Dossier
Human
Cargo – neuer Bericht über Menschenrechtsverletzungen von Flüchtlingen
in Italien: Behandelt wie menschliche Fracht – Italien weist
Schutzsuchende nach Griechenland zurück. Der Griechische Flüchtlingsrat
und PRO ASYL veröffentlichen Bericht über willkürliche Zurückweisungen
von italienischen Häfen nach Griechenland.
Der Bericht bei Pro Asyl
basiert auf Zeugenaussagen von über 50 Schutzsuchenden, die mindestens
einmal in dieser Weise von Italien nach Griechenland zurückgewiesen
wurden. Ältere Beiträge zum Thema finden sich in der
Rubrik “italienische Flüchtlingspolitik” im LabourNet-Archiv und aktueller Zusammenhang im
Dossier: Und der nächste Schritt sind Kopfprämien? Italien schließt Antiflüchtlingsabkommen mit Libyen. Mit welcher Bande da? sowie
Dossier:
[Libyen-Deal] Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen
sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden – siehe hier zur Lage der Flüchtlinge und der Flüchtlingsretter in Italien:
- Italien bereitet dreifache Blockade im zentralen Mittelmeer vor
“Angesichts erwarteter Bombardierungen von Tripolis und Umgebung
durch die Haftar-Truppen und die Vereinigten Arabischen Emirate,
angesichts der Bombardierung des Internierungslagers Tajoura am
02.07.2019 mit 60 bis 100 Toten und unzähligen Verletzten, angesichts
der Annahme, dass mehr Internierte ausbrechen und fliehen könnten,
angesichts der Zunahme von Flüchtlingsbooten, die aus Libyen und
Tunesien eigenständig Italien erreichen, hat die italienische Regierung
eine dreifache Blockade des zentralen Mittelmeers beschlossen. Die
ersten Teile des Blockadeplans sollen sofort umgesetzt werden, da
Flüchtlingsboote auf dem Weg sind. Die erste Linie der Seeblockade sieht
vor, dass Kriegsschiffe der italienischen Marine und Patrouillenboote
der Guardia di Finanza den Zugang der italienischen Häfen und Küsten
blockieren. Ein Durchbrechen des Zufahrtsverbots, wie es die „Mare
Jonio“, die „Sea Watch 3“ und die „Alex“ praktiziert haben, soll sich
nicht wiederholen. Auch selbständige Flüchtlingsboote sollen vor
Erreichen der Häfen und Küsten aufgebracht werden. Die zweite Linie der
Seeblockade sollen Kriegsschiffe der italienischen Marine und
Patrouillenboote der Guardia di Finanza vor der libyschen und
tunesischen Küste aufbauen. Sie sollen ablegende Flüchtlingsboote
aufspüren und die Koordination der Push-Backs durch die sogenannte
libysche und auch durch die tunesische Küstenwache übernehmen. Die
dritte Linie der Seeblockade hätte die sogenannte libysche und die
tunesische Küstenwache zu bilden. Die Libyer sollen 