvor ein Konzert in
Leipzig gespielt. Soviel zu den Eckdaten. Der kleine Saal vom Dresdener
Schlachthof war jedenfalls mit einem schwarzbunten und teilweise
durchaus älteren Publikum gut gefüllt, aber auch nicht rappelvoll. Viel
Zeit zum Sinnieren darüber war jedenfalls nicht. Kurzer Blick Richtung
Bühne, vor einer ziemlich großen Leinwand waren passend zur aktuellen
Besetzung ein Schlagzeug, drei Keyboards/Synthesizer bzw. ein einzelnes
Standmikro aufgebaut, was darauf schließen ließ, dass es keine Vorband
geben würde, und dann ging es auch schon pünktlich zur achten Stunde
los. Laibach (Foto: Kristin Hofmann)
Ein brachiales Industrial-Gewitter leitet den ersten Track oder
besser gesagt die ersten drei EBM-Stampfer ein, welche auf slowenisch
intoniert und fast im Dunkeln gespielt wurden. Einen
Wiedererkennungseffekt – nicht nur visuell – hatte ich erst bei
„Eurovision“, wo die typischen Sterne sogar durch die Beleuchtung auf
die Bühne übertragen wurden. Danach folgten u.a. „Walk With Me“ und „No
History“ vom immer noch aktuellen Longplayer „Spectre“, bei Denen auch
schön das gesangliche Wechselspiel zwischen der hohen, klaren Stimme von
Mina Spiler und der eintönig Tiefen von Milan Fras zum Vorschein kam.
Pause?!?
Pause, auf U-Musik-Konzerten eher unüblich, hat das schon mehr
Theater-Stil! Ein 15min-Countdown lief runter und gab somit allen
Anwesenden Zeit das so eben Erlebte noch einmal Revue passieren zu
lassen bzw. für Nachschub in Sachen Genussmittelverzehrung zu sorgen.
Ich nahm den Merch-Stand unter die Lupe und kann diesen wirklich
weiterempfehlen, auch online. Denn neben den üblichen Shirts- &
Tonträger-Kram, konnte man dort u.a. Laibach-Briefmarken, Hygieneartikel
und auch ein Party-Buch erwerben. Was mich schon sehr an Sachen von der
Satire-Partei „Die Partei“ erinnert hat.
3-2-1
Laibach (Foto: Kristin Hofmann)
Pause vorbei – auf der Videowand wurde es ziemlich bunt, teilweise
schon mangamäßig bunt und farblich ein ziemlicher Gegensatz zum
restlichen Schwarz auf, an und neben der Bühne. Es folgen jetzt die
Stücke zum gleichnamigen Tournamen aus dem Musical „The Sound of Music“,
welches die Band zwar ins laibachische Korsett gepresst hat, trotzdem
ein wenig eingängiger klang (um mal das Wort popig zu vermeiden), als
die Tracks aus dem ersten Teil der Show. Da ich persönlich kein großer
Freund dieser Form der Unherhaltungskunst aus Tanz, Gesang bzw.
Schauspiel bin, kannte ich die Stücke aus dem Original nicht, aber die
Versionen der slowenischen Band haben durchaus das gewisse Etwas und
Songs neu zu interpretieren ist für Laibach auch nicht mehr wirklich
unbekanntes Terrain. Laibach (Foto: Kristin Hofmann)
Was mir während das ganzen Konzertes aufgefallen war, dass die Band
nicht direkt mit dem Publikum kommunizierte, sondern entweder durch
Botschaften auf der Leinwand oder Sprecheransagen vom Band, so auch beim
Zugabenteil, wo sich mein persönlicher Wiedererkennungswert von
Laibach-Stücken wieder erhöhte. Denn es folgte mit „B Maschina“ ein Song
aus „Iron Sky Soundtrack“(den sie auch produziert hat) und auf der
Leinwand waren ebenso Ausschnitte aus besagtem Film zu sehen.
Anschließend „Live is Life“ – einer der bekanntesten Tracks und das Opus
Cover war wahrscheinlich mit der Höhepunkt des Abends. Meiner Meinung
nach eine der wenigen Neuinterpretationen von Songs, die wirklich besser
klingen als das Original. Das Publikum sah es offensichtlich ähnlich,
der Refrain wurde lauthals mitgebrüllt und eben wegen diesen
frenetischen Konzertbesuchern gab es noch eine weitere Zugabe.
