Mittwoch, 21. August 2019

Einige Anmerkungen zum Bremer Koalitionsvertrag

Am Dienstag den 13. August, etwa drei Monate nach der Bremischen Bürgerschaftswahl, unterzeichneten die drei Koalitionsparteien, SPD, Grüne und die Linke den neuen Bremer Koalitionsvertrag. Zum ersten Mal in der Geschichte Westdeutschlands ist nun eine sogenannte Rot-Rot-Grüne-Regierung in einem Bundesland an der Parlamentsspitze. Ein angeblich eher links gerichtetes Bündnis dessen Akteure von wunderbarer Zusammenarbeit und großen Schnittmengen schwärmten, aber vor allem große Zuversicht in den Koalitionsvertrag und dessen Umsetzung innerhalb der nächsten vier Jahre setzen.
Erst einmal vorangestellt ist bereits jetzt schon klar, dass die tatsächliche Umsetzung des Bremer Koalitionsvertrages vollkommen aus der Luft gegriffen ist. Laut dem Bund deutscher Steuerzahler handele es sich bei den Plänen um ein „Rot-Grün-Rotes Wunschkonzert“. So kann man sich in Bremen, so wie nach jeder Wahl, schon mal wieder auf gebrochene Wahlversprechen einstellen. Ihren verrotteten Klassencharakter zeigen die drei Regierungsparteien einmal mehr im Koalitionsvertrag selbst. Während die Sozialfaschisten der SPD ja schon lange nicht mehr als Partei des Proletariats gelten die im Interesse der Arbeiterklasse handeln, sondern mit beiden Beinen fest auf der Seite der Bourgeoise stehen, enttarnt sich die Linkspartei an dieser Stelle selbst sehr eindrücklich als das was sie sind, Klassenfeinde, Konterrevolutionäre, Revisionisten. So wird aus verschiedenen Punkten des Koalitionsvertrages deutlich, dass die Linkspartei Entwicklungen mitträgt die es bereits in den letzten Jahren gab und die von der bisherigen Bremer Landesregierung, die nur aus SPD und Grünen bestand, vorangetrieben wurden. Zum einen ist das bei der Militarisierung der Arbeiterviertel bzw. der Aufrüstung nach innen zu sehen. Die Entwicklung das Arbeiterviertel immer mehr von Bullen belagert werden, verschiedene zentrale Orte mehr und mehr Überwacht werden oder auch bei der Ausrüstung der Polizei aufgerüstet wird, sind nicht neu. Doch nun stehen Maßnahmen wie diese bzw. die diese ermöglichen im Koalitionsvertrag. So heißt es auf Seite 118 im Abschnitt „Inneres und Justiz“:
Die Koalitionäre streben insgesamt eine deutliche Anhebung der Polizeizielzahl in beiden Städten an. Für die Polizei Bremen wollen wir perspektivisch 2.900 erreichen, für die Ortspolizeibehörde Bremerhaven mindestens 520. Zu diesem Zweck werden wir jährlich 200 bis 250 Auszubildende einstellen und darüber hinaus den Polizeien die Möglichkeit geben, zusätzliches Personal im Bereich Nichtvollzug einzustellen. Die Hochschule für Öffentliche Verwaltung wird entsprechend sachgerecht ausgestattet, um optimale Studienbedingungen zu gewährleisten.“
Ein paar Zeilen weiter im selben Abschnitt heißt es:
Wir stellen einen stets verhältnismäßigen Einsatz des Tasers durch die Polizei sicher.“
So wird die personelle und materielle Aufrüstung bei der Bremer Polizei ganz klar im Koalitionsvertrag beschlossen. Eine Aufstockung beim Personal heißt mehr Bullen auf den Straßen und in den Vierteln. Und diese sind dann anscheinend auch noch besser bewaffnet. Zum Thema Taser fehlt innerhalb des Koalitionsvertrags ansonsten übrigens jedes Wort. Dabei hat die Polizei Bremen bisher noch gar keine Taser. Lediglich eine Testphase in Bremerhaven hat stattgefunden. So bleibt dieses Thema extrem unscheinbar und fällt unter den Tisch. Doch nun darf man sich in Bremen wohl zukünftig auf Polizisten mit Tasern einstellen.
