Mittwoch, 21. August 2019

Klimastreik am 20. September 2019 – ökologische Notwendigkeit und gewerkschaftliche Debatte (um das Streikrecht)


Dossier

Globaler Klimastreik 20.-27. September 2019Wir hoffen, eine Zeitenwende einzuleiten – Die Verantwortung für das Klima darf nicht nur auf den Schultern von Schulkindern lasten. Erwachsene müssen sich anschließen. “Intellektuelle und Wissenschaftler unterstützen den Aufruf von “Fridays for Future”: (…) Am Freitag den 20. September werden wir auf Bitte der jungen Menschen, die rund um die Welt Schulstreiks organisieren, unsere Arbeitsplätze und Wohnungen verlassen, um einen Tag lang Maßnahmen gegen den Klimawandel zu fordern, die große, existenzielle Bedrohung der gesamten Menschheit. Es wird ein eintägiger Klima-Streik sein und der Auftakt zu einer Woche mit Klima-Aktionen auf der ganzen Welt. Wir hoffen, damit eine Zeitenwende einzuleiten. Und wir hoffen, dass sich uns viele Menschen anschließen und ihre Büros, Bauernhöfe und Fabriken verlassen; dass Politiker ihren Wahlkampf unterbrechen und Fußballstars ihre Spiele; dass sich Schauspieler abschminken und Lehrer ihre Kreide niederlegen; dass Köche ihre Restaurants schließen und für die Protestierenden kochen; und dass Rentner ihren Alltagstrott unterbrechen. Damit unsere führenden Politiker endlich diese Botschaft hören: Jeden einzelnen Tag verursacht unser Lebensstil eine ökologische Krise, die eine gesunde, sichere Zukunft auf unserem Planeten unmöglich macht. (…) Wir hoffen, dass Gruppen aus allen Bereichen des Umweltschutzes, des Gesundheitswesens, der Sozial- und Entwicklungshilfe sich anschließen werden. Aber unsere größte Hoffnung ist, einfach zu zeigen, dass die, die etwas gegen diese Krise tun und die, die schon jetzt am härtesten davon betroffen sind, von Millionen von Menschen unterstützt werden, an denen das wachsende Grauen über unsere ökologische Misere nagt, die sich aber bisher eher im Hintergrund gehalten haben. Es könnte ein paar Anläufe brauchen um diese Mengen auf die Straße zu bringen, aber wir haben nicht viel Zeit. Unser Fenster für wirksamen Klimaschutz schließt sich schnell…” Aufruf zum Klimastreik am 20.9.2019 veröffentlicht am 24. Mai 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link mit den internationalen Erstunterzeichnern. Siehe die Aktionsseite zum globalen Streik am 20.9.2019 externer Link und die Sonderseite bei “Fridays for Future” externer Link (und nun auch https://www.klima-streik.org/ externer Link) sowie zum Hintergrund unser Dossier: “Fridays for Future”: Schulstreiks für mehr Klimaschutz und den Aufruf “Klimagewerkschafter/innen zum Appell von Fridays for Future „Streikt mit uns“ am 20. September 2019: Aufruf an Kolleginnen und Kollegen: Wir sind gefordert – Seid auch dabei!” (für den noch Unterschriften gesammelt werden!). Hier dokumentieren wir alle Infos zum Klimastreik sowie die gewerkschaftspolitische Debatte um die Form der Teilnahme:
  • [Aufruf zum Mitzeichnen] Gewerkschafter*innen fordern: Für einen offiziellen Streikaufruf für den 20.9.! New 
    Für den 20. September ruft Fridays for Future (FFF) zu einem “globalen Streik” unter dem Motto #AlleFürsKlima auf. Häufig fällt in dem Zusammenhang das Wort vom “Generalstreik für das Klima”. Als Gewerkschafter*innen begrüßen wir den Aufruf von FFF, dass sich die Gewerkschaften und alle Beschäftigten an den Klimastreiks beteiligen sollen. (…) In dem Sinne finden wir es einen Fortschritt, dass Frank Bsirske, der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, am 5. August in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) angekündigt hat: “Wir werden zur Teilnahme an den Veranstaltungen aufrufen. Es geht darum, Flagge zu zeigen – wir brauchen ein deutlich konsequenteres Handeln der Politik beim Klimaschutz.” Diese Unterstützung für FFF ist ein wichtiger erster Schritt. Doch das reicht noch lange nicht aus. Bsirske hat – wie viele seiner Kolleg*innen aus anderen Gewerkschaftsführungen – verkündet: “Wir rufen natürlich nicht zu einem ordentlichen Streik auf, das geht nicht. Es wird auch nicht jeder seine Arbeit unterbrechen können. Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen.” Wir halten diese Aussage für falsch: Denn wer kann tatsächlich ausstempeln oder Urlaub nehmen? Sicher nur eine kleine Minderheit aller Beschäftigten und sicher nicht die große Masse. Gewerkschaften haben in der Vergangenheit immer wieder politisch gestreikt: gegen die Rente mit 67 und erfolgreich für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Nur eine aktive Haltung der Gewerkschaften kann die Trennung zwischen Umwelt- und Gewerkschaftsbewegung aufheben. (…) Aus diesem Grund wenden wir, die Unterzeichner*innen, uns mit diesem Statement an die Spitzen von ver.di, IG Metall und allen Gewerkschaften, auch außerhalb des DGB: Ruft offiziell zu einem ordentlichen Streik auf! Die Zukunft aller Arbeiter*innen ist vom Klimawandel betroffen! Gleichzeitig wenden wir uns auch an alle Kolleg*innen in den Betrieben und in gewerkschaftlichen Basisstrukturen: Lasst uns gemeinsam nach Lösungen suchen, wie wir uns am 20.9. kollektiv am Klimaprotest beteiligen. Betriebs- und Personalräte können zu Betriebs- und Personalversammlungen aufrufen, gewerkschaftliche Betriebsgruppen und Vertrauensleutekörper können Betriebsgruppentreffen und offene Versammlungen einberufen, um eine gemeinsame Beteiligung zu diskutieren und zu organisieren. Zugleich können diese Versammlungen – genauso wie gewerkschaftliche Ehrenamtlichen-Strukturen auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene – ebenfalls Aufrufe an die Gewerkschaftsspitzen richten, zu einem ordentlichen Streik aufzurufen…” Aufruf mit dringender Bitte zum Mitzeichnen und Verbreiten vom 20. August 2019 von und bei der Basisgewerkschaftsgruppe ver.di aktiv externer Link
