Samstag, 14. Dezember 2019

Von Bosch über Continental bis ZF: In der Zulieferer-Branche steht ein massiver Jobabbau an, Fabriken droht die Schließung. Gegen die Krise werden klassische Rezepte nichts helfen

“Von außen gesehen wirkt es fast so, als hätten sich alle beim täglichen Überbringen der schlechten Nachrichten verabredet. Continental, Bosch, ZF, Mahle, Brose – überall droht massiver Jobabbau, Fabriken sind von Schließungen bedroht. Dazu kommen, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, die Insolvenzen der kleinen, oft unbekannten Zulieferfirmen. So anonym, wie sie oft aus der dritten oder vierten Reihe den nächstgrößeren Zulieferern zugearbeitet haben, so anonym verschwinden sie nun auch. (…) Bei der vergangenen großen Krise vor mehr als zehn Jahren gab es Rezepte, die das Schlimmste verhinderten. Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten leerräumen, mal für ein paar Tage die Halle zusperren. Es sind Rezepte für die ganz normale Krise. Was in diesen Monaten in der Autobranche passiert, ist aber keine dieser normalen Krisen, zu denen man in den Lehrbüchern der Betriebswirtschaftslehre nach Antworten suchen kann. Diesmal geht es um einen Umbruch, wie ihn die Autoindustrie noch nicht erlebt hat, weil vieles von dem, was produziert wird, künftig nicht mehr gebraucht wird. Dieseleinspritzsysteme, Kolben, Auspuffrohre, Abgasreinigung – all das wird man in ein paar Jahren so dringend benötigen wie Pferdekutschen für den öffentlichen Nahverkehr. Deutschland, das Land, das mit Geschäften rund um den Verbrennungsmotor jahrzehntelang gut Geld verdient und viele Jobs geschaffen hat, steht vor einer gewaltigen Zäsur. Einige Hunderttausend der geschätzt 800 000 bis 900 000 Arbeitsplätze in der Branche stehen auf dem Spiel, wenn sich alternative Antriebe wie Elektromotoren durchsetzen. …“ Kommentar “Ein Umbruch, wie ihn die Autoindustrie noch nicht erlebt hat” von Thomas Fromm vom 25.10.2019 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link. Siehe dazu:
  • Ein Widersinn mit Methode: Massenentlassungen zur Arbeitsplatzsicherung? New
    “Die einschlägigen Meldungen geben keine Schlagzeilen mehr her, weil sie Normalität geworden sind: 6.000 Entlassungen bei Thyssenkrupp, 9.500 bei Audi, 10.000 bei Daimler-Benz; VW hat bereits 10.000 Entlassungen angekündigt und erhöht um 7.000; 1.600 bei Bosch; auch Schaeffler-Continental entlässt 7.000, ebenso BASF; BMW “begnügt” sich mit Lohnsenkungen usw. Gleichzeitig vermeldet die Gewerkschaft stolz einen neuen Arbeitsplatzsicherungsvertrag bei Audi. Und auch bei anderen Betrieben, bei denen eine Arbeitsplatzgarantie vereinbart wurde, scheinen die Verträge den Entlassungen nicht entgegenzustehen. Was ist da los? Warum geht ein solcher Widersinn glatt durch? (…) Die Betriebe verfügen aber noch über eine andere Ausgaben-Abteilung, die sich wesentlich flexibler gestalten lässt, nämlich die Lohn- und Gehaltskosten ihrer verehrten “Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen”. Deren Lebensunterhalt ist für die Unternehmen – wie gerade die aktuellen Beispiele belegen – eine leicht handhabbare Größe. Einen Teil dieser Kosten können sich die Betriebe bei geringer werdendem Geschäft ganz ohne Problem entledigen: Das sind die Kosten für Leiharbeiter, die ohne jeden Kündigungsschutz entlassen werden können, denn sie sind rechtlich nicht bei der sie beschäftigenden Firma angestellt, sondern bei der Leiharbeitsfirma, die sie dann entlassen oder weiterverleihen kann. Ein Teil der Belegschaft ist alt oder krank und beendet daher von sich aus den Arbeitsvertrag ohne Kosten. Durch Nicht-Wiederbesetzung der Stellen wird deren Lohn oder Gehalt eingespart. Bei vielen Autofirmen hat die Gewerkschaft den Unternehmen