In Sachen Arbeit setzt sich die Koalition augenscheinlich für faire Arbeitsbedingungen, gegen Leiharbeit und gegen Ausbeutung ein. Eine Aufgabe die in der Leiharbeitshochburg Bremen nicht ganz einfach sein dürfte und mit unzähligen Widersprüchen bestückt ist. So lässt sich die Koalition ein Hintertürchen offen. So steht im Koalitionsvertrag geschrieben:
In Bremen werden wir weiter auf sachgrundlose Befristungen verzichten, Befristungen mit Sachgrund auf ein Minimum reduzieren sowie Leiharbeit und Mini‐Jobs nur in Ausnahmefällen zulassen, wenn es die Aufgabenerfüllung erfordert.“
Welche Fälle genau diese Ausnahmefälle sein sollen bleibt weiter undefiniert. Auch wenn die Leiharbeit in Bremen im Vergleich zu 2018 tatsächlich leicht zurückgegangen ist, ist die Tendenz zur Leiharbeit im Allgemeinen steigend. Und Bremen ist wie gesagt die Leiharbeitshochburg schlecht hin und liegt mit 4,7 Prozent ganze zwei Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt
So ist zu erwarten, dass sich für die tiefsten und breitesten Teile der Massen, die sich häufig in Leiharbeit befinden nichts an ihrer Lage ändern wird.
Ein weiterer wichtiger und interessanter Absatz im Koalitionsvertrag befasst sich mit dem Thema Integration. Integration Wir Alle sind Bremen – Diskriminierung und Rassismus bekämpfen, migrantische Selbstorganisierung stärken“ ist der Titel dieses Absatzes. Parolen die denen von vielen linken Gruppen ähneln und wahrscheinlich genau das sind was die Wählerschaft vor allem von Grünen und Linke hören wollen. Doch wenn man den Absatz näher unter Lupe nimmt wird der so vielversprechend klingende Titel eindrucksvoll mit reaktionären Inhalten gefüllt. So wird zwar viel von Antidiskriminierung und Antirassismus gesprochen, was im Endeffekt gerechtfertigte Forderungen sind, doch in der Hauptsache geht es in dem Absatz eben um Integration, d.h. Assimilation von Migranten in Deutschland.
Wir wollen migrantische Partizipation und Selbstorganisierung stärken. Hierfür soll das Netzwerk Selbsthilfe gestärkt und die Selbsthilfe im Bereich Integration/Migration sichtbarer gemacht und der zugehörige Selbsthilfefonds, wenn notwendig aufgestockt werden. Der Bremer Rat für Integration soll unterstützt und queer‐migrantische Selbstorganisierung beim Rat&Tat‐Zentrum verstärkt finanziell gefördert werden….Wir wollen die Integrationsarbeit nachhaltig fortsetzen und dazu die Integrationsmaßnahmen und ‐projekte aus dem Integrationsbudget, die vielfach in den Quartieren wirken, fortführen, um die begrüßenswerte Integrationsleistungen von Haupt‐ und Ehrenamtlichen in den Stadtteilen zu unterstützen. Die gesellschaftliche Integrationsaufgabe ist durch unterschiedliche soziale Voraussetzungen nicht in allen Stadtteilen und Quartieren gleich. Wir wollen die Quartiere, die sich der gesellschaftlichen Aufgabe besonders widmen, anerkennen und durch verstärkte Förderungen in ihrem Bemühen um ein gelingendes soziales Miteinander besonders unterstützen.“
Migranten sollen sich in Deutschland integrieren, d.h. assimilieren, zu „guten Deutschen“ werden. Zu Untertanen die sich dem deutschen Imperialismus beugen und nicht den gerechtfertigten Kampf gegen den Imperialismus, unter anderem auch den deutschen Imperialismus führen, der ihre Länder in Schutt und Asche gelegt hat und ihnen jegliche Grundlage zum Leben genommen hat. Werden sie nicht zu „guten Deutschen“ werden sie von den Herrschenden als „schlechte Flüchtlinge“ degradiert und häufig abgeschoben. Und genau diese Assimilation der Migranten ins Deutschtum wollen die drei Parteien mit ihrer Förderung erreichen. Außerdem ist der Ko
porativistische Charakter dieser Unterstützung von migrantischer Selbstorganisierung hervorzuheben. Ganz nach dem Faschistischen Prinzip, alles mit dem Staat und nichts gegen ihn werden angeblich selbstorganisierte Gruppen finanziert und gefördert. Doch diese Gruppen sind alles andere als selbstorganisiert. Ohne die vom Staat gestellten Mittel würden diese Gruppen überhaupt nicht existieren können. Sie stehen in vollkommener Abhängigkeit zur BRD und sind absolut unter staatlicher Kontrolle. Tatsächliche migrantische Selbstorganisierungen gegen Abschiebungen, die einen gerechtfertigten im Kern antiimperialistischen Kampf führen, werden von dem angeblich linken Regierungsbündnis links liegen gelassen, bekämpft und am Ende nicht selten abgeschoben. So wie kürzlich erst wieder ein afrikanischer Flüchtling und Aktivist der sich gegen Abschiebungen und gegen die Machenschaften der Imperialisten eingesetzt hatte. Und dieser Fall war bisher keine Ausnahme. Das Wort Abschiebungen kommt im Koalitionsvertrag übrigens nicht ein einziges Mal vor so dass das Thema entsprechend schwammig bleibt. Die einzigen Ausführungen die dazu gemacht werden sind folgende:
Unsere Asyl‐ und Flüchtlingspolitik richten wir an humanitären Maßstäben aus.“
Das ist wie gesagt das einzige was in dem über 140 Seiten langem Koalitionsvertrag zum Thema Flüchtlingspolitik geschrieben ist. Und es noch verwässerter und undeutlicher darzustellen ist wahrscheinlich unmöglich. Humanitäre Maßstäbe kann so gut wie alles bedeuten und die Koalitionsparteien machen auch keine weiteren Anstrengungen ihre Linie dazu zu definieren. Fakt ist das in der letzten Zeit auf Bundesebene immer mehr Afghanen abgeschoben worden sind. Denn laut deutschen Behörden ist Afghanistan ein sicheres Herkunftsland, so dass es aus humanitärer Sicht vermutlich unbedenklich ist Menschen in dieses Land abzuschieben. Bremen hielt in dieser Frage erst einmal die Füße still und versicherte vorerst nicht nach Afghanistan abzuschieben. Das war vor der Wahl. Doch hinter den Kulissen und im Schatten der Öffentlichkeit sieht die Sache etwas anders aus. Denn die Vermutung, dass Abschiebungen nach Afghanistan auch in Bremen vor der Tür stehen, sind keineswegs aus der Luft gegriffen und auch nicht neu. Denn schon vor einigen Monaten bekamen viele Afghanische Flüchtlinge in Bremen Schreiben, die die Lage über ihren derzeitigen Aufenthaltsstatus in der BRD offen ließen.
Im achten Punkt des Koalitionsvertrages wird sich mit dem Thema Armutsbekämpfung auseinander gesetzt. Bremen ist das Bundesland in dem die meisten Menschen von Armut gefährdet sind (22% -zum Vergleich sind in Bayern nur etwa 11% der Menschen von Armut gefährdet). Bremerhaven ist mit 28,4 Prozent Armutsgefährdung sogar im Bundesweiten Städtevergleich Spitzenreiter. Und die Tendenz ist in den letzten 10 Jahren steigend. So waren es im Jahr 2008 noch 23,5 Prozent. Das weiß auch die Koalition.
In Bremen und Bremerhaven ist die Armutsquote besonders hoch und verfestigt. Insbesondere Kinder und Jugendliche sowie Frauen sind überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen. Die Lebenslagen in den Stadtteilen sind sehr unterschiedlich.“
Die Tendenz in der BRD geht im Allgemeinen seit Jahren Berg ab. Große Teile der oberen Schicht des Proletariats und des unteren Kleinbürgertums rutschen in die Reihen des Proletariats ab, die untersten Schichten wachsen seit Jahren und das eben nicht nur im kleinsten Bundesland, sondern in der ganzen BRD. Ein Ausdruck davon, dass sich die Widersprüche sowohl in der BRD als auch auf Weltebene weiter zuspitzen. Eine Tendenz die nicht gestoppt werden wird nur weil jetzt zum ersten Mal Rot-Rot-Grün regiert.
So ist an einigen wenigen Punkten des über 140 Seiten langen Bremer Koalitionsvertrages zu sehen, was eine Rot-Rot-Grüne Regierung mit sich bringt. Erzreaktionäre Dinge die auf eine schwammige, nicht so offene Art und Weise die faschistische Tendenz des deutschen Staates zeigen. Ein Bündnis aus vermeintlich linken Kräften das zu einhundert Prozent dem deutschen Imperialismus und seinem Streben zu einer Supermacht zu werden, dient. Ein Bündnis das dies ebenso tut wie alle anderen Bündnisse bzw. Koalitionen der bürgerlichen Parteien. Die einen offen, die anderen eher verdeckt. Kein aus bürgerlichen Parteien bestehendes Bündnis wird jemals im Interesse der Arbeiterklasse, der ausgebeuteten und unterdrückten handeln. Sie alle stehen auf der Seite der Bourgeoisie. Nur die Kommunistische Partei, die in diesem Land rekonstituiert werden muss, wird den Kampf bis zur Befreiung des Proletariats führen können. Es ist die Aufgabe der Kommunisten dies zu tun und diesen großen Mangel zu beheben. Die Massen haben bereits gezeigt das sie dieses System nicht wollen, und das auch wieder in Bremen bei der diesjährigen Wahl wo wieder mal ein immenser Teil der Massen nicht wählen gegangen ist.

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