Samstag, 14. Dezember 2019

Immer mehr rechte Übergriffe auf Journalisten

Dossier

Neue „Feinde der Pressefreiheit““… Angriffe von rechts auf Medienvertreter nehmen in Deutschland zu. Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm erklärte nach Übergriffen auf Medienvertreter in Chemnitz und Köthen Mitte September, es gebe ein »erschreckendes Ausmaß an Hass« gegenüber Journalisten, Fotografen und Kameraleuten. »Reporter ohne Grenzen« rechnet damit, dass die Zahl gewalttätiger Angriffe 2018 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gestiegen ist. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit gab es bis Mitte September in diesem Jahr bereits 22 tätliche Übergriffe auf Journalisten. Tobias Wolf, Reporter der »Sächsischen Zeitung«, berichtet über die fremdenfeindliche »Pegida«-Bewegung seit ihren Anfängen 2015. Im August war er auch in Chemnitz vor Ort. Wolf wird dort mit Flaschen beworfen, das kennt er. »Da stellt sich eine gewisse Gewöhnung ein«, sagt der 40-Jährige. Doch er erlebt in Chemnitz auch, wie ein Kollege von einem unscheinbar wirkenden Rentner angegriffen wird. »Das ist eine neue Qualität«, sagt Wolf. Er, der sich schon länger in seinem Alltag auf der Straße umschaut, um zu sehen, wer hinter ihm läuft, sagt inzwischen: »Heute müssen Sie als Journalist in Dresden, der über ‘Pegida’ berichtet, damit rechnen, von einer lieben Oma in der Straßenbahn angegriffen zu werden.« Die Folgen seiner Arbeit beeinflussen das Sicherheitsgefühl des gebürtigen Dresdners im privaten Alltag…“ Artikel von Ellen Nebel vom 01.10.2018 in neues Deutschland online externer Link, siehe dazu:
  • So bedrohen Neonazis kritische Journalisten New
    “Auf Demonstrationen hetzen Rechtsextreme gegen die Medien. Journalisten, die über die Szene berichten, stehen unter enormem Druck. Hier erzählen drei von ihnen aus ihrem schwierigen Arbeitsalltag. Es war ein Fanal gegen unliebsame Berichterstattung: Auf einer Demonstration in Hannover marschierten Rechtsextremisten durch die Stadt, um gegen die Arbeit dreier namentlich genannter Journalisten zu protestieren. Doch dahinter steckte mehr: Die Kundgebung war eine gezielte Einschüchterung von Medienvertreterinnen und Medienvertretern, die über das Treiben der rechten Szene berichten. Und es blieb nicht die einzige ihrer Art. Im Alltag ist der Druck auf Journalisten noch höher. Sie erhalten Todesdrohungen, auf ihre Wohnungen werden Angriffe verübt – so berichtete es unser Autor David Janzen in einer Reportage. Und er ist nicht allein. Drei Autoren, die im Bereich Rechtsextremismus recherchieren, haben für den Störungsmelder aufgeschrieben, wie es ist, im Fadenkreuz der Szene zu stehen. (…) Seit wir 2017 beim Bayerischen Rundfunk mit den Kollegen der Nürnberger Nachrichten ein Rechercheteam zum NSU-Komplex und den Verbindungen in die bayerische Szene gegründet haben, häufen sich Schmierereien und Graffitis in der Nähe meiner Wohnung. Mir wird dort mit einem „Hausbesuch“ gedroht. Die Rechtsextremen wollen damit offensichtlich vermitteln, dass sie wissen, wo ich wohne, mir das Gefühl geben, jederzeit könnte etwas passieren. (…) Während meiner Berichterstattung über den NSU-Prozess in München externer Link machte mir das vor Jahren ein Mann deutlich, der einst Kontaktperson der NSU-Gruppe war und heute für die AfD im Chemnitzer Stadtrat sitzt. 2015 begleitete er einen Zeugen aus der Chemnitzer Neonaziszene zum Verfahren und setzte sich in den Zuschauerraum. Als er ging, beugte er sich zu mir und raunte mir mit dem Zusatz „Alles klar?“ meine Adresse zu. Nicht nur ich, sondern alle umsitzenden Journalisten verstanden den Hinweis gleich: Wir wissen, wo du wohnst, pass auf, was du schreibst! Ich habe den Sachverhalt damals angezeigt, damit er schriftlich festgehalten ist, für den Fall, dass wirklich etwas passiert. (…) Ein Schlag mit einer Flasche auf den Kopf im sächsischen Ostritz – Verfahren eingestellt, Täter nicht ermittelbar. Ein Flaschenwurf gegen meinen Kopf in Chemnitz – wegen unübersichtlicher Lage gar nicht erst angezeigt. Schlag gegen Kamera und Unterarm in Wurzen – Ermittlungen laufen. Immer wieder gehen Neonazis so rabiat gegen mich vor…“ Artikel von Jonas Miller, Jens Eumann und Henrik Merker vom 11.12.2019 im Störungsmelder-Blog bei der Zeit online externer Link