zudem eingeräumt, einen erheblichen Teil des Jahreslohnes als Prämie auszuzahlen und diesen Teil des Lohns ganz in die freie Verfügung des Betriebs gestellt, so dass BMW z.B. ohne Probleme diesen Lohnbestandteil um 2.000 Euro senken kann. (…) Wenn die Gewerkschaften angesichts der Realität von Massenentlassungen Arbeitsplatzgarantien vereinbaren und stolz verkünden, dass sie mit den Unternehmen gemeinsam die Entlassungen vereinbart haben, bei denen es ganz ohne betriebsbedingte Kündigungen vonstattengehen kann, dann demonstrieren sie zweierlei: Für sie ist das für den Betrieb lohnende Geschäft die anerkannte Grundlage dafür, dass es überhaupt einen Arbeitsplatz gibt, und Entlassungen mit gewerkschaftlicher Beteiligung sind keine, weil sie ohne Kündigungen stattfinden, vielmehr über den Sozialplan geregelt sind. Dabei blamiert gerade die Bekanntgabe der Entlassungen die Vorstellung, dass das lohnende Geschäft eine sichere Grundlage für ein Arbeitnehmereinkommen darstellt. Denn klar ist: Schrumpft das Geschäft, stehen Entlassungen ins Haus; boomt aber die Wirtschaft, finden genauso Rationalisierungen zur Einsparung von Lohnkosten statt, um den Erfolg zu sichern und in der Konkurrenz nicht zurückzufallen. Die deutschen Gewerkschaften zeigen hier ein weiteres Mal, dass sie weit davon entfernt sind, wie zu Gründungszeiten ein Zusammenschluss von Arbeitern zu sein, um der Macht der Unternehmen die geballte Macht derer entgegenzusetzen, die den Reichtum schaffen. Stattdessen gilt heute ihre einzige Sorge dem erfolgreichen Gang des Geschäfts ihres Unternehmens – und wenn dafür Entlassungen notwendig sind, dann kann das Unternehmen ganz auf die Zustimmung seines Betriebsrates bauen. Schließlich ist die Gewerkschaft qua Betriebsrat und in vielen Fällen auch im Aufsichtsrat über den Gang des Geschäftes informiert, wobei sich ihre Vertreter in der Regel als Co-Manager sehen, die den Geschäftserfolg mit sichern wollen. So dienen die Entlassungen in den Augen der Gewerkschaftsvertreter im Betrieb dem Erhalt der verbleibenden Arbeitsplätze, auch wenn sich die Betriebsvereinbarungen über die Arbeitsplatzgarantie immer wieder als bloße Makulatur herausstellen. Dabei erweist sich die Behauptung, Entlassungen über den Sozialplan seien etwas grundsätzlich anderes als Entlassungen aufgrund betriebsbedingter Kündigung, als fruchtbar: Mit einem Sozialplan, so die Sichtweise der Gewerkschaft, ist der Verlust des Arbeitsplatzes keine Widerlegung der Arbeitsplatzgarantie, sondern dessen Sicherung, auch wenn der Platz nachher futsch ist. Dass mit den Abfindungen die beglückten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Einschränkungen hinzunehmen haben, spielt dabei ebenfalls keine Rolle. Dass überhaupt eine Milderung des Schadens stattfindet, schreibt sich die Gewerkschaft als Verdienst gut, auch wenn sie den Sozialplan nicht erkämpft hat. Dieser ist ja gesetzlich geregelt und die Gewerkschaft ist dabei nur als eine Instanz gefragt, die bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben mitwirken darf…“ Beitrag von Suitbert Cechura vom 10.12.2019 bei Telepolis externer Link
  • Eine Nachbetrachtung zum Aktionstag der IG Metall in Stuttgart 
