Freitag, 30. November 2018

Noch vor Amtsantritt der neuen brasilianischen Regierung: Die Kampfansage gilt (zuerst) Landlosen, Wohnungslosen und Minderheiten – weil sie die Eigentumsfrage stellen



In dem Monat, der seit dem zweiten Wahlgang der brasilianischen  
Präsidentschaftswahl vergangen ist, sind die Kräftekonstellation und  
die Zielsetzungen der neuen brasilianischen Regierung deutlich  
geworden: Profilierte rechtsradikale Offiziere werden wohl mindestens  
4 Ministerien übernehmen, darunter beispielsweise das  
Bildungsministerium, eine Voraussetzung, das Säuberungsprogramm  
„Schule ohne Parteien“ effektiv umzusetzen. Das auch die bisherige  
Regierung lancieren wollte, ohne es wirklich zu schaffen. Die  
Kooperation zwischen der - noch amtierenden, von niemand gewählten -  
Regierung Temer und der kommenden - von einer deutlichen Mehrheit  
gewählten - Regierung Bolsonaro klappt vorzüglich: Einsätze wie jener  
des Militärs in Rio sind vollzogene Gemeinsamkeiten, neue Dekrete  
Temers zu Geheimdienstoperationen nehmen Bolsonaro die Arbeit ab, sie  
selbst zu erlassen. Der leichtere Zugang zu Waffen, einer der  
Wahlschlager Bolsonaros im Kampf gegen Kriminalität, wie er ihn sich  
auf seine Banner geschrieben hat – der soll nicht zuletzt dazu dienen,  
Eigentum zu verteidigen. Und wer greift Eigentum an? Landbesetzer und  
Hausbesetzer natürlich, die zunehmend offener als Terroristen  
bezeichnet werden, weil sie ebenso Geschäfte verhindern, wie  
Landbesitztitel indigener Gemeinschaften (kein verteidigenswertes  
Eigentum) oder Bestimmungen zum Schutz der Umwelt. Und während der  
damit bereits zwei der drei Grundsäulen seiner erfolgreichen Kampagne  
„bedient“ – das Militär mit Exekutivmacht, das Agrarkapital mit  
Freiheiten – sind neben dem Schulprogramm vor allem seine  
kontinuierlichen Attacken zur „Verteidigung der Familie“ die  
„Bedienung“ der dritten Säule, der Evangelikalen. Die bei den Wahlen  
ebenso wie die Linke (in all ihren Varianten) geschlagenen  
neoliberalen Traditionspolitiker haben sich längst in das Lager des  
Wahlsiegers geschlagen – ganz wie einst in Chile die Tatsache  
verkörpernd, dass es zwischen Faschisten und Neoliberalen eine enge,  
nicht nur ideologische Verwandtschaft gibt. Die hemmungslose  
Begeisterung von Chefs gleich dreier bundesdeutscher Multis (Daimler  
Benz, VW, Robert Bosch) über Bolsonaros Wahl ist vermutlich  
repräsentativ für Unternehmerwünsche. Unter diesen Bedingungen sucht  
die soziale und politische Opposition noch nach dem Kurs, mit dem der  
Widerstand vorangebracht werden kann. Unsere aktuelle kommentierte  
Materialsammlung „Die Formierung der rechtsradikalen brasilianischen  
Regierung und die Entwicklung des Widerstandes“ vom 28. November 2018
http://www.labournet.de/?p=140695

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