Mittwoch, 26. September 2018

»Colonia Dignidad«: Nach Deutschland geflohener Arzt der Foltersiedlung muss nicht ins Gefängnis

Beihilfe zum Missbrauch bleibt straffrei


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Hartmut Hopp 1999 in der »Colonia Dignidad«
Der frühere Arzt der chilenischen Foltersiedlung »Colonia Dignidad«, Hartmut Hopp, bleibt ein freier Mann. Die Verurteilung zu fünf Jahren Haft durch ein chilenisches Gericht könne in Deutschland nicht vollstreckt werden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) in Düsseldorf laut einer Mitteilung vom Dienstag.
Der Mediziner war in Chile verurteilt worden, weil er dem früheren Siedlungschef Paul Schäfer Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern geleistet hatte. Der Verbüßung der Strafe entzog er sich durch Flucht nach Deutschland. Da er als deutscher Staatsbürger nicht ausgeliefert werden kann, beantragte die chilenische Justiz, das Urteil in der Bundesrepublik zu vollstrecken. Hopp würden allerdings keine »konkreten dienlichen Handlungen« vorgeworfen, behauptete nun das OLG. Die Feststellungen des chilenischen Gerichts belegten nicht, dass Hopp Schäfer in irgendeiner Weise Missbrauch ermöglicht oder erleichtert habe.
In der 1961 gegründeten sektenartigen Colonia Dignidad waren zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet (1973–1990) Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet worden. Die Siedlung war von dem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten Paul Schäfer nahe der Stadt Parral, rund 350 Kilometer südlich von Santiago de Chile, gegründet worden. Schäfers Schläger folterten Oppositionelle und bildeten Folterknechte für den chilenischen Geheimdienst aus. Deutsche Diplomaten wussten von den Zuständen in dem Lager, verweigerten den Opfern – unter ihnen deutsche Staatsbürger – jedoch jede Hilfe.
Am 11. September, dem 45. Jahrestag des Putsches in Chile, versammelten sich Angehörige der ehemaligen Gefangenen auf dem früheren Siedlungsgelände, das heute einen touristischen Komplex beherbergt. Sie forderten, die Aufklärung der Verbrechen fortzusetzen sowie die touristische Nutzung des Folterlagers zu beenden. Noch immer seien nicht alle dort Ermordeten namentlich identifiziert worden, erklärte Margarita Romero von der Erinnerungsvereinigung. (dpa/jW)

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