    IG Metall: #fairwandel“Am vergangenen Freitag organisierte die IG Metall einen Aktionstag auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Sie reagierte damit auf die wachsende Wut der Beschäftigten der Auto- und Zulieferindustrie über die Gewerkschaft und ihre Betriebsräte, die beim Abbau zehntausender Arbeitsplätze im Rahmen der Umstellung auf Elektromobilität eng mit dem Management zusammenarbeiten. (…) Am Ende könnten es noch wesentlich mehr sein. Die Unternehmen machen das Ausmaß des Abbaus davon abhängig, dass ihre Profitrate steigt. Professor Oliver Falck, Automobilexperte am Ifo-Institut, sagte: „Wie viele dieser Stellen verloren gehen, hängt davon ab, wie viele der weltweit künftig nachgefragten Elektroautos in Deutschland gebaut werden. Und wie schnell die Zunahme der Elektromobilität geht.“ (…) Das stellt die Dinge auf den Kopf. In Wirklichkeit hat die IG Metall im Namen ihrer „Zukunftsperspektiven“ bereits grünes Licht für den Abbau von mehr als zehntausend Arbeitsplätzen bei Bosch, Mahle, Continental, ZF und Schaeffler gegeben und wird dies auch bei Daimler tun. Auf dem Stuttgarter Schlossplatz bot IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger den Konzernen erneut die Dienste der Gewerkschaft an: „Alle Arbeitgeber müssen wissen: Zukunftsgestaltung geht nur gemeinsam“, sagte er. „Der Wandel kommt, und wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken.“ (…) Die Stuttgarter Zeitung schrieb, in der gegenwärtigen Krise habe die Arbeitsplatzsicherheit höchste Priorität, und nicht ein „deutlicher Lohnzuwachs”: „In hohem Tempo wirft die Gewerkschaft das Ruder herum – gut so. Jetzt muss sie noch all ihre Mitglieder vom neuen Kurs überzeugen. … Im schlimmsten Fall droht dem Standort Baden-Württemberg eine schleichende Deindustrialisierung.“…“ Beitrag von K. Nesan vom 27.11.2019 bei World Socialist Web Site externer Link (siehe den Bezug weiter unten)
  • Osram, Conti, Michelin, Fujitsu, BMW: Wir brauchen ein Notfallprogramm gegen Schließungen und Entlassungen! 
    “… Kaum ein Monat vergeht ohne neue Hiobsbotschaft aus der Industrie: Schließungen, Produktionsstopps, Entlassungen. (…) Die ganze deutsche Industrie scheint betroffen, doch ist es die Autoindustrie, die besonders gefährdet ist: Im oberpfälzischen Roding kämpfen die Conti-Arbeiter*innen gegen ihre drohende Schließung bis 2024. Das ist direkt mit dem Strukturwandel verbunden, denn in Roding werden Verbrennungsmotoren gefertigt. 540 Arbeitsplätze sind allein hier in Gefahr; und die Arbeiter*innen bekommen auch jetzt schon in einem Haustarifvertrag weniger als branchenüblich. Den “grünen Kapitalismus“ externer Link sollen die Rodinger Arbeiter*innen zahlen, während die kapitalistische Industrie mit ihrer Profitorientierung weltweit den Planeten unbewohnbar machen darf? Das kann es ja wohl nicht sein. (…) Deshalb ist ein Notfallprogramm notwendig, das die verantwortungslose Deindustrialisierung verbietet, die viele Tausende Existenzen bedroht. (…) Wenn es zu betriebsbedingten Schließungen und Kündigungen kommt, sollen die Betriebe und die Eigentümer*innen ihre Geschäftsbücher offenlegen, um zu beweisen, dass sie tatsächlich nichts mehr haben – und wo das ganze Geld hin ist. Zuerst soll das Vermögen der Konzerne und ihrer Eigentümer*innen gepfändet werden, bevor die Arbeiter*innen mit ihrer Existenz bezahlen, die Jahre und Jahrzehnte für ihre Betriebe hergegeben haben. Massenentlassungen – ob durch Wirtschaftskrisen, Übernahmen oder Schließungen – sollten wegen ihrer verheerenden sozialen Effekte ganz verboten werden. Anstatt Gläubig*inner in Banken und anderen Großkonzernen auszuzahlen, die Krisen überhaupt erst herbeiführen, haben die Unternehmer*innen insgesamt eine Beschäftigungsgarantie für alle Arbeiter*innen zu leisten – wenn nicht in diesem Unternehmen, dann in einem gleich guten anderen. In guten Zeiten haben die Eigentümer*innen viel Geld mit der Arbeit ihrer Beschäftigten verdient, jetzt müssen sie – wenn beim Einzelnen nichts zu holen ist, kollektiv durch Industrieverbände und Banken – dafür haften. Schließungen können und müssen aber auch ganz verhindert werden. (…) Wir müssen uns klar machen, dass der Strukturwandel ein tief greifendes Phänomen ist, dessen Auswirkungen gerade erst begonnen haben. Ein