  • Aufruf zu antidemokratischem Handeln: Jimdo löscht AfD-Meldeportal gegen Journalisten 
    Der Hamburger Webseiten-Baukasten Jimdo hat eine von Bundestagsabgeordneten der AfD eingerichtete Website gelöscht. Darauf war zur Meldung von „lügenden“ und „manipulierenden“ Journalisten aufgerufen worden. „Dokumentieren Sie mit uns die schlimmsten Lügen und Manipulationen der Haltungsredaktionen und schicken Sie sie – garantiert anonym und komplett vertraulich – an diese E-Mail-Adresse.“ Unter anderem diese Aufforderung findet sich auf dem Meldeportal der AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, Uwe Schulz, Nicole Höchst und Udo Hemmelgarn. (…) Offenbar sieht Henze in der Aufforderung zur gezielten und anonymen Meldung von Journalisten einen Verstoß gegen die Richtlinien des Unternehmens. So wolle er sich an einem Angriff auf die Pressefreiheit nicht beteiligen. Laut dpa teilte der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron mit, dass von ihm und drei weiteren AfD-Abgeordneten initiierte Meldeportal sei für Journalisten, die „Fakenews, Manipulation und einseitige Berichterstattung satthaben“. Die Kritik Henzes weist Bystron zurück. Vor allem den Vorwurf „antidemokratischen Handelns“ sehe er nicht, das Gegenteil sei der Fall. Das „Aussteigerprogramm für Mainstream-Journalisten“ sei überdies inzwischen auf einen anderen Server ausgewichen. Der Deutsche Journalisten-Verband DJV wertet das Meldeportal als Provokation externer Link gegen den kritischen Journalismus…” Meldung vom 02.12.2019 bei t3n externer Link
  • Angriffe auf die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV. Hassnachrichten, Beleidigungen und Drohungen: Wie wir angegriffen werden und wie wir uns gemeinsam dagegen wehren können 
    „Prostituierte der Lügenmedien“. „Lügenmediennutte“. „Berufslügnerin“. Solche Beschimpfungen müssen wir uns im Faktencheck-Team fast täglich anhören, weil wir Falschmeldungen öffentlich Fakten gegenüberstellen. Besonders unsere Redakteurinnen werden nicht nur in privaten Nachrichten, sondern auch öffentlich beschimpft. Reichweitenstarke Blogs veröffentlichen ihre Namen, teilweise mit Foto, und präsentieren sie der Leserschaft als Feindbild. Aus Beleidigung werden schnell Drohungen. (…) Viele Redaktionen erhalten Hassnachrichten und Drohungen, auch die Faktenchecker von CORRECTIV. Das liegt an unserer Arbeit: Wir durchsuchen das Netz systematisch nach Falschmeldungen, die wir dann in Faktencheck-Artikeln richtig stellen. Die Themen sind oft kontrovers. Die Hassnachrichten folgen in Wellen. An manchen Tagen bleibt es still, an anderen ist das Postfach voll. (…) Aber jeder Hasskommentar, jeder verachtende Artikel über uns, ist auch ein Zeichen, dass wir etwas erreichen. Wir ertragen diese Beleidigungen und Bedrohungen, weil wir daran glauben, dass gesellschaftlicher Dialog nur auf Basis von Fakten und Aufklärung funktionieren kann. Hetze gegen Geflüchtete und Ausländer, das Leugnen des Klimawandels, das sind nur zwei der Themen, über die Webseiten und Blogs gezielt Desinformation verbreiten. Die Faktencheck-Redaktion von CORRECTIV recherchiert, was stimmt und was nicht. Und wir sind damit sehr erfolgreich. Für die Seiten, die Falschmeldungen und Desinformation verbreiten, ist unsere Arbeit unterdessen zu einer enormen Bedrohung geworden. Wenn wir Beiträge einer Webseite mehrfach als falsch einstufen, sinkt die Reichweite der Seiten bei Facebook. Weil Facebook einer der wichtigsten Verbreitungskanäle für Populisten, Verschwörungstheoretiker, Impfleugner, Reichsbürger und Desinformanten ist, verlieren sie deutlich an Lesern…“ Beitrag vom 27.11.2019 bei Correktiv.org externer Link
  • [Hannover am 23.11.19]: Polizeidirektion Hannover verbietet NPD-Demo – NPD stellt Eilantrag gegen Demo-Verbot – Gegendemo “Journalist*innen gegen Nazis verteidigen” findet statt – Berichte 