Abschließend erschien auf der Videowand noch ein Trailer zu einer
Dokumentation „Laibach The Movie“ über den umstrittenen
Auftritt der Band zum 70. Jahrestag des Bestehen von Nordkorea – das war
das erste Konzert einer westlichen Band überhaupt in dem Land – der bei
den dort anwesenden Einheimischen allerdings ein wenig andere
Reaktionen auslöste, als beispielsweise der Stones-Auftritt letztens auf
Kuba. Laibach (Foto: Kristin Hofmann)
Fazit:
Laibach sind als quasi als lebendes Gesamtkunstwerk zu verstehen, hatten
u.a. ja auch schon einen Auftritt in der Londoner Gallery of Modern Art
und haben mich mit ihrer Performance sehr an Konzerte von Kraftwerk,
Einstürzende Neubauten bzw. Rammstein erinnert. Wo es auch gewisse
Gemeinsamkeiten gibt, wenn man mal die tiefe prägnante Stimme samt
sofortigem Wiedererkennungswert zwischen Milan Fras und der von
Lindemann vergleicht und Letztere haben in Interviews auch schon erzählt
von Laibach beeinflusst zu sein. Dafür haben sich die Slowenen dann
wiederum mit dem Remix zu „Ohne Dich“ revanchiert. Mit den Neubauten
haben Laibach sicherlich nicht nur das Gründungsjahr 1980 gemein,
sondern auch den sehr industrial-lastischen kompromisslosen Sound der
ersten Alben – höchstwahrscheinlich anfänglich ohne von einander zu
wissen, schließlich gab’s in der 80er noch kein Internet, außerdem
existierte auch noch der sogenannte Eiserne Vorhang – welcher dann über
die Jahre mehr und mehr eingängiger bzw. melodischer wurde. Von
Kraftwerk sind Laibach sicherlich audiovisuell mit beeinflusst, denn wie
es bei den Pionieren der elektronischen Musik üblich ist, dass die
Musiker auf der Bühne in den Hintergrund treten, um mehr Raum der Musik
zur Verfügung zu stellen, welche zusätzlich von Videoprojektionen
unterstützt wird, so war dies auch bei dem Konzert von Laibach der Fall.
Wer also demnächst die Chance hat ein Konzert der slowenischen Band
zusehen (und Diese noch nicht live erlebt hat), unbedingt hingehen. Es
ist zwar ganz hilfreich, den doppelten bzw. dreifachen Boden zu
verstehen und einordnen zu können, wenn man wie ich noch ein paar Jahre
im Sozialismus hinter der Mauer aufgewachsen ist, ist aber für den
mitdenken Konzertbesucher nicht zwingend erforderlich. Unsere Galerie vom Abend: Laibach (16.04.2016, Dresden) [22]
Laibach (Foto: Kristin Hofmann)Setlist:
Olav Trygvason (Edvard Grieg cover)
Smrt za smrt
Brat Moj
Now You Will Pay The Great Divide
Eurovision
Walk with Me
No History
Resistance Is Futile
Do-Re-Mi (Rodgers & Hammerstein cover)
Edelweiss (Rodgers & Hammerstein cover)
The Sound of Music (Rodgers & Hammerstein cover)
My Favorite Things (Rodgers & Hammerstein cover)
We Are Millions and Millions Are One
Ballad of a Thin Man (Bob Dylan cover)
Bossanova Encore:
B Mashina (Siddharta cover)
Opus Dei (Opus cover)
Each Man Kills the Thing He Loves (Jeanne Moreau cover)
Links: www.laibach.org Anschauen: „Laibach The Movie“; „The Videos“ Reinhören: „An Introdiction To… Laibach“; „Anthems“ Weiterhören:
„Spectre“; „Volk“; „WAT“; „Jesus Christ Superstar“; „NATO“;
„Kapital“; „Sympathy For The Devil“; „Let It Be“; „Opus Die“; „Nova
Akropola“; „Laibach“
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