Notfallprogramm muss auch Antworten darauf geben, dass es in Zukunft einige Industriezweige vielleicht tatsächlich nicht mehr geben wird – wie beispielsweise in der Autoindustrie. Wie kann also eine Transformation aussehen? Eine Wirtschaft, in der tausende Menschen in die Arbeitslosigkeit gestürzt werden, während andere immer mehr und immer unsicherer arbeiten müssen, darf nicht die Zukunft sein. Deshalb muss als Übergangsmaßnahme die vorhandene Arbeit auf alle verteilt werden. Das muss mit einer radikalen Senkung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich einhergehen. Diese Forderung kann nicht nur Betriebe einigen, sondern Lohnabhängige über viele Branchen hinweg, vom Metall bis in den Öffentlichen Dienst. Lasst uns statt auf „Runde Tische“ zu warten, gemeinsam dafür in den Gewerkschaften, in den Schulen und Unis sowie auf den Straßen eintreten, mit demokratischen Versammlungen gegen Schließungen und Entlassungen.“ Beitrag von Oskar Fischer vom 23.11.2019 bei Klasse gegen Klasse externer Link
  • Verzicht lohnt sich nicht. 15.000 bei Demo gegen Kürzungen in der Autoindustrie in Stuttgart / [Flugblatt] Vorstände statt Beschäftigte entlassen – Großaktionäre statt Belegschaften enteignen 
    • Verzicht lohnt sich nicht. Demo gegen Kürzungen in der Autoindustrie in Stuttgart: Konzerne verlagern Betriebe. Gewerkschafter können »Transformation« nicht mehr hören
      Mehr als 15.000 Beschäftigte der Autobranche sind am Freitag nachmittag in Stuttgart auf die Straße gegangen. Mitarbeiter der Konzerne Daimler und Audi sowie der Zulieferer Bosch, Mahle, Conti, ZF, Progress-Werk Oberkirch (PWO), Schaeffler und Modine folgten dem Aufruf der IG Metall zu einer Protestkundgebung auf den Stuttgarter Schlossplatz (siehe jW vom 23.11.). Es war die erste gemeinsame Reaktion der Metallerinnen und Metaller auf die seit Monaten immer schärferen Angriffe aus den Chefetagen. In 160 Unternehmen der baden-württembergischen Autoindustrie wurden in den letzten Monaten Kürzungsprogramme bis hin zu Personalabbau und Werksschließungen angekündigt. Am härtesten trifft es dabei die Beschäftigten der Zulieferindustrie. Selbst bestehende Tarifverträge werden zur Disposition gestellt. (…) Die Schlussfolgerung von IGM-Betriebsrat Schwarz: »Es geht nicht um Transformation, es geht um Profit«. Auch der Betriebsrat von Bosch, Frank Sell, erklärte, er könne das Wort »Transformation« nicht mehr hören. Denn auch bei Bosch werden mit dem Argument der E-Mobilität 2.600 Arbeitsplätze in der Region Stuttgart vernichtet. Ein Teil dieser Jobs wird ins Niedriglohnland Ungarn verlagert. Besonders hart trifft es die Beschäftigten bei PWO in Oberkirch. »Wir hatten nur ein Jahr die 35-Stunden-Woche«, so die Betriebsrätin Eva Meier. Ansonsten wurde über einen Ergänzungstarifvertrag bis zu 40 Stunden gearbeitet – aber es wurden nur 35 Stunden bezahlt. Hundert Millionen Euro habe PWO dadurch auf Kosten der Belegschaft gespart. Damit seien hohe Gewinne an die Aktionäre und Boni an die Geschäftsführer bezahlt worden. Das Beispiel zeigt, Verzicht lohnt sich nicht. Denn im September 2019 hat PWO den Austritt aus dem sogenannten Arbeitgeberverband bis Ende 2019 erklärt. Das wollen sich die Beschäftigten nicht bieten lassen. Meier sagte: »Wer Wind sät, wird Sturm ernten«. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad ist bei PWO in den letzten Wochen beachtlich gestiegen. (…) Die Bewegung »Fridays for Future« (FFF) hatte an die protestierenden Metaller eine Solidaritätserklärung geschickt, in der sie fordert, dass Arbeitsplätze nicht gegen den Klimaschutz ausgespielt werden dürften. Noch besser wäre es gewesen, wenn die IG Metall ihren Protest auf den nächsten Streiktag von FFF am 29. November gelegt und es eine gemeinsame Kundgebung von streikenden Schülern und Gewerkschaftern gegeben hätte.“ Artikel von Ursel Beck in der jungen Welt vom 25.11.2019 externer Link – siehe zur Demo auch:
    • [Flugblatt] Vorstände statt Beschäftigte entlassen – Großaktionäre statt Belegschaften enteignen
      Manager der Auto- und Zuliefererindustrie überbieten sich derzeit bei ihren Angriffen auf die Beschäftigten. Kein Tag vergeht ohne neue Hiobsbotschaft aus irgendeinem Betrieb. Egal, ob Bosch, Mahle, Daimler, Conti …, auf bereits verkündeten Arbeitsplatzabbau und Kürzungsprogramme wird drauf gepackt. Selbst mehrjährige Beschäftigungsgarantien, die mit Zugeständnissen der Belegschaften erkauft wurden, werden aufgekündigt. (…) Im zurückliegenden Boom gab es für die deutschen Autokonzerne einen Gewinnrekord nach dem anderen, Kapitalrenditen bis 16 % und explodierende Managergehälter. Wie immer, sind die Kapitalisten nicht bereit, die von ihrem Profitsystem verursachte Krise zu bezahlen. Großaktionäre wollen weiter hohe Dividenden. Manager wollen weiter in der Wellness-Oase der Einkommensmillionäre bleiben. Die Verluste und die Kosten für die geplanten Investitionen sollen durch Arbeitsplatzvernichtung, Lohnkürzungen und noch mehr Arbeitsdruck aus den Belegschaften herausgepresst und mit Steuergeldern bezuschusst werden. Ein beachtlicher Teil der Verluste, die jetzt reklamiert werden, wurden durch den Dieselbetrug verursacht. Doch das Verursacherprinzip soll hier nicht gelten. (…) Der Abbau von Arbeitsplätzen wird vor allem mit der Transformation des Autobaus auf batterieelektrischen Antrieb begründet. In Wirklichkeit wollen die Konzerne künftig mindestens genau so viele Verbrenner bauen wie bisher. (…) Die E-Auto-Debatte ist ein Ablenkungsmanöver. Es hat nichts mit Transformation zu tun, wenn Daimler die Endmontage der Dieselmotoren von Untertürkheim in Werke mit niedrigeren Löhnen nach Thüringen und Polen, oder Zuliefererbetriebe wie Mahle, Bosch, ZF und Continental Arbeitsplätze nach Ungarn, Tschechien, Rumänien oder China verlagern. Hier geht es um Lohndumping für Profite. (…) Die Stilllegung von Werken bei gleichzeitigem Neubau ist eine gigantische Verschwendung gesellschaftlicher Ressourcen und extrem umwelt- und klimaschädlich. Aus Sicht der Einzelkapitalisten erscheint der Aufbau neuer Kapazitäten sinnvoll, weil es woanders niedrigere Löhne gibt, unabhängige Gewerkschaften verboten sind, staatliche Subventionen locken, unternehmerfreundlichere Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze existieren, Zölle oder Währungsschwankungen verhindert und/oder Transportkosten gespart werden können. (…) Die Schornsteine der Kohlekraftwerke sind der Auspuff für E-Autos. Für die Produktion von E-Autos werden Unmengen an knappen Rohstoffen (Lithium, Kobalt, Kupfer) verbraucht. Deren Abbau hat in der sogenannten Dritten Welt desaströse ökologische und soziale Folgen. Alle anderen Schäden des Individualverkehrs gelten auch für das E-Auto (…) Wenn Daimler, VW, BMW, Bosch, Mahle, Conti … in Gemeineigentum überführt sind, können die Gewinne und die Investitionsmittel der Autoindustrie sowie alle staatlichen Mittel, die für E-Mobilität sinnlos verschwendet werden, in einen demokratischen Produktionsplan für Schienenfahrzeuge, Busse und andere ökologische Verkehrsmittel umgelenkt werden. Wenn weniger Menschen für die Produktion gebraucht werden, wird die Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich reduziert. Niemand verliert seinen Arbeitsplatz. Leiharbeiter*innen oder Werksvertragsarbeiter*innen werden nicht „abgemeldet“ sondern fest übernommen. IG Metall: Gegenwehr statt Co-Management
