Sonntag, 4. November 2018

Tough as Texas


Operation Heimatfront. Texas vor den Midterms (2/4)

Von Florian Neuner, San Antonio
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»Train Today to Fight Tomorrow« – Abschlussfeier von Militärausbilderinnen auf der Lackland Air Force Base, San Antonio
Wird es der nächste Triumph von Donald Trump? Bei den Midterms am 6. November wählen die US-Amerikaner alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses (435) und 35 der 100 Senatoren. Bauen die Republikaner ihre Mehrheit in beiden Kammern aus, kann der Präsident seine Politik leichter durchsetzen als bislang. Doch wie ist die Stimmung im Staat nach fast zwei Jahren Trump? Unser Korrespondent berichtet aus dem republikanischen Kernland Texas.(jW)
Das billigste Bier von San Antonio gibt es in einer Kneipe, die sich nördlich des Zentrums in einer viktorianischen Villa am Ufer des San Antonio River befindet. Über der Thekenwand ist das Gewehr eines japanischen Fallschirmjägers aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt. Irgendwie muss es in den Besitz von Francisco Guerra Jr. gekommen sein, der es dem Lokal gespendet hat. Es handelt sich nicht um irgendeine Kneipe, sondern um das älteste Vereinslokal der Veterans of Foreign Wars of the United States of America (VFW) in Texas. Die Miller-Brauerei grüßt von einer Leuchtschrift die »US Armed Forces«. Auf dem Weg zum Klo orientiert eine Weltkarte darüber, wo auf allen fünf Kontinenten man gedient haben kann, um Mitglied im VFW zu sein. Ein älteres Ehepaar betritt die Kneipe, weil es vom billigen Bier gehört hat. Im Fernsehen laufen Wahlkampfspots. Gegen weitere Schließungen von Militärbasen in Texas. Tough as Texas: Ted Cruz. Beto O’Rourke, der demokratische Herausforderer: zu unbesonnen für Texas. 1917 trafen sich hier noch Veteranen aus dem Spanisch-Amerikanischen Krieg, heute aus dem Vietnam- oder dem Irak-Krieg. In der alten Villa soll es spuken.
Nicht weit entfernt vom VFW-Lokal erinnert im Veterans Memorial Park ein Mahnmal an Träger der Medal of Honor, der höchsten militärischen Auszeichnung der US-Regierung, aus der Region San Antonio. Gedenktafeln rekapitulieren die Laufbahn der Ausgezeichneten und ihre besonderen Beiträge zur Aufrechterhaltung der von »uns« so geschätzten »Freiheiten« – zur Mahnung, dass diese Freiheit »einen Preis« hat und mitunter das »Äußerste« an Opferbereitschaft verlange. Lucian Adams etwa hat 1943 neun deutsche Soldaten umgebracht und drei Maschinengewehrstellungen eliminiert, während Cleto L. Rodriguez und John Reese 1945 auf den Philippinen mehr als 80 Japaner getötet haben. Von Robert E. O’Malley ist zu lesen, dass er in Südvietnam in einen Graben gesprungen ist und die Vietcong angegriffen hat; Bilanz: acht tote Kämpfer.
Ich könnte nicht sagen, ob ich mittlerweile einfach nur sensibler auf Militärpräsenz reagiere oder ob sie in Texas größer ist als in anderen Teilen der USA. Schon bei der Ankunft am Flughafen war mir ein Informationsschalter für Militärangehörige aufgefallen, hatte sich die Fluglinie United auf einem Werbeplakat als »veteranenfreundlich« präsentiert. Im Hotel gehen Soldatinnen und Soldaten ein und aus. Ob bei Bootsrundfahrten, im Museum oder beim Klamottenkauf: Überall werden Militärangehörigen Preisnachlässe gewährt. Eine Modekette möchte mit einem Zehn-Prozent-Rabatt ihrer Wertschätzung für den Dienst am Vaterland Ausdruck verleihen. Nicht nur in der Shopping Mall der Lackland Air Force Base westlich von San Antonio (Motto: »Train Today to Fight Tomorrow«), auch in der Rivercenter Mall im Stadtzentrum werden T-Shirts, Mützen und alle möglichen Accessoires verkauft mit Aufschriften wie »My Grandchild My Hero« oder »I protected her, when she was small. Now my brave daughter protects us all«, sind Strampelanzüge in Camouflage-Mustern erhältlich. Ein Juwelier unterstützt die »Operation Homefront«, die Hilfe für in Not geratene Militärs und ihre Familien organisiert, und verkauft Teddybären in den Uniformen der verschiedenen Waffengattungen. Und wer einem Kriegsveteranen eine ganz besondere Ehre erweisen möchte, der kann eine Flagge über dem texanischen Nationalheiligtum »The Alamo« hissen lassen und ihm diese danach, mit einem speziellen Zertifikat versehen, überreichen.

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