    Die rechtsextreme NPD wehrt sich mit rechtlichen Schritten gegen das von der Polizeibehörde verhängte Demonstrationsverbot. Die NPD hat einen Eilantrag sowie eine Klage beim Verwaltungsgericht Hannover eingereicht. Das berichtet NDR 1 Niedersachsen. Über den Eilantrag will die zuständige 10. Kammer des Gerichts gegen Mittag entscheiden, teilte das Verwaltungsgericht Hannover am Vormittag mit. Bei der Landespressekonferenz sagte Polizeipräsident Volker Kluwe, dass das Gericht die Polizeidirektion aufgefordert habe, bis zum Mittag zum Eilantrag der NPD Stellung zu nehmen. Kluwe machte noch einmal deutlich, dass seine Behörde das Verbot auch mit der Gefährdung der Pressefreiheit begründe. Unter anderem werde von Rechtsextremen der Versuch unternommen, durch psychische Gewalt Journalisten einzuschüchtern. (…) Gestern hatte die Polizeidirektion Hannover eine für Sonnabend angemeldete Kundgebung der NPD verboten. Britta Schwarz, Sprecherin der Behörde, sagte dem NDR am Donnerstagabend, Gefahren für Dritte und auch für die Pressefreiheit seien nicht auszuschließen gewesen. Zuvor hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass “Erkenntnisse über Aktivitäten in sozialen Medien ein aggressives Bild der geplanten Versammlung zeichneten”. (…) Ebenfalls am Donnerstag hatte das Aktionsbündnis “bunt statt braun”, dem unter anderem die Gewerkschaft ver.di angehört, zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Erwartet werden rund 2.000 Teilnehmer, sagte ein ver.di-Sprecher dem NDR in Niedersachsen. Die Kundgebung werde auf jeden Fall stattfinden…” Meldung vom 22.11.2019 beim NDR externer Link, siehe dazu:
    • 7500 für die Pressefreiheit: Breites Bündnis protestierte in Hannover gegen einen Aufmarsch der NPD 
      “… Insgesamt nahmen laut Polizeiangaben 120 Menschen an der Demonstration der NPD in Hannover teil. Nach nd-Schätzungen waren es höchstens 100. Die Demonstration richtete sich gegen »die GEZ und Feldmann«, ein freier Journalist des NDR. Mindestens 7500 Menschen beteiligten sich am Samstag an den Gegenprotesten. Sie hatten eigene Kundgebungen und Demonstrationszüge angemeldet, andere stellten sich den Neonazis am Rande von deren Auftaktkundgebung und Laufstrecke entgegen. (…) Mit einem Aufruf »Schützt die Pressefreiheit« hatten sich in der vergangenen Woche mehr als 500 Journalisten und andere Einzelpersonen, Verbände und Redaktionen hinter ihre Kollegen gestellt. An einer Demonstration unter dem Motto »Bunt statt Braun« beteiligten sich unter anderem Gewerkschaften wie ver.di und die GEW. Auch Fahnen der Grünen und der Jusos waren zu sehen. Unter den rund 7000 Teilnehmern waren auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weill, Innenminister Boris Pistorius und der neu ins Amt gewählte Oberbürgermeister von Hannover Belit Onay. (…) Parallel zur Abschlusskundgebung startete die NPD ihre Demonstration. Kurz darauf wurde sie von Gegendemonstranten am Weiterlaufen gehindert. Die Blockade wurde jedoch bald von der Polizei aufgelöst. Am Sitz des NDR hielt die NPD eine Zwischenkundgebung ab. Redner war unter anderem der »Volkslehrer« Nikolai Nerling aus Berlin, der eine »gesunde Gemeinschaft« anmahnte und die »Abgrenzeritis«, auch zwischen AfD und NPD, kritisierte. Einem Redner hatte das Oberverwaltungsgericht untersagt zu sprechen. Vermutlich handelt es sich dabei um NPD-Bundesvize Thorsten Heise, der dem Journalisten Julian Feldmann bei einer vorigen Gelegenheit mit den Worten drohte: »Der Revolver ist geladen«.” Bericht von Johanna Treblin vom 23.11.2019 beim ND online externer Link, siehe dazu:
      • 23.11.2019 – Hannover – Demonstration gegen einen Aufmarsch der NPD in Hannover „Bunt statt Braun!“ – NPD-Aufmarsch „Schluss mit steuerfinanzierter Hetze!“
        Am 23.11.2019 sind in Hannover über 8.000 Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen gegen Neonazis, Rechtspopulismus und zunehmenden Rechtsruck in der Gesellschaft zu setzen…” Bildergalerie von PM Cheung bei Flickr externer Link
      • Hannover: Shitstorm für Tweets bei NPD-Demo – jetzt reagiert die Polizei!