      Es ist gut, dass die IG Metall am 22.11.2019 zu einer Kundgebung in Stuttgart aufruft. Noch besser wäre ein gemeinsamer Streiktag und eine gemeinsame Kundgebung mit „Fridays for Future“ am 29.11. 2019 für die Rettung von Klima und Arbeitsplätzen. Die Krise der Autoindustrie wird von der IGM leider falsch beantwortet. Grundsätzlich hat die IGM nichts dagegen, wenn Arbeitsplätze über Altersteilzeit und freiwillige Auflösungsverträge abgebaut werden. Auch Kurzarbeit wird trotz der damit verbundenen Lohnverluste unterstützt. Die IGM setzt sich auch für E-Autos und deren staatliche Förderung (ohne Bedürftigkeitsprüfung!) ein. Im Aufruf für den 22.11.2019 wird an die Unternehmer appelliert „gemeinsam mit den Beschäftigten Zukunftsperspektiven zu entwickeln“. Das ist völlig illusorisch. Denn das Interesse der Kapitalisten nach mehr Profit lässt sich nicht mit dem Interesse der Beschäftigten nach sicheren Arbeitsplätzen und guten Löhnen vereinbaren. Es spaltet die Mitgliedschaft der IG Metall wenn sich Betriebsrät*innen und Gewerkschafter*innen am „Hauen und Stechen“ um die Produktion einzelner Komponenten für bestimmte Werke beteiligen oder Betriebsrät*innen der Autokonzerne eine höhere Fertigungstiefe auf Kosten der Zulieferer fordern
      …” Flugblatt vom 22. November 2019 der Sol Stuttgart zum Aktionstag der IG Metall externer Link
    • “Jobabbau? Zukunftsklau? Halbschlau!” 15.000 Beschäftigte demonstrieren in Stuttgart beim Aktionstag am 22.11.2019
      “Tröten und Trillerpfeifen, dazu dutzende Transparente und IG Metall-Fahnen: Rund 15.000 Beschäftigte aus Automobil- und Zulieferbetrieben in ganz Baden-Württemberg senden heute aus Stuttgart ein deutliches Signal an ihre Geschäftsleitungen: Finger weg von unseren Arbeitsplätzen! Gegen Sparprogramme auf Kosten der Belegschaften! Für sichere und gute Beschäftigung im Wandel!  “Jobabbau? Zukunftsklau? Halbschlau!” Unter diesem Motto hat die IG Metall Baden-Württemberg ab 15 Uhr zum Aktionstag gegen die angekündigten Stellenstreichungen und Sparprogramme in der Automobil- und Zulieferindustrie aufgerufen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reisten in über 150 Bussen aus allen Teilen Baden-Württembergs und teilweise auch darüber hinaus an; mehrere Tausend kamen mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus der Region Stuttgart und verwandelten den Schlossplatz in ein rotes Fahnenmeer. Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter IG Metall Baden-Württemberg: “15.000 Menschen vermitteln heute eine eindeutige Botschaft: Wir lassen uns nicht unsere Arbeitsplätze wegnehmen und unsere Zukunft vorenthalten, nur weil etliche Unternehmer ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und teilweise noch mehr Rendite wollen. Wir fordern sichere Beschäftigung im Wandel und wollen unsere Zukunft mitbestimmen. Alle Arbeitgeber müssen wissen: Zukunftsgestaltung geht nur gemeinsam! Lassen Sie uns gemeinsam mit den Beschäftigten Perspektiven für alle unsere Standorte und für eine Transformation mit allen Beschäftigten entwickeln. Darum stehen wir hier, dafür kämpfen wir und wir werden so lange nicht nachgeben, bis es gute Lösungen für alle gibt. …“ Meldung vom 22.11.2019 von und bei IG Metall Baden-Württemberg externer Link
  • Aktionstag der IG Metall Baden-Württemberg am 22. November in Stuttgart verärgert die Arbeitgeber: “Die Gewerkschaft setze die Sozialpartnerschaft aufs Spiel”, warnt Südwestmetall 