  • Ein politischer Klimastreik ist möglich. Gewerkschaften könnten durchaus mehr tun, als ihre Mitglieder zum Ausstempeln aufzufordern New 
    Am 20. September 2019 wird ein globaler Klimastreik stattfinden. Der Nochvorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, sagte dazu, man werde »zur Teilnahme an den Veranstaltungen aufrufen.« Um dann einzuschränken: »Wir rufen natürlich nicht zu einem ordentlichen Streik auf, das geht nicht. (…) Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen. Ich werde jedenfalls hingehen.« Ausstempeln zum Klimastreik, das wirft Fragen auf. Die angegebene Begründung ist mau: Ordentlicher Streik – »das geht nicht«. Auch der DGB signalisierte auf seiner Homepage Unterstützung für die Forderung von Fridays for Future. Aber auch er schränkte ein: »Ein Streik ist eine Arbeitskampfmaßnahme, zu der Gewerkschaften nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen aufrufen können. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich mit den Aktionen von Fridays for Future solidarisieren und an Demonstrationen teilnehmen wollen, sollten das geltende Arbeitsrecht beachten und sich für diese Zeit freinehmen.« Was sind diese »ganz bestimmten Voraussetzungen«, unter denen die Gewerkschaften – jenseits der Tarifverhandlungen – zum Streik aufrufen dürfen? Konkreter: Ist für den 20. September ein von den Gewerkschaften aufgerufener politischer (General-)Streik ausgeschlossen, oder wäre er möglich? Ein*e Streikteilnehmer*in ist nur dann ziemlich sicher vor rechtlichem Ärger, wenn eine Gewerkschaft zu diesem Streik aufgerufen hat, daher ist die Frage von Bedeutung. Ihre Beantwortung hat mindestens zwei Seiten: eine juristische und eine politische. Beide können ohne ihre historische Dimension kaum verstanden werden. (…) Die Rechtsprechung seit den 1950er Jahren ist ohne die personellen Kontinuitäten aus der NS-Zeit also kaum zu verstehen und mitverantwortlich für die weit verbreitete Einschätzung, »politische Streiks« seien in Deutschland verboten. Doch selbst im ursprünglichen Urteil von 1952 durch das Landesarbeitsgericht (LAG) Freiburg hieß es: »Sollte durch vorübergehende Arbeitsniederlegung … gegen hohe Preise demonstriert werden, dann könnte dieser politische Streik wohl kaum als verfassungswidrig angesehen werden.« Die hier angeführten »hohen Preise« bezogen sich direkt auf den Auslöser des letzten deutschen Generalstreiks vom 12. November 1948, denn die Preishöhe hatte damals die Lebensgrundlage von Millionen Menschen bedroht. Die Lebensgrundlage steht auch beim Klimastreik im Mittelpunkt. Nur geht es nicht um – heute – zu hohe Preise, sondern um eine – morgen – verwüstete Welt. Für eine rechtliche Bewertung ist aber entscheidend, dass unser Handeln jetzt erforderlich ist, und nicht erst, wenn unser aller Lebensgrundlage in fünf, zehn oder 30 Jahren unwiederbringlich dahin ist. In der Logik des Urteils von 1952 wäre wohl auch ein massiver Klimastreik »nicht verfassungswidrig«. (…) Kann vor diesen Hintergründen ein von Gewerkschaften ausgerufener politischer (General-)Streik, der sich für die Erhaltung der Lebensgrundlagen der Menschheit einsetzt, verfassungswidrig sein? Es scheint mir plausibel, dass er es nicht ist. Vielleicht könnten sich die Rechtsabteilungen des DGB und der Gewerkschaften mal darüber unterhalten – und es hilft sicher bei der Entscheidungsfindung, wenn sie ein paar engagierte Jugendliche zu der Diskussion einladen. Zur Frage politischer Streiks gehört aber auch, dass die juristische Argumentation – vor allem hinsichtlich eines Generalstreiks – nicht unbedingt die entscheidende ist. Denn was würde passieren, wenn der DGB und seine Gewerkschaften auf den ganzen Rechtskram pfeifen und einfach für den 20. September zum Generalstreik aufrufen würden? Und wenn die Mitgliedschaft mitziehen würde? (…) Ein Generalstreik, der ausgerufen und befolgt wird, demonstriert durch sich selbst seine demokratische Legitimität. Er ist an sich der Beweis, dass der Staat gegen die Interessen »seiner« Bevölkerung handelt – der oben angeführte Art. 20 (4) (Recht auf Widerstand) ist eine Art bürgerlicher Zerrspiegel dieser Auffassung…” Artikel von Uwe Fuhrmann in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis vom 20.8.2019 externer Link. Siehe dazu auch:
    • vier Argumente für einen gewerkschaftlichen Klimastreik
      Thread von Uwe Fuhrmann am 20.8.19 bei Twitter externer Link: “Weil dieses Medium ja durch Kürze glänzt hier abschließend als teaser vier Argumente für einen gewerkschaftlichen Klimastreik:1. Das restriktive deutsche Streikrecht steht in personeller & ideologischer Tradition des NS. Symbol ist NS-Karrierist & erste Präsident des Bundesarbeitsgerichtes Hans-Carl-Nipperdey. Das muss nicht so bleiben. Trotzdem schließt die Rechtslage politische Streiks nicht aus.
      2. Trotz der gerichtlichen Illegalisierung gab es immer wieder politische Streiks zu verschiedenen Themen, die nicht bestraft wurden. Nötig ist dafür immer die Bereitschaft der Arbeitenden, gesellschaftliche Relevanz und eine soziale Mobilisierung.
      3. Ein Generalstreik, der ausgerufen und befolgt wird, demonstriert durch sich selbst seine demokratische Legitimität. Er ist an sich der Beweis, dass der Staat gegen die Interessen »seiner« Bevölkerung handelt
      4. Es geht um alles – aber eine Julia Klöckner wird vermutlich selbst dann noch Konzernlobbyarbeit betreiben, wenn der Nordseestrand an ihrem Ministerium angelangt ist. Was also bleiben für Alternativen zum Streik?