        Tweets der Polizei Hannover während der NPD-Demo sorgen derzeit für Wirbel im Netz. Es geht dabei um die polizeiliche Reaktion auf die Vermummung einiger Neonazis während der Demo am Samstag. In einem vieldiskutierten Tweet aus Hannover heißt es, die Polizeibeamten hätten mit den vermummten Personen gesprochen. „Demnach diente die Vermummung nicht zur Verhinderung der Identitätsfeststellung“, so die Polizei bei Twitter. Somit sei den Kollegen nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz keine rechtliche Handhabe gegeben, darüber hinaus seien keine Störungen erkennbar gewesen. Auf Nachfrage, was die Neonazis der NPD den Beamten erzählt hätten, wozu die Vermummung denn genau diene, antwortete die Polizei Hannover bei Twitter: „Die Teilnehmer gaben an, dass sie nicht auf Bildern der Medienvertretern erkennbar sein wollten.“ (…) Ihren Tweet rechtfertigte die Polizei Hannover am Sonntag gegenüber news38.de: „Sie (die Demonstranten) erwiderten, dass diese ausschließlich dem Schutz der Identität vor ungewollter Veröffentlichung von Portraitaufnahmen durch die die Versammlung begleitenden Pressevertreter dient.“ Die Gesamteinsatzleitung der Polizei habe daraufhin entschieden, die Befreiung der Versammlungsteilnehmenden vom Vermummungsverbot nicht aufzuheben…” Beitrag vom 24.11.2019 bei news38.de externer Link
      • Und die Berichte auf Twitter unter #h2311
    • Demo am 23.11.19 in Hannover: Journalist*innen gegen Nazis verteidigen 
      “… die NPD will am kommenden Sonnabend, 23. November, in Hannover gegen Pressefreiheit und Rundfunkbeiträge demonstrieren. Ihr Ziel: drei NDR-Kollegen und weitere Journalist*innen, die kritisch über sie berichtet haben. Die Demo soll sich auch gegen den NDR richten, der die Beiträge seiner Mitarbeiter veröffentlichte. Am Donnerstagabend hat die Polizeidirektion die Nazi-Demo verboten, weil ein Flugblatt  mit dem Titel “Rache für Karl” bekanntgeworden war. Mit Karl ist der im Herbst gestorbene Karl M. (96) gemeint, der von einem NDR-Journalisten zu seinen Kriegsverbrechen befragt worden war. Weil dieser und andere kritische Berichte den Rechten nicht gefielen, rufen sie zur Demo gegen zehn namentlich genannte Journalist*innen auf. Gleichzeitig richtet sich ihr Aufruf auch gegen den NDR und Rundfunkgebühren. Es wird erwartet, dass die NPD vor dem Verwaltungsgericht Hannover Widerspruch gegen die Verbotsverfügung einlegen wird. Wie auch immer das gerichtlich ausgehen mag, ver.di hält an der angekündigten Gegendemo fest. Denn: Die persönlichen Bedrohungen gegen demokratische Journalist*innen und ihre Familien haben mit der Namensnennung eine neue Dimension erreicht. Es soll ein Klima der Angst und der Einschüchterung geschaffen werden, das sich gegen die Pressefreiheit und weitere Grundrechte richtet. Immer häufiger nutzen Neonazis auch juristische Mittel, um die Berichterstattung über sie zu verhindern. Selbst wenn ihre Klagen am Ende vor Gericht scheitern, gelingt es ihnen so, die Presse zu behindern. Diesen Neonazis und ihren Einschüchterungsversuchen stellen wir uns entgegen!…” Aufruf der dju Niedersachsen-Bremen externer Link – Die zentrale Demonstration des Bündnisses “bunt statt braun” beginnt um 13.30 Uhr am Stephansplatz und endet um 15 Uhr am Aegidientorplatz, wo der neugewählte Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay (Grüne), sprechen wird.
