Montag, 28. Januar 2019

Bankensozialismus


Regierende Linke und »Schuldenbremse«

Von Arnold Schölzel
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Die »Schuldenbremse« in der Landesverfassung dürfte zur Belastung für die Berliner Linkspartei werden (Foto: Die Landesvorsitzende Katine Schubert beim Landesparteitag am 15. Dezember 2018)
An Warnungen hat es nicht gefehlt. Im Mai 2009 schrieben 64 deutsche Hochschulökonomen den Befürwortern einer sogenannten Schuldenbremse einen offenen »Brandbrief« (Süddeutsche Zeitung). Die Regelung werde die wirtschaftliche Stabilität sowie Bildung und Lebensqualität zukünftiger Generationen gefährden. Die Lage aber war: Trotz Weltwirtschaftskrise saßen die Damen und Herren von Banken, Versicherungen, Hedgefonds und anderen Schattenbanken fest im Sattel – das politische Personal hatte ihnen mit enormen finanziellen Mitteln, vulgo Staatsschulden, den Hintern gerettet. Das macht Appetit auf mehr.
Noch regiert nicht die offen terroristische Fraktion der Milliardärclans und Superreichenbanden, d. h., in einigen Staaten könnte es schon soweit sein. Auf jeden Fall gewinnen in jeder Krise des Kapitals die Scharfmacher an Boden. Die Erhebung der »Schuldenbremse« in Verfassungsrang ist ein Beleg. Denn ihre beabsichtigten Folgen sind: Nie wieder im wirtschaftlichen Absturz ein Konjunkturprogramm zur Ankurbelung von Produktion und Schaffung von Arbeitsplätzen, nur stets eins zur Rettung von Milliardären und zu deren beschleunigter Bereicherung – wie 2008 und danach geschehen. Außerdem: Nie wieder »schuldengestützte« staatliche Investitionen, statt dessen satte private Renditen bei bisher öffentlichen Vorhaben. Das Rezept funktioniert schon vor dem formalen Inkrafttreten dieser »Bremse« im Jahr 2020, die in Wirklichkeit ein Aufblasprogramm für die globale Spekulation ist. Da wird nicht gestoppt, sondern Gas gegeben wie von Bleifußdeppen in deutschen Innenstädten. Im Sinne seiner Erfinder stellt sich der Erfolg bereits ein: »Pflegenotstand« ist ein anderes Wort für Profit im Gesundheitswesen. Bröselnde Brücken, Straßen oder die »Trümmerhaufen«-Bahn, sind eine Aufforderung, alle Schleusen für öffentlich-private Partnerschaften zu öffnen. Extraprofit winkt. Schulneubau nur durch Privatisierung, die aber keine ist, wie Senatsschlaumeier in Berlin weismachen wollen. Man unterlaufe vielmehr die »Schuldenbremse«. Ver.di-Chef Bsirske nennt das zu Recht ein Stück aus dem Tollhaus: »Erst wird eine Schuldenbremse beschlossen, dann sucht man Wege, sie zu umgehen.«
Er kannte die Berliner noch nicht richtig. Denn zehn Jahre, nachdem Die Linke im Bundestag sich mit den 64 Ökonomen solidarisierte und gegen die »Schuldenbremse« stimmte, sind die in den Landesregierungen von Berlin und Brandenburg sitzenden Linke-Vertreter offenbar mit dabei, die als »Schuldenbremse« etikettierte Reichtumsvermehrung in die beiden Landesverfassungen aufzunehmen. Wäre es da nicht einfacher, die Landesverbände umzubenennen? Etwa in Partei des öffentlich-privaten Banken- und Unternehmenssozialismus? In Berlin ist das Personal, das vor 15 Jahren kommunale Wohnungen zu Zehntausenden mitverscherbelte, zum größten Teil noch im Einsatz. Etwas mehr Bekennermut lässt sich da erwarten.

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