  • “IG Metall im Dialog mit Fridays for Future-Bewegung” auch über (heilige) Arbeitsplätze – daher Klimastreik erst nach 2050? New 
    “… „Wir stehen als IG Metall auch in Zukunft in einem engen Austausch mit der Fridays for Future-Bewegung“, sagte Jörg Hofmann nach seinem Treffen mit Rhonda Koch und Ferdinand  Klemm, verantwortlich für Gewerkschaftskontakte der Bewegung in Berlin. Zusammengekommen war man, um einen Meinungsaustausch zu starten und Vorschläge für eine weitere Zusammenarbeit zu erarbeiten. Diese wird es geben – denn beide Seiten eint das Ziel, die drohende Klimakatastrophe abzuwenden. „Dazu, auch das eint uns, ist es elementar, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens, in dem sich die Welt zu einer drastischen CO2-Reduktion verpflichtet hat, auch eingehalten werden“, so der Erste Vorsitzende der IG Metall. Einigkeit besteht auch in einem weiteren Punkt: Klimaschutz darf nicht auf Kosten von Beschäftigung gehen. Der ökologische Umbau der Wirtschaft muss sozial und demokratisch gestaltet werden, Beschäftigung und gute Arbeit müssen in einer ökologischen Wirtschaft erhalten und aufgebaut werden. „Es geht um einen ökologischen, sozialen und demokratischen Wandel unserer Gesellschaft“, so Jörg Hofmann. Welche Schritte zur Erreichung dieses Ziels dazu im Einzelnen notwendig, auf welchem Weg und in welcher Geschwindigkeit die Zwischenziele bis 2050 erreichbar sind – darüber, und auch das wurde beim Gespräch deutlich, gibt es durchaus unterschiedliche Sichtweisen. So würde es aus Sicht der IG Metall zu massiven Beschäftigungsproblemen führen, sollte schon 2035, wie Fridays for Future fordert, CO2-Neutralität erreicht werden müssen…” Meldung der IG Metall vom 19. August 2019 externer Link
    • Die IG Metall twitterte dazu am 8. Aug. 2019 externer Link: “Wir sind im Austausch mit #FFF, wie wir die Aktivitäten am 20.09. unterstützen können. Die IG Metall Jugend hat auf ihrer Konferenz im Frühjahr ihre Solidarität mit #FFF bekundet. Wir sind uns der doppelten Verantwortung bewusst, Klima und Arbeitsplätze gleichermaßen zu schützen!
  • GEW Berlin ruft (am 19.8. auf Twitter externer Link) ihre Mitglieder zur Unterstützung der Demo auf – und die Bildungssenatorin, von Maßregelungen abzusehen
  • Shutdown For Climate: Am 20. September wird gestreikt – auch im Netz! Digitaler Klimastreik – mach mit!
    Am 20. September nehmen wir unsere Seiten vom Netz – mach mit!...” Ein Aufruf externer Link, dem sich das LabourNet wohl nicht anschliessen wird: Streiken ja, unsere wichtigen Infos vorenthalten: Nein
  • Das Streikrecht herausfordern, um den Planeten zu retten
    Die Debatte über einen Generalstreik gegen die drohende Klimakatastrophe ist in Deutschland in vollem Gange – vor allem wird diskutiert, ob sich die Gewerkschaften ernsthaft daran beteiligen sollten oder nicht. Dürfen wir das oder nicht? Warum dies die falsche Frage ist und welche Schritte wir zur Durchsetzung eines politischen Streiks gehen müssen. (…) Noch immer existiert bei vielen Gewerkschafter*innen die Vorstellung, dass Klima und Ökologie nichts mit den Interessen der Arbeiter*innen zu tun hätten oder gar ein zentrales Anliegen der sie vertretenden Gewerkschaften sein sollte. Doch jeden Tag häufen sich weitere erschreckende Berichte oder Studien darüber, wie die jetzigen und künftigen Auswirkungen der Naturzerstörungen oder des Klimawandels die große Mehrheit der Menschheit beeinträchtigt und bedroht – vor allem arbeitende Menschen auf der ganzen Welt. Das “ureigenste Feld” der Gewerkschaften, die Wirtschaft, ist weder theoretisch noch praktisch zu trennen von den biogeophysikalischen Prozessen, die dem Wirtschaften zugrunde liegen. (…) Klar sind bei den Vorbehalten gegen einen politischen Streik für das Klima nicht nur die rechtlichen Fragen relevant. Die Angst von Teilen der Gewerkschafter*innen, dass eine grün angemalte Neuauflage des neoliberalen Kapitalismus nur noch mehr Stellenabbau, schärfere Prekarisierung und Verarmung mit sich bringen würde, ist mehr als berechtigt. Genau an dieser Schnittstelle von sozialen und ökologischen Fragen gilt es deshalb, konsequente Forderungen aufzustellen. Eine radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich mit einer Verteilung der Arbeitsstunden auf alle Arbeitenden und Arbeitslosen würde Schluss machen mit Langzeitarbeitslosigkeit und Hartz IV auf der einen und Burnouts durch Überarbeitung auf der anderen Seite. Diese Maßnahme sollte für alle Arbeiter*innen gelten, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. So können auch Geflüchtete, die momentan unter extrem prekären Bedingungen leben und arbeiten, Arbeit finden, zum Beispiel in einem massiv ausgebauten öffentlichen Verkehrssystem. Das schafft Raum, die Wirtschaft auf neuer Grundlage demokratisch zu organisieren. Genau hier gilt es, nicht nur den Kampf um das richtige politische Programm für unsere Gewerkschaften zu führen, sondern um die Köpfe in den Betrieben, um das Bewusstsein der Kolleg*innen. (…) So wie vielerorts noch Verunsicherung und nur eine vage Sympathie mit dem Vorhaben vorherrschen, gibt es andernorts auch mutige Kolleg*innen in verschiedensten Sektoren und Betrieben, die sich gar nicht abschrecken lassen und sich klar vorgenommen haben, den politischen (General-)Streik für den Erhalt eines intakten Planeten in die eigenen Hände zu nehmen. Selbst einige offizielle Gewerkschaftsstrukturen zeigen sich nicht abgeneigt (…) Die Legitimität der Entscheidung ist ganz klar an der Basis in den jeweiligen Betrieben verortet. Doch wenn die Basis tatsächlich mutig die Sache in die Hand nimmt, was ist dann also mit dem drohenden finanziellen Bankrott der Gewerkschaften durch Sanktionen der Gerichte, sollten sie tatsächlich einen massenhaften Aufruf von ver.di und anderen DGB-Gewerkschaften im Einzelfall für illegal erklären? Wir müssen die Frage richtig herum stellen. Selbst wenn die Gewerkschaften zu saftigen Geldstrafen verurteilt werden