    • Neo-Nazis rufen zur Demo gegen Journalisten auf
      Text und Video des Beitrags von Lea Struckmeier in der NDR-Sendung ZAPP vom 20.11.2019 externer Link 
    • Gegen welche Journalisten Nazi-Banden mobilisieren ist auch klar. Und zu „gegen welche nicht“ gibt es keine Meldungen… Aufruf des Netzwerks Recherche zur Gegenaktion 
      „… Rechtsextremist*innen, die gezielt gegen öffentlich-rechtliche Medien und einen Journalisten hetzen und sogar eine Demo dazu anmelden, das empfinden in Niedersachsen viele Menschen als krasse Grenzüberschreitung. Am kommenden Samstag planen mehrere Gewerkschaften und antifaschistische Initiativen gegen den angekündigten Marsch der NPD in Hannover verschiedene Aktionen. Es werden über 1.000 Gegendemonstranten erwartet. Seit Wochen hetzt die rechtsextreme Partei im Netz gegen den freien Mitarbeiter des NDR, Julian Feldmann. Der Aufruf zur Kundgebung richtet sich explizit gegen ihn: „Feldmann in die Schranken weisen!“. Diese Bedrohung hat schon eine „neue Qualität“, sagt Feldmann, der auch für das NDR-Magazin „Panorama“ arbeitet. Ein dort ausgestrahlter Bericht über den NS-Kriegsverbrecher Karl Münter aus dem niedersächsischen Nordstemmen hatte in der rechten Szene für Aufregung gesorgt. Feldmann hatte das Interview gemeinsam mit zwei Kollegen im November 2018 geführt. Der damals 96-Jährige Münter hatte darin den Holocaust relativiert und die Opfer eines SS-Massakers verhöhnt..“ – aus dem Beitrag „Der Revolver ist geladen“ von Andreas Speit am 19. November 2019 in der taz online externer Link zur aktuellen Mobilisierung gegen Nazi-Terror am Wochenende. Siehe dazu auch den Aufruf des Netzwerks Recherche zur Gegenaktion:
    • „Aufruf: Schützt die Pressefreiheit!“ vom und beim Netzwerk Recherche am 15. November 2019 externer Link unterstreicht: „… Rechtsextreme hassen Menschen, die über ihre Veranstaltungen, Vereine, Parteien und Straftaten berichten. Die Kollegen Julian Feldmann, David Janzen und André Aden arbeiten seit über zehn Jahren als freie Journalisten und sind, wie so viele, ins Fadenkreuz der braunen Szene geraten. Der Hass auf die Kollegen geht so weit, dass sie regelmäßig Morddrohungen erhalten. Ein hochrangiger Neonazi-Kader sprach auf mehreren Veranstaltungen über Julian Feldmann und erwähnte dabei einen Revolver, der schon bereit liege. David Janzen wurde von einem bekannten Braunschweiger Neonazi mit den Worten “Heute Walter [Lübcke, Anm. d. V.], morgen Janzen” bedroht. Diesen Drohungen folgen Taten, auf Janzens Privatwohnung gab es dieses Jahr bereits mehrere Anschläge. Von zahlreichen Rechtsextremismus-Expert*innen sammeln Neonazis derzeit Bilder, öffentliche sowie private Daten. In Telegram-Gruppen der Szene wurde ein entsprechender Aufruf verbreitet. Offenbar wird ein breit angelegtes Doxxing vorbereitet, zum Schaden der Kolleg*innen. Angriffe auf Journalist*innen und Eingriffe in deren Privatleben sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Bei Szene-Veranstaltungen werden Journalist*innen regelmäßig Opfer rechter Gewalt. Die NPD-Demonstration in Hannover ist der nächste Schritt, um Kollegen das Leben zur Hölle zu machen. Auch neurechte Kleinstgruppen organisieren Angriffe auf die freie Berichterstattung. In zahlreichen Texten werden Journalist*innen verächtlich gemacht und denunziert. Kritische Journalist*innen werden mit kostenintensiven Unterlassungserklärungen, Klagen und Anzeigen überzogen. Fotos von Kolleg*innen werden über Szene-Medien gezielt verbreitet und zur Markierung potentieller Angriffsziele benutzt…“ – mitzeichnen unter info@netzwerkrecherche.de (LabourNet Germany hat bereits!)
