Neonaziaufmarsch in Dortmund und Rodung im Hambacher Forst: Scharfe Kritik an NRW-Innenminister von Die Linke. Gespräch mit Inge Höger
Interview: Markus Bernhardt![]()
Herbert Reul (Mitte) zwischen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (rechts) und einigen Polizisten (8.5.2018)
Foto: Oliver Berg/dpa
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Inge Höger ist Landessprecherin der Partei Die Linke in Nordrhein-Westfalen
Die Polizei und das Gros der Politiker in Dortmund sind bereits seit Jahren – wenn nicht gar seit Jahrzehnten – dafür bekannt, die dortige Neonaziszene zu verharmlosen und nahezu ungestört agieren zu lassen. Nicht ohne Grund gilt Dortmund seit geraumer Zeit als die braune Hochburg im Westen der Bundesrepublik. Insofern verwundert mich nicht, dass es einmal mehr zu solchen skandalösen Ereignissen gekommen ist.
In einer Pressemitteilung behauptete das Dortmunder Polizeipräsidium am vergangenen Wochenende, »eine angemessene Kräfteanzahl für die Bewältigung der Versammlungslage« eingesetzt zu haben. Sehen Sie das auch so?
Das ist schlichtweg Unsinn. Nachdem es die Dortmunder Polizei einmal mehr bundesweit in die Presse geschafft hat, versucht sie nun mit aller Kraft dem Eindruck entgegenzuwirken, nicht entschlossen genug gegen die Rechten vorgegangen zu sein. Natürlich hätten die Beamten das Abbrennen von Pyrotechnik verhindern können, wenn sie mit einer größeren Zahl an Einsatzkräften vor Ort gewesen wären.
Es ist zudem entlarvend, dass der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau, SPD, dem WDR am Montag ein Statement verweigerte. Wäre der Einsatz vernünftig verlaufen, gäbe es dazu keinen Grund. Bei linken Demonstrationen reichte übrigens in der Vergangenheit schon die Vermummung einzelner Teilnehmer, damit die Beamten einschritten.
Auch NRW-Landesinnenminister Herbert Reul, CDU, hat sich schützend vor die Polizei gestellt …
Das sollte jedem Antifaschisten zu denken geben. Reul trägt die politische Verantwortung für die aktuelle Eskalation im Hambacher Forst. Während er in der Vergangenheit »robuste Polizeieinsätze« forderte – die sich nun einzig gegen Umweltschützer und Linke richten –, können militante Neonazis in NRW offenbar tun und lassen, was sie wollen. Der Innenminister ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und weder charakterlich noch fachlich für diesen Job geeignet. Spätestens nachdem vor wenigen Tagen ein Journalist im Hambacher Forst ums Leben gekommen war, hätte Reul seinen Hut nehmen müssen. Dass die ihm unterstellte Polizei die kurzzeitig ausgesetzte Räumung nun fortsetzt und dabei teils äußerst brutal gegen friedliche Umweltschützerinnen und Kohlegegner vorgeht, zeigt einzig die Unfähigkeit dieses Mannes. Mit Grundrechten wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit nimmt er es nicht so genau – er sollte daher die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
Wie will Ihre Partei in Sachen Hambacher Forst agieren?
Wie bisher auch. Wir stellen uns entschieden gegen die Räumung des Waldes und dessen Abholzung. Wir versuchen, kontinuierlich mit Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern vor Ort zu sein, um die Polizeieinsätze zu beobachten und Übergriffe der Einsatzkräfte auf Demonstranten zumindest zu erschweren. Dass sich die etablierte Politik zum Handlanger von Großkonzernen wie RWE macht, ist unerträglich. Wir wollen den Hambacher Forst retten und machen uns für einen umgehenden Kohleausstieg stark.
Für die NRW-Linke trifft das unter Umständen zu. Aber in Brandenburg dürften Sie mit dieser Forderung auf wenig bis kein Verständnis bei Ihren Genossen stoßen.
Das mag sein. Ich bin aber Landessprecherin der Linken in NRW und nicht in Brandenburg. Aus ökologischen Gründen müssen wir schnellstmöglich aus der Kohle aussteigen. Dabei bleibe ich, und daran gibt es auch nichts zu rütteln. Dass es natürlich Jobalternativen für vom Kohleausstieg betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben muss, haben weder die NRW-Linke noch die Umweltschützerinnen und -schützer je bestritten.

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