sollten: Worin besteht die Notwendigkeit sie zu zahlen? Die deutschen Gewerkschaften vertreten mächtige Sektoren der internationalen Arbeiter*innenklasse. Ihre Kampfkraft ist potenziell so groß, dass es ein Leichtes wäre, sie zu verteidigen und die Strafzahlungen erneut mit den Kampfmethoden der Arbeiter*innenklasse wie Massenstreiks, Besetzungen, Demonstrationen etc. abzuwehren. (…) Gleichwohl ist klar, dass ein einzelner Streiktag, selbst wenn er die gesamte Wirtschaft lahmlegen würde, niemals allein die fundamentalen Veränderungen herbeiführen kann, die die Klimakatastrophe erforderlich macht. Es geht darum, eine internationale Massenbewegung aufzubauen, die weitere Generalstreiks umsetzt und im Zuge dessen schrittweise Klassenmacht erzeugt. Letztendlich müssen wir Arbeiter*innen die Gewerkschaften von der Bürokratie zurückerobern, um selbst über den Kurs unserer Organisationen bestimmen zu können. Die Durchsetzung des politischen Streiks ist dafür ein erster Schritt. (…) Wir sehen heute, wie wir oben beschrieben haben, die ersten regen innergewerkschaftlichen Debatten über die Notwendigkeit politischer Streiks. Auf diese Dynamik müssen wir aufbauen. Denn ohne Druck von unten werden Bsirske und Co. ganz bestimmt nicht zu einem Generalstreik aufrufen – und zwar völlig unabhängig davon, ob es technisch legal ist oder nicht. Deshalb ist es die Aufgabe aller kämpferischen Gewerkschaftssektoren und der gesamten Linken, die Debatte über den Klimastreik in die Betriebe, Schulen und Universitäten zu tragen. Betriebsgruppen sollten offene Versammlungen organisieren, Betriebs- und Personalräte sollten zu Betriebs- und Personalversammlungen der gesamten Belegschaft aufrufen – um über Mittel und Wege der Teilnahme am Streiktag am 20.9. zu diskutieren, aber auch, um zu thematisieren, wie die Gewerkschaftsführungen dazu gezwungen werden können, einen offiziellen Streikaufruf zu formulieren und effektiv für den Klimastreik zu mobilisieren…” Beitrag von Robert Müller vom 15.8.2019 bei Klasse Gegen Klasse externer Link
  • Mit Klima in die Offensive a.k.a Last chance for communism“… Seit einem halben Jahr streiken die Schüler*innen von Fridays for Future (FfF) – international und zu Hunderttausenden. Dieser Generationenwechsel hat nicht nur die Klimabewegung verändert. Was mit dem Hambi in 2018 begann, führt Fridays for Future weiter: Sie haben das gesellschaftliche Wahrnehmungslevel der Klimakrise schlagartig erhöht und diese zu der zentralen gesellschaftlichen Auseinandersetzung gemacht. Sie fordern den Status Quo heraus: Der vermeintliche gesellschaftliche Konsens der Kohlekommission, der dem Kohle-Bewegungszyklus den Deckel drauf setzen sollte, konnte sich dank der Forderungen von FfF gar nicht erst als solcher etablieren. Und die FfF-Bewegung politisiert, ganz nebenbei, Hunderttausende junge Menschen – in Deutschland und international. (…) Der Global Strike könnte nicht nur aus Perspektive der Klimagerechtigkeitsbewegung einer der Kristallisationspunkte 2019 werden, sondern es ebenfalls schaffen, sich in anderen sozialen Kämpfen und Bewegungen zu verankern. Wir wollen aber nicht nur Mitstreiter*innen aus anderen Kämpfen gegen die Klimakrise auf die Straße bringen, sondern vor allem junge Menschen, die sich gerade an der Klimakrise politisieren, für andere Kämpfe gewinnen. Der Global Strike ist eine Möglichkeit, mit der Klimakrise als Querschnittsthema und gemeinsamen strategischen Bezug unser Kämpfe zu verbinden. Mit Zivilem Ungehorsam für Radikalisierung, Zuspitzung und Empowerment auf der einen Seite und Verankerung in unterschiedlichen Themenfeldern und Kämpfen können wir einen Unterschied machen und Klima zur gesamtgesellschaftlichen, antikapitalistischen Frage machen. Als radikale Linke können wir gemeinsam eine intersektionale Vision von Klimagerechtigkeit als Antwort auf eine der fundamentalsten und existenziellsten Krisen des 21. Jahrhunderts entwickeln…” Stellungnahme der Klima-AG der Interventionistischen Linken vom August 2019 externer Link
  • [Der Funke: Musterresolution für Gewerkschaften] Schüler, Studierende, Azubis, Arbeiter und Angestellte: Gemeinsam gegen den Klimawandel streiken!  
    Am 20. September steht der nächste globale Klimastreik an. Die Organisatoren von Fridays for Future (FfF) rufen dabei alle Generationen dazu auf, sich am Streik zu beteiligen. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat sich mit der Klimastreikbewegung solidarisiert. Ihr Vorsitzender Frank Bsirske ruft die Mitglieder auf, sich an den Demonstrationen zu beteiligen. Wird die Bewegung nun eine neue Dimension annehmen? Wie können wir es schaffen, dass möglichst viele Menschen während der Arbeitszeit auf die Straße gehen? Wir schlagen im Folgenden konkrete Schritte vor. (…) Anfang August rief der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske in der WAZ seine Gewerkschaft zur Teilnahme an den Demonstrationen auf, schränkte dann aber die Art der Beteiligung ein: „Wir rufen natürlich nicht zu einem ordentlichen Streik auf, das geht nicht. Es wird auch nicht jeder seine Arbeit unterbrechen können. Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen. Ich werde jedenfalls hingehen.