    • Schützt die Pressefreiheit!Gegen die freien Journalisten Julian Feldmann, David Janzen und André Aden wollen Hunderte Neonazis am 23.11.2019 in Hannover demonstrieren. Als Journalist*innen und Medienschaffende verurteilen wir die Drohungen und Anschläge auf unsere Kollegen. Wir rufen mit dazu auf, sich an den Protesten gegen die Demonstration zu beteiligen und fordern Maßnahmen zum Schutz der Pressefreiheit. 450 Einzelpersonen, 20 Verbände und 17 Redaktionen haben den Aufruf bereits unterzeichnet…” dju-Meldung vom 15. November 2019 externer Link
    • Aufruf des Bündnisses “bunt statt braun” Hannover zur externer Link Gegendemo am 23.11.2019 um 13:30 auf dem Geibelplatz in Hannover
  • Strategie der Einschüchterung: Wenn Journalisten bedroht werden 
    “… „Wir töten dich“ stand im Juni an der Haustür des Journalisten David Janzen, der seit Jahren über die rechte Szene recherchiert und zugleich Sprecher des Braunschweiger „Bündnisses gegen Rechts“ ist. Ein Aufkleber führte die Polizei zu einer Gruppe von Neonazis. „Monitor“-Chef Georg Restle erhielt im Juli nach einem AfD-kritischen Kommentar in den „Tagesthemen“ eine verschlüsselte Mail mit einem Aufruf zum Mord an ihm. Zwei Morddrohungen innerhalb kürzester Zeit: Werden Journalisten zunehmend zur Zielscheibe von extremistischen Gewalttätern? Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), sagt: „Aus unserer täglichen Beratungsarbeit wissen wir: Bedrohungen sind keine Einzelfälle. Es sind viele.“ Im Netz schlagen die Wellen bei Themen wie Migration und Integration hoch, Beleidigungen und Verleumdungen gehören seit Jahren zum Alltag. (…) Auch „Reporter ohne Grenzen“ registrierte für 2018 eine Zunahme an gewalttätigen Angriffen auf Journalisten in Deutschland: Insgesamt seien es 22 im Vergleich zu 16 im Vorjahr gewesen. (…) Eine Umfrage bei ARD, ZDF, der RTL Group, ProSiebenSat1 sowie den Verlagen Axel Springer und „Spiegel“ ergab, dass die Medienhäuser regelmäßig Strafanzeigen stellen – vor allem wegen Beleidigung. (…) Konkrete Angaben machten lediglich RBB, MDR und HR. Der RBB stellte seit 2014 elf Strafanzeigen wegen einer Bedrohung oder wegen einer Körperverletzung, der MDR zehn Anzeigen in diesem Jahr, vier davon wegen Bedrohung, beim HR waren es im Schnitt fünf Anzeigen, nicht nur wegen Bedrohung. Aber: „Bislang kam es zu keinem Prozess“, teilte der HR mit. Und auch bei RBB und WDR liegen keine Erkenntnisse über rechtskräftige Urteile vor. In drei der vier vom MDR angezeigten Bedrohungsfälle laufen die Ermittlungen noch, ein Verfahren sei eingestellt worden, erklärte der Sender. Immerhin macht das Projekt „Verfolgen statt nur löschen“ – 2017 auf Initiative der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen – mittlerweile in mehreren Bundesländern Schule, etwa in Berlin, Bremen und im Saarland. Dabei kooperieren Medienhäuser mit den Ermittlern der „Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen“ und melden Hasskommentare und seit kurzem auch Bedrohungen gegen Einzelne. (…) Gleichzeitig hat die Gewaltbereitschaft zugenommen. Davon berichten nicht nur die Journalisten-Gewerkschaften. „Es gibt in den letzten drei Jahren einen klaren Trend: Bei rechtsgerichteten Demos kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, bei denen Reporter und Kameraleute körperlich attackiert werden. Dabei muss man zunehmend auch mit Personenschäden rechnen“, sagt Gunnar Rechenburg, Leiter des „Sicherheitsmanagements Reise“ bei der Deutschen Welle (DW), das die Reisen der Reporter vorbereitet und absichert…“ Artikel von Thomas Gehringer vom 02.10.2019 beim MIGAZIN externer Link
  • Sechs Vereinigungen von Medienschaffenden im offenen Brief an Bundesinnenminister Seehofer: Sorgen Sie für unsere Sicherheit! 