    IG Metall: #fairwandel“Entrüstet reagieren die Metallarbeitgeber auf die Ankündigung der IG Metall, am 22. November einen landesweiten Aktionstag in Stuttgart zu organisieren. „Das war kein guter Auftakt für die Tarifrunde 2020“, bewertete Südwestmetall-Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick gegenüber unserer Zeitung die Pläne der Gewerkschaft, gegen die vielen Sparpakete in der Automobil- und Zulieferindustrie öffentlich zu mobilisieren. (…) IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger hatte in einer Pressekonferenz mit Betriebsratschefs fünf bedeutender Unternehmen gefordert, dass alle Betriebe mit den Arbeitnehmervertretern eine Transformationsvereinbarung abschließen sollen, „in der klar wird, dass die Standorte und die Beschäftigung gesichert werden“. Wer mitmache, habe die IG Metall als Partner. „Alle anderen haben Ärger“, so Zitzelsberger. (…) Laut Zitzelsberger wird derzeit in 160 Metallbetrieben im Land über Sparprogramme bis hin zum Personalabbau verhandelt. „Wirklich massiv verärgert“, so Dick, seien die Arbeitgeber wegen der Behauptung, dass Beschäftigte fahrlässig entlassen würden. (…) Die Ursachen lägen auch in früheren Tarifrunden, „die mit hohen Abschlüssen sehr schwierige Rahmenbedingungen für die Betriebe geschaffen haben“. Nun stehe die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen am Industriestandort auf dem Spiel.“ Beitrag von Matthias Schiermeyer vom 16.11.2019 in der Stuttgarter Zeitung online externer Link
  • Es rumort bei Bosch, Conti, Mahle, ZF / IG Metall plant Protestaktion am 22.11.2019 gegen Jobabbau 
    “In den Belegschaften der Autozulieferer rumort es. Die Konzernvorstände streuen Hoffnungen in neue Geschäftsfelder der E-Mobilität und Digitalisierung, um ihre Abwälzung der Krisenlasten auf Belegschaften und Natur zu rechtfertigen. (…) Zuletzt fanden deshalb mehrere außerordentliche Betriebsversammlungen statt. Frank Sell, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch Feuerbach: „Da ist richtig Dampf im Kessel.“ Helmut Meyer, Betriebsratsvorsitzender im Entwicklungszentrum Bosch Albstatt, berichtet von einer neuen Welle der Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen, verbunden mit Produktionsverlagerungen. Insbesondere Forschungs- und Entwicklungsaufgaben sollen beispielsweise nach Rumänien, Ungarn oder auch nach Indien und China abwandern. (…) Die IG Metall Baden-Württemberg ruft nun zur landesweiten Protestkundgebung in Stuttgart am 22. November auf. Erwartet werden mehrere Tausend Beschäftigte von Auto-, Zuliefer- und Maschinenbau-Firmen. Die IG Metall will die massiven „Sparpläne und angekündigten Stellenstreichungen“ nicht kampflos hinnehmen – wobei die Konzerne vor allem bei Lohnkosten und sozialen Zugeständnissen “sparen” wollen, um ihre Maximalprofite zu erhöhen. Die gemeinsame Protestaktion entspricht dem Wunsch der Belegschaften, die Kräfte über Konzern- und Ländergrenzen hinweg zu bündeln. Allerdings ist es völlig illusionär, wenn die baden-württembergische IG-Metall-Führung an die “soziale Verantwortung” der Konzerne appelliert. Was davon zu halten ist, unterstreichen die aktuellen Forderungen der Unternehmerverbände nach noch rigoroserer Abwälzung der Krisenlasten vor dem Hintergrund des Übergangs zu einer neuen Weltwirtschaftskrise. (…) Auch die ultrareaktionäre, faschistoide AfD positioniert sich immer offener als Partei der Autokonzerne – von wegen “Protestpartei”! Sie ist gegen Dieselfahrverbote und will unbegrenzt am Verbrennungsmotor festhalten, statt gegen den kriminellen Dieselbetrug der Konzerne, für vollständige Entschädigung der Diesel-Besitzer und den Ausbau des kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs einzutreten…“ Beitrag vom 05.11.2019 bei Rote Fahne News externer Link, siehe dazu den Aufruf “Jobabbau? Zukunftsklau? Halbschlau! FAIRWANDEL geht anders!” bei der IG Metall Baden-Württemberg externer Link für den Aktionstag in Stuttgart am 22. November 2019 am Schlossplatz ab15 Uhr

Siehe dazu auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156397

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