“ (…) Der Klimawandel ist ein kollektives Problem, deshalb können wir es auch nur kollektiv lösen. Je mehr Menschen auf die Straße gehen und je mehr Maschinen, Computer, Kaufhäuser und Betriebe stillstehen, das heißt je mehr Menschen wirklich streiken, desto größer wird der Druck auf die Kapitalisten und ihre politischen Vertreter in den Parlamenten und Ministerien. Damit so ein Massenstreik gegen den Klimawandel am 20. September erfolgreich sein kann, muss dieser im Vorfeld gut organisiert werden. Deshalb ist es vollkommen richtig, dass ver.di die Bewegung unterstützt. Aber Unterstützung kann so und so aussehen. Sie kann ein Lippenbekenntnis sein, sie kann aber auch ernsthaftes praktisches und politisches unter die Arme greifen sein. Letzteres scheint die Gewerkschaftsführung leider nicht im Sinn zu haben. Das Ausstempeln oder das Verlängern der Pause durch Einzelpersonen ist kein kollektives Druckausüben auf die Verantwortlichen des Klimawandels. Nicht jeder ist wie Frank Bsirske in der Position, einfach mal den Betrieb zu verlassen, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. (…) Die Gewerkschaften sind eigentlich in der Position, einen wirklichen Streik zu organisieren und ihre Mitglieder sowie die Belegschaften insgesamt vor Konsequenzen durch die Bosse und den Staat zu schützen. Dazu brauchen wir auch klar und verständlich formuliertes gewerkschaftliches Informationsmaterial, das erklärt, warum Klimaschutz und Verteidigung von Arbeitnehmerinteressen zusammengehören. Statt also lediglich Individuen dazu aufzurufen, an den Demonstrationen teilzunehmen, müssten Betriebs- und Personalversammlungen organisiert werden, um möglichst viele Arbeiter und Angestellte in Betrieben und im öffentlichen Dienst für die Teilnahme am weltweiten Klimastreik zu mobilisieren. (…) Heute ist es legal, den Lohnabhängigen den Arbeitsplatz zu streichen, sie obdachlos zu machen, ihnen ein anständiges Essen vorzuenthalten, sie aufs übelste auszubeuten, sie in Kriegen niederzumetzeln und es ist ebenso legal die Existenzgrundlage der Menschheit zu vernichten. All das sind politische Handlungen der herrschenden Klasse, welche ihre eigenen Gesetze schreibt. Warum sollten wir uns weiter das Recht nehmen lassen, uns gegen diese Verhältnisse aufzulehnen, mit den effektivsten Mitteln – dem politischen Streik und dem Generalstreik? Politische Streiks und Generalstreiks sind die nächsten logischen und notwendigen Schritte, um die Klimastreikbewegung zu einer wirklichen Kraft zu machen, welche uns der Lösung des Klimawandels näherbringt. Eine solche Entwicklung würde zum Wiedererstarken der Arbeiterbewegung führen und damit die potenzielle Macht der Arbeiterklasse demonstrieren…” Beitrag vom 13. August 2019 der Redaktion der funke externer Link und deren Musterresolution zur Verfügung die bei Betriebs-/Personalräten, Vertrauensleutekörpern und Untergliederungen der Gewerkschaften eingebracht werden kann:
    • Der/die Betriebsrat / Personalrat / Vertrauensleutekörper / Gewerkschaftsuntergliederung erkennt die Bedrohung durch die Folgen des Klimawandels an und verurteilt die Tatenlosigkeit von Politik und Wirtschaft. Uns ist bewusst: Die sich anbahnende Klimakatastrophe trifft die Normal- und Geringverdiener am härtesten. Daher unterstützten wir den Aufruf zum Klimastreik der Fridays-for-Future Bewegung am 20. September. Es ist höchste Zeit, dass wir den Kampf um die Zukunft des Planeten nicht mehr nur unseren Kindern überlassen, sondern Schulter an Schulter mit ihnen kämpfen! 
      Zurzeit ist der politische Streik in Deutschland verboten. Aber es gibt dennoch eine legale Möglichkeit, an den Protesten während der Arbeitszeit teilzunehmen: Wir fordern die Betriebs-/Personalräte auf, eine außerordentliche Betriebs-/Personalversammlung am 20. September mit dem Schwerpunktthema umweltpolitische Entwicklungen und Folgen für den Betrieb einzuberufen. Weiter soll der Betriebs-/Personalrat von seinem Hausrecht Gebrauch machen und die Betriebs-/Personalversammlung auf die Straße verlegen, wo der Klimastreik stattfindet. 
      Darüber hinaus fordern wir den DGB und seine Einzelgewerkschaften auf, mit aller Kraft für den Klimastreik am 20. September zu mobilisieren und ihn aktiv mit vorzubereiten!
  • GEW: (@gew_bund bei Twitter: Die GEW begrüßt die FFF-Demonstrationen am 20. September und bittet ihre Gliederungen, sich vor Ort zu engagieren. “… Darüber hat der GEW-Vorstand FFF-Vertreter*innen in einem Gespräch informiert und die Unterstützung der Gewerkschaft angekündigt.” Tweed bei Twitter vom 14. Aug. 2019 externer Link
  • 20. September: weltweiter Klimastreiktag – Tut sich was, auch in den deutschen Gewerkschaften?  
    “Seit Mitte Juni gibt es den Aufruf von Fridays for Future zu dem weltweiten Klimastreiktag am 20. September 2019. (…) Seid dem dieser Aufruf erschienen ist, hat sich in den Gewerkschaften doch einiges bewegt. Die Initiative „Gewerkschafter*innen für Klimaschutz“ veröffentlichte kurz danach einen Aufruf, um für die Beteiligung der Gewerkschaften an dem Klimastreiktag zu werben. Dieser Aufruf, in dem auch die Möglichkeit von Solidaritätsstreiks erwähnt wird, ist inzwischen weit verbreitet und hat sicherlich auch zu Diskussionen in den Gewerkschaften Anlass gegeben. Die Initiative „Workers for Future“ veröffentlichte im Juli einen Aufruf, in dem allerdings „nur“ zu einer individuellen Beteiligung aufgerufen wird. Die IG Metall rief für Ende Juni zu einer großen zentralen Demonstration unter dem Titel „Fairwandel“ nach Berlin auf, an der etwa 50.000 Menschen teilnahmen. Das spezielle an dem Aufruf zu dieser Demonstration war die Aussage der IG Metall, das es zu erheblichen Änderungen kommen wird, vor allem aber nicht nur in der Automobilindustrie, diese aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten vollzogen werden dürften. Das ist eine andere Haltung wie die von der IG BCE, die die Arbeitsplatzverteidigung, auch der klimaschädlichsten Arbeitsplätze, zu ihrer Hauptforderung gemacht hatte. (…) Anfang August gab es dann endlich die ersten Äußerungen von Seiten der Gewerkschaftsvorstände auf den Aufruf zum weltweiten Klimastreiktag am 20. September. Zu erst wagte sich der Vorsitzende von ver.di, Frank Bsirske, aus der Deckung. (…) Er rief die Mitglieder von ver.di auf, sich an den Demonstrationen am 20. September zu beteiligen, allerdings sollten sie nicht vergessen, sich vorher auszustempeln. Streiks dürfe es nicht geben, das sei nun mal in Deutschland nicht möglich. Wenige Tage später, am 7. August, gab es eine ähnliche Erklärung des Dachverbandes, des DGB, in dem explizit darauf hingewiesen wurde, dass das Arbeitsrecht beachtet werden müsse. Überraschend ist diese eindeutige Haltung gegenüber politischen Streiks nicht, und dies wäre es sicherlich, wenn die Gewerkschaften an diesem Tag dazu aufrufen würden.(…) Wichtig ist, dass diese „Überlebensfrage“ endlich auch in den Betrieben ankommt und zum Thema wird. Denn eins ist sicher: Auf einem toten Planeten gibt es keine Arbeitsplätze.” Beitrag von Helmut Born, ehemaliger Betriebsratsvorsitzender, vom 10. August 2019 bei ‘Die Freiheitsliebe’ externer Link