    Meldungen darüber, dass Journalist*innen von Rechtsextremisten bedroht werden, häufen sich. Sechs Vereinigungen von Medienschaffenden wenden sich in einem offenen Brief an den Bundesinnenminister und fordern ihn auf, Vorkehrungen für ihre Sicherheit zu treffen. Eine Entwarnung wegen einzelner ‚Todeslisten‘ reiche nicht.  Die Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Doch immer mehr Kolleg*innen fühlen sich bedroht. Sie erleben in ihrem Arbeitsalltag Hass, Anfeindungen und Drohungen. Seit neuestem ist bekannt, dass rechtsextreme  Akteur*innen sogenannte ‚Todeslisten‘ führen. In Anbetracht der erwiesenen Tatsache, dass Medien ein besonderes Feindbild und Hassobjekt vieler Rechtsextremer sind, ist es unabdingbar, dass die Sicherheit von Medienschaffenden gewährleistet wird, damit wir unseren Beruf ungehindert ausüben können. Den Sicherheitsbehörden liegen Listen mit Angriffszielen vor. Die betroffenen Kolleg*innen sind jedoch nur in Einzelfällen informiert worden. (…) Unter Berufung auf den Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention – die Verpflichtung des Staates, Leben zu schützen – fordern wir das Innenministerium auf, für die Sicherheit von Journalist*innen in diesem Lande zu sorgen. Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beinhaltet es die Bringschuld der Behörden, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um eine identifizierte Person zu schützen, deren Leben durch kriminelle Akte einer anderen Person gefährdet ist. Dazu zählt zum Beispiel eine unkomplizierte Auskunftssperre für Privatadressen im Melderegister. In einigen Bundesländern müssen Medienschaffende erst eine akute Gefahr für Leib und Leben nachweisen, damit eine Auskunftssperre erfolgt – doch dann könnte es bereits zu spät sein, um sich zu schützen…” Offener Brief an Bundesinnenminister Seehofer vom 28. August 2019 bei der dju externer Link  und bei den Neuen deutschen Medienmacher*innen externer Link und dazu:
    • Journalistin über rechtsextreme Listen: „Konsequent durchgreifen“
      Rechtsextreme sammeln Informationen über ihre Gegner. Sheila Mysorekar erklärt, warum Organisationen von Innenminister Seehofer Aufklärung verlangen…” Interview von Daniel Kretschmar vom 28.8.2019 bei der taz online externer Link
    • Journalisten schreiben Offenen Brief an Seehofer „Presse ist Hass-Objekt von Rechtsextremen“
      Journalisten stehen häufig auf Feindeslisten von Neonazis. Medien-Organisationen verlangen von Innenminister Seehofer, mehr die Sicherheit der Presse zu tun.  Nach immer neuen Berichten über Bedrohungen von Journalisten durch Rechtsextreme haben Medien-Organisationen von Bundesinnenminister Horst Seehofer Konsequenzen verlangt. Sie fordern zum einen, Betroffene über mögliche Gefahren durch “Todeslisten” oder “Feindeslisten” zu unterrichten – und zum anderen, unkomplizierte Auskunftssperren im Melderegister zu ermöglichen. Die Organisationen, unter ihnen der Deutsche Journalistenverband, die zu Verdi gehörende Deutsche Journalisten-Union und die Neuen deutschen Medienmacher, richten einen umfangreichen Fragenkatalog an die CSU-Politiker: Könne er versichern, dass jede Person, deren Name auf solchen Listen stehe, auf Anfrage Auskunft darüber und Empfehlungen für ihre Sicherheit erhalte, wird in dem Offenen Brief gefragt. “Werden Einzelpersonen proaktiv informiert, falls konkrete Lebensgefahr besteht?” Auch nach der Gefährdung von Journalisten-Organisationen erkundigen sich die Unterzeichner des Schreibens, zu denen auch Krautreporter, das Netzwerk Recherche und das Kollektiv “Peng!” gehören…” Artikel von Matthias Meisner vom 28.8.2019 beim Tagesspiegel online externer Link
    • Siehe dazu auch unser Dossier: Feindeslisten der Rechtsextremen: »Bagatellisierung von Seiten der Behörden«
  • Mehr Drohungen von rechts gegen Journalisten / Morddrohung gegen Georg Restle 
    Gewalt, Mobbing, Todesdrohungen: Journalisten, die über Rechtsextremisten berichten, müssen einiges aushalten. Einem Journalistenverband zufolge gibt es immer mehr Angriffe. Sinkt nach dem Mord an Regierungspräsident Lübcke die Hemmschwelle weiter? Erst am Freitag wurde bekannt, dass der Westdeutsche Rundfunk eine Strafanzeige gestellt hat – wegen einer Morddrohung gegen Georg Restle, dem Leiter der WDR-Redaktion “Monitor”. Restle hatte am 11. Juli in einem Kommentar für die “Tagesthemen” die AfD kritisiert und sie als “parlamentarischen Arm” der Identitären Bewegung bezeichnet. “Das Schreiben ist dem Anschein nach dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen”, erklärte eine WDR-Sprecherin. Ob der WDR Anzeige gegen Unbekannt oder eine Person gestellt hat und was genau der Inhalt des Drohschreibens war, darüber wurde zunächst nichts bekannt. Die Morddrohung gegen Restle ist kein Einzelfall. Die meisten der Übergriffe auf Medienschaffende sind dem rechten Spektrum zuzuordnen. Laut dem Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit hatten im letzten Jahr von insgesamt 26 Übergriffen 22 einen rechtsextremen Hintergrund. Laut Cornelia Berger, Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, gibt immer mehr Angriffe. In vielen Fällen werde zu deutlich härteren Mitteln gegriffen als noch vor ein paar Jahren…” Artikel von Jonas Schneider vom 21.07.2019 beim Bayerischen Rundfunk externer Link
    • WDR stellt Strafanzeige wegen Morddrohung
      Nach einer Morddrohung gegen den Leiter der Redaktion „Monitor“, Georg Restle, hat der WDR Strafanzeige erstattet. Das Schreiben ist dem Anschein nach dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen. WDR-Intendant Tom Buhrow: „Dass es eine Morddrohung gegen einen unserer Journalisten gibt, entsetzt und erschüttert mich. Wir tun alles, um unseren Kollegen – wie alle anderen auch – zu schützen und ihn zu unterstützen. Georg Restle ist ein ausgezeichneter investigativer Journalist, der die politische Landschaft in Deutschland kritisch begleitet. Perfide Drohgebärden dieser Art werden uns nicht davon abhalten, unseren Job als Journalisten zu machen. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind ein hohes Gut. Wer das nicht akzeptiert, ist ein Feind der Demokratie.“…” WDR-Mitteilung vom 19.7.2019 externer Link
  • Resolution der Deutschen Presse-Agentur: „Journalisten sind schützenswert“ 
    “Der Aufsichtsrat der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hat in einer Resolution externer Link Gewalt gegen Journalisten verurteilt und gleichzeitig besseren Polizeischutz eingefordert. Das Gremium beklagt in dem Text eine „massive Zunahme von persönlichen Anfeindungen, ehrverletzenden Beschimpfungen und auch körperlichen Angriffen auf Bildberichterstatter und Reporter der Agentur insbesondere in Ostdeutschland, aber auch in Regionen Westdeutschlands“. Es habe sehr viele Anlässe für die Resolution gegeben, sagte dpa-Chefredakteur Sven Gösmann im Dlf. Tätliche Angriffe auf dpa-Journalisten seien inzwischen „eine nahezu wöchentliche Erfahrung“, vor allem im Osten Deutschlands. Gewalttätige Demonstrationen von Linken und Rechten seien schon immer gefährlich gewesen. „Es gibt aber eine Entwicklung, die seit vielen Jahren so ist, dass der öffentliche Raum generell von Gewalt erobert wird, speziell im Umfeld von Demonstrationen von Pegida, AfD und anderen rechtsgerichteten Organisationen Deutschlands.“ (…) Gösmann forderte von den Sicherheitsbehörden, bei öffentlichen Ereignissen stärker als bisher einzuschreiten, um die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Berichterstattung zu schützen …“ Gespräch von Henning Hübert mit Sven Gösmann vom 06.12.2018 auf Deutschlandfunk externer Link
  • Messerattacke auf Journalisten in Naumburg
    Ein freier Mitarbeiter des Naumburger Tageblatts wurde Opfer eines Messerangriffs durch Jugendliche. Dabei hatte er Glück im Unglück. Seine Zeitung, das Naumburger Tageblatt, schilderte gestern [Jugendliche attackieren Naumburger: Messerstich in den Bauch und Hitlergruß externer Link], was dem freien Mitarbeiter passierte. Am Freitagabend stellten sich drei Jugendliche auf einem Supermarktparkplatz vor das Auto des Journalisten. “Einer spuckt Richtung Wagen und zeigt den Stinkefinger”, heißt es in dem Bericht. Der Kollege “will wissen, warum und läuft dem Trio hinterher – was ihm zum Verhängnis wird”. Als er die Gruppe einholt, versucht er, die Jugendlichen zur Rede zu stellen, als ihm plötzlich einer von ihnen in den Bauch schlägt. “Ein anderer zeigt den Hitlergruß. Was er nicht bemerkt, ist, dass der Schläger ein Messer benutzt hat.” Er trägt eine sechs Zentimeter lange Stichwunde davon. Im Krankenhaus stellen die Ärzte fest, dass zum Glück keine Organe getroffen wurden. Bewundernswert ist der Mut des Kollegen, der sich nicht einfach grundlos beleidigen lassen will. Zu Recht hofft er darauf, dass die Polizei die Jugendlichen fasst. An Überwachungskameras dürfte vor dem Supermarkt kein Mangel bestanden haben. Eine Messerattacke auf einen Journalisten ist kein Kavaliersdelikt!“ Ein Kommentar von Hendrik Zörner vom 02.10.2018 im DJV-Blog externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=138193

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