  • Schulstreiks: Unterstützung von den Gewerkschaften  
    “… Der nächste Schritt werde eine internationale Mobilisierung Ende September sein. Rund um den UN-Sondergipfel zum Klimaschutz in New York solle es dann vom 20. bis zum 27.9. eine Streik- und Aktionswoche geben. In Deutschland wird es am 20. September zum Auftakt in vermutlich über 100 Städten Demonstrationen und Streiks geben. Auch Berufstätige werden von den Schüler ausdrücklich aufgerufen, sich zu beteiligen. Aus den hiesigen Gewerkschaften kommen dazu erstaunlich positive Signale. Zwar mag man nicht zum Streik aufrufen, da die Apparate das aus den 1950er Jahren stammende gerichtliche Verbot politischer Streiks verinnerlicht haben. Allerdings fordert Frank Bsirske, Vorsitzender Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, laut Spiegel externer Link seine Mitglieder auf, sich an den Demos zu beteiligen. Wer kann, solle sich frei nehmen. Er wolle auch kommen. Vom Gewerkschaftsdachverband DGB gibt es ebenfalls Unterstützung, wie die Zeit berichtet externer Link. Die Politik müsse beim Klimaschutz aufs Tempo drücken. Die regionalen und lokalen Kontakte mit der Schülerbewegung sollen ausgebaut werden.” Artikel von Wolfgang Pomrehn vom 09. August 2019 bei telepolis externer Link
  • DGB: “Die Forderung von Fridays for Future teilen wir, denn auf einem toten Planeten kann es keine Arbeitsplätze geben” – außerhalb der Arbeitszeit  
    “… Für uns ist auch klar: Klimaschutz geht nur sozial. Der Weg in eine kohlenstoffarme Zukunft ist alternativlos, er muss gerecht gestaltet sein und darf niemanden zurücklassen. Mit einem Paket aus einer ambitionierten Klimaschutzpolitik und einer aktiven Strukturpolitik bietet der Wandel große Chancen für neue und nachhaltige Beschäftigung und Gute Arbeit. Wer sich mit demokratischen Mitteln für seine politischen Ziele einsetzt und für mehr Klimaschutz demonstriert, verdient Respekt und hat unsere Unterstützung. Wir sind in Gesprächen mit Fridays for Future und werden diese auch fortsetzen. Austausch zwischen dem DGB und Fridays for Future gibt es bereits in etlichen DGB-Bezirken und -Regionen. Wir haben vereinbart, überall dort, wo es Kontakte zwischen den lokalen Fridays-for-Future-Gruppen und unseren DGB-Regionen gibt, auf Veranstaltungen vor Ort gemeinsam mit den Aktiven von Fridays for Future über die besten Wege für mehr Klimaschutz zu sprechen. Wer sich mit demokratischen Mitteln für seine politischen Ziele einsetzt und für mehr Klimaschutz demonstriert, verdient Respekt und hat unsere Unterstützung.
    Ein Streik ist eine Arbeitskampfmaßnahme, zu der Gewerkschaften nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen aufrufen können. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich mit den Aktionen von Fridays for Future solidarisieren und an Demonstrationen teilnehmen wollen, sollten das geltende Arbeitsrecht beachten und sich für diese Zeit freinehmen
    .” DGB-Meldung “Fridays for Future: Die Politik muss beim Klimaschutz aufs Tempo drücken” vom 07.08.2019 externer Link
  • Generalstreik für Klimaschutz: Dem Ernst der Lage angemessen“… Ist die Lage heute beim Klimawandel so ernst, dass ein Generalstreik gerechtfertigt wäre? Ja. Die junge Generation wächst auf einem Planeten auf, dessen Erhitzung sich wahrscheinlich auf etwa 3,2 Grad begrenzen ließe: wenn ab sofort und schnell alle Vereinbarungen des Pariser Abkommens umgesetzt würden. Was nicht passiert. Stattdessen ist eine Erwärmung um 6 bis 8 Grad nicht auszuschließen. Und das, wo laut Weltklimarat schon bei 1,5 bis 2 Grad Hunderte Millionen Menschenleben auf dem Spiel stehen. Veranschaulicht: 140 Millionen entsprechen mindestens 100-mal Tschernobyl. Das ist das optimistischste, kaum mehr zu erreichende Szenario. Gerechtfertigt wäre ein Generalstreik also. Ist er auch erlaubt? Politischer Streik gilt in Deutschland als verboten. Doch das Grundgesetz schränkt das Streikrecht tatsächlich gar nicht ein – genauso wenig, wie es das Völker- und Europarecht tut. Und: Das „Verbot“ beruht lediglich auf einem einzigen Gutachten zu rechtswidrigen Zeitungsstreiks im Jahr 1952. In einem Urteil zu den Streiks hieß es dagegen: „Sollte durch vorübergehende Arbeitsniederlegung für die Freilassung von Kriegsgefangenen oder gegen hohe Besatzungskosten oder gegen hohe Preise demonstriert werden, dann könnte dieser politische Streik wohl kaum als verfassungswidrig angesehen werden.“ Die wissentliche Gefährdung von Millionen Menschenleben durch politische Untätigkeit kommt in der Aufzählung nicht vor, dürfte aber „hohen Preisen“ mindestens ebenbürtig sein. Der letzte Generalstreik war 1948: Wenn es nach Fridays for Future geht, wird sich das bald ändern.” Kommentar von Anett Selle vom 4. August 2019 bei der taz online externer Link
  • [Nix Streik, aber Demo] IG BAU ruft zur Beteiligung an Klimaschutz-Demo auf  
    Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) ruft dazu auf, sich an der Klimaschutz-Demonstration am 20. September zu beteiligen. An diesem Tag soll ein Paket mit Klimaschutzmaßnahmen vom Klimakabinett der Bundesregierung beschlossen werden. Deshalb hat die Fridays for Future-Bewegung zu einer Demo aufgerufen. (…) Wir fordern die Arbeitgeber auf, ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich an den Demos zu beteiligen“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger. „Die IG BAU hat schon früh den Umweltschutz in ihrer Satzung verankert. Zu den darin aufgeführten Aufgaben der IG BAU zählt unter anderem, dass sich die Gewerkschaft gegenüber Wirtschaft und Politik für nachhaltig umweltverträgliches Handeln einsetzt.“ (…) „Als Gewerkschaft müssen wir deutliche Zeichen für die Zukunft setzen. Die Teilnahme an der Klima-Demo im September ist dafür eine weitere gute Gelegenheit. Ich erwarte, dass auch die Kolleg*innen in den Betrieben und auf Baustellen mit Aktionen unmissverständlich klar machen: Klimaschutz ist nicht verhandelbar! Die Natur gibt keine Fristverlängerung“, sagte der Stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende und Vertreter der IG BAU in der Klima-Allianz Dietmar Schäfers. „Bereits im Frühjahr haben wir uns daher dem Fünf-Punkte-Plan der Klima-Allianz angeschlossen. Das Ziel die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, muss jetzt schnellstens mit einem Sofortprogramm umgesetzt werden. Wir hinken gefährlich hinterher.“ Pressemitteilung vom 06.08.2019 externer Link
  • Fridays for Future: Verdi-Chef Bsirske ruft zur Teilnahme am „Klimastreik“ auf [mit Ausstempeln]  
    Fridays for Future: Verdi-Chef Bsirske ruft zur Teilnahme am „Klimastreik“ auf [mit Ausstempeln]Verdi ruft zur Teilnahme am „Klimastreik“ von Fridays for Future auf. Aber nicht während der Arbeitszeit. Bsirske: Ausstempeln und mitmachen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ruft ihre rund zwei Millionen Mitglieder dazu auf, sich am Klimastreik von Fridays for Future zu beteiligen. Die Jugendorganisation will am 20. September bundesweite Streiks für mehr Klimaschutz organisieren. „Wir werden zur Teilnahme an den Veranstaltungen aufrufen. Es geht darum, Flagge zu zeigen – wir brauchen ein deutlich konsequenteres Handeln der Politik beim Klimaschutz“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der WAZ…” Artikel von Stefan Schulte vom 05.08.2019 bei der WAZ online externer Link (im Abo) – lt. der Spiegel-Meldung dazu externer Linksagte Bsirske wörtlich: “Wir rufen natürlich nicht zu einem ordentlichen Streik auf, das geht nicht”, sagte Bsirske. “Es wird auch nicht jeder seine Arbeit unterbrechen können. Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen. Ich werde jedenfalls hingehen.” Siehe dazu:
  • Streikforscher Jörg Nowak zu Klimademos: “Ökologische Fragen innerhalb der Gewerkschaften umstritten”  
    Warum nicht einfach mal das ganze Land an einem Freitag lahmlegen? Streikforscher Jörg Nowak erklärt, warum Joko Winterscheidts Idee mit den Gewerkschaften schwer umzusetzen ist.
    Mit einem Streikaufruf “an alle” hat der Entertainer Joko Winterscheidt den jungen Klimaaktivisten von “Fridays for Future” den Rücken gestärkt. “Warum geht nur ihr auf die Straße? Warum sind es nicht die Leute, die am Freitag in einem Büro sitzen”, rief er am Donnerstag Hunderten Teilnehmern des ersten großen “Fridays for Future”-Kongresses in Dortmund zu. “Warum legt man nicht einfach mal – steile These – dieses Land lahm an einem Freitag?” Alle zeigten immer begeistert auf das, was die jungen Aktivisten bisher geleistet hätten, “aber viel zu viele bleiben zuhause”. (…) [Nowak] Dies wäre ein politischer Streik, da er sich nicht auf Konflikte zwischen Arbeit und Kapital bezieht, oder nur sehr vermittelt. Ob ein solcher Streik verboten ist, lässt sich immer erst im Nachhinein feststellen. Ob gewerkschaftliche Streiks gegen die Klimakatastrophe illegalisiert werden, wird erheblich von den politischen Kräfteverhältnissen abhängig sein – und ob es Kläger gibt, die sich der öffentlichen Meinung stellen wollen. Ob ein solcher Streik als illegal erklärt wird, hängt sicher auch davon ab, wie lange er dauern wird. Der Streik gegen den Nato-Doppelbeschluss etwa dauerte nur 10 Minuten, auch daher wurde von einer Kriminalisierung abgesehen. Sollte ein Streik gegen die Klimakatastrophe einen ganzen Tag oder länger andauern, steigt die Wahrscheinlichkeit der Kriminalisierung. (…) Ein guter Teil der Gewerkschaftsbasis unterstützt ökologische Forderungen – aber viele Funktionäre und ein ebenso erheblicher Teil der Basis neigen dazu, unökologische Praxen zu unterstützen, um Arbeitsplätze zu erhalten. Das war zum Beispiel beim innergewerkschaftlichen Konflikt um “Ende Gelände” sichtbar, und ist seit Anfang der 70er Jahre ein umstrittenes Thema in den deutschen Gewerkschaften. Daher ist es eine umfassende Unterstützung der Gewerkschaften für einen Klimastreik fraglich. (…) dies könnte zu Konflikten innerhalb des DGB führen. Denkbar ist eine Teilnahme oder ein Aufruf von einzelnen Gewerkschaften. So ist Verdi grundsätzlich – auch aus Brancheninteressen – wie z.B. öffentlicher Nahverkehr – Klimathemen gegenüber offener. Die IG Metall ist stark mit der Autoindustrie und deren Zulieferern für Bleche wie z.B. der extrem energieintensiven und gesundheitsschädlichen Aluminiumindustrie verbunden. Und sie hängt direkt von häufig sehr umweltschädlichen Erzminen im brasilianischen Amazonasgebiet ab. Diese Zusammenhänge werden ungern von der IG Metall thematisiert und das Elektroauto dient gegenwärtig eher als Fetisch, um die problematische Struktur der Autoindustrie zu verdecken. (…) Angesichts der gegenwärtigen breiten Mobilisierung und Diskussion zum Thema Klima halte ich solche Bündnisse durchaus für denkbar – wenn auch wahrscheinlich zunächst auf lokaler oder regionaler Ebene. Aber das kann durchaus eine starke Eigendynamik entwickeln. Für einen Generalstreik in Deutschland sehe ich derzeit wenig Grundlagen – aber politische Entwicklungen beschleunigen sich enorm in den letzten Jahren, daher würde ich derzeit nichts ausschließen
    …” Interview von Jan Schüßler mit Jörg Nowak vom 2. August 2019 bei ZDF Heute externer Link
  • Fridays for Future Sommerkongress: Alle müssen streiken  
    “Die meisten Leute verstehen nun, dass der Planet brennt. Jetzt müssen alle handeln. FFF plant einen Generalstreik, die Politik stellt sich noch quer. Fridays for Future – FFF. Sommerkongress. Etwa 1.400 Menschen sind aus über 200 Orten zu der mehrtägigen Veranstaltung in Dortmund angereist; die Hälfte minderjährig. Über 200 Veranstaltungen mit Gewerkschaftler*innen, Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen, Klimaschutz-Lobbyist*in­nen, Prominenten stehen auf dem Programm. Die Stimmung ist angespannt. Denn anders als viele, die den Klimawandel wie ein Phänomen from outer space betrachten, lesen die vorwiegend jungen Menschen die Berichte des Weltklimarats. Die verheißen nichts Gutes. (…) Anne Klein-Hitpaß vom Thinktank Agora Verkehrswende, die an der Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft arbeitet, ist da optimistischer. Die jungen Leute hätten gar keine Ahnung, wie sehr sie störten. Fridays for Future sei es zu verdanken, dass sich das ganze Land in Sachen Klimawandel nun positionieren müsse. Positionieren indes reicht nicht. Schließlich steht auf den Schildern von FFF nicht: „Wir streiken, bis ihr euch positioniert.“ Auf den Schildern steht: „Wir streiken, bis ihr handelt.“ (…) Nun also statt Schulstreik Generalstreik. Aber politischer Streik: ist der in Deutschland nicht verboten? (…) Das juristisch umstrittene Verbot von Generalstreiks basiert auf einem Gutachten von 1955. Dort steht, Streiks seien nur im Rahmen von Tarifforderungen zulässig. Verfasst hat es der damalige Präsident des Bundesarbeitsgerichts, Hans Carl Nipperdey – ein Karrierist im Dritten Reich. Bis heute wird sein Gutachten als generelles Verbot politischer Streiks in Deutschland interpretiert. „Klimaschutz, da darf uns der Mund nicht verboten werden“, sagt Luca Samlidis von Fridays for Future. „Da geht es um die Zukunft unser aller und derjenigen, die nach uns auf diesem Planeten leben wollen.“ Zuletzt fand 1948 ein Generalstreik statt. Geht es nach Fridays for Future, wird sich das am 20. September 2019 ändern.”Artikel von Anett Selle vom 2.8.2019 bei der taz online externer Link
  • Klimastreik: Mehr Recht durch Rechtsbruch. Für den 20. September ruft die Klimabewegung zum internationalen Streik auf – in den Schulen und in den Betrieben.  
    “… Im März belehrte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die Studentin Luisa Neubauer, eine Organisatorin der »Fridays for Future«-Demonstrationen in Berlin: »Sie sagen, dass Sie für das Klima streiken, aber in Deutschland kennen wir keinen politischen Generalstreik. Unser Streikrecht richtet sich immer auf Forderungen, die ein Arbeitgeber liefern kann.« Man muss dem Wirtschaftsminister fast dankbar sein. Denn damit hat er den politischen Streik überhaupt wieder zu einem Thema gemacht. Er hätte ja auch einfach sagen können: »Schüler dürfen nicht streiken. Es gibt die Schulpflicht, und wer dagegen verstößt, muss mit Sanktionen rechnen.« Aber nein, Altmaier spricht über den politischen Streik, den wir in Deutschland »nicht kennen«. Neubauer ließ sich von den Belehrungen Altmaiers nicht beeindrucken: »Als das Streikrecht erfunden wurde, kannte man die Klimakrise ja noch nicht.« (…) Ich weiß nicht, ob Schülerinnen oder Schüler schon ihre Eltern gefragt haben: »Warum streikt nicht auch ihr unter dem Motto ›Es gibt keinen Planeten B‹?« Denn auch für die, die in den Betrieben arbeiten, gibt es keinen Planeten B. Das müsste für sie ein Grund sein, für eine Umstellung der Produktion auf umweltfreundliche Produkte zu demonstrieren. (…) Die erste Voraussetzung für eine Verbesserung des Streikrechts ist, dass die Einschränkungen des deutschen Streikrechts noch viel mehr zum öffentlichen Thema werden und als das bezeichnet werden, was sie sind: ein Skandal.¹¹ Entscheidend ist aber, dass sich die abhängig Beschäftigten über die gegenwärtigen Verbote hinwegsetzen. Streikrecht durch Rechtsbruch – so ist das gesamte Streikrecht entstanden. Es ist unverständlich, dass dem Bundesarbeitsgericht immer noch kein Fall vorliegt, der diesem die Gelegenheit gibt, seine Rechtsprechung zu ändern. Streikrecht ist Richterrecht. Nur wenn die Gerichte einen Fall zu entscheiden haben, in dem die derzeit geltenden Grenzen übertreten wurden, können sie ihre Rechtsprechung überprüfen und diese Grenzen erweitern. Notwendig ist also ein Verstoß gegen die geltende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, den man allerdings auch – im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung der Rechtsprechung und auch als Ausdruck der Ablehnung der bisherigen Rechtsprechung – als vollständig legales Verhalten betrachten kann, wie es die Gewerkschaften schon 1986 getan haben.” Abdruck des erweiterten und redaktionell bearbeiteten Vortrags von Rechtsanwalt Benedikt Hopmann bei der jungen Welt vom 5. Juli 2019 externer Link
  • Klimagewerkschafter/innen zum Appell von Fridays for Future „Streikt mit uns“ am 20. September 2019: Aufruf an Kolleginnen und Kollegen: Wir sind gefordert – Seid auch dabei!  
    Greta Thunberg, Luisa Neubauer und viele andere junge Menschen von Fridays for Future rufen für den 20. September ’19 zu einem weltweiten Klimastreiktag auf externer Link. (…) Dies verstehen wir auch als Aufruf an Gewerkschaften, Betriebsräte, Arbeitnehmer*innen aktiv zu werden und sich für den Klimaschutz und zukunftsweisende Arbeitsplätze einzusetzen. Auch wir wollen wie die Eltern und WissenschaMler (Parents und Scientists for Future) unseren Beitrag dazu leisten, dass der 20. September Auftakt zu einer Wende hin zu einer sozialen und ökologischen Gesellschaft wird. An diesem Tag können Betriebsversammlungen stattfinden, Aushänge gemacht und Flugblätter verteilt werden. Es können Warnstreiks für einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Erneuerbaren Energien organisiert und für die Beteiligung an den Demonstrationen mobilisiert werden. Wir rufen alle Kolleginnen und Kollegen dazu auf, kreativ mitzuwirken, damit die Gewerkschaften und Beschäftigte aktiver Teil der Klimabewegung werden.” Aufruf der Klimagewerkschafter/innen mit Erstunterzeichner/innen  – mittlerweile mehrfach aktualisiert, siehe unser Dossier: Initiative Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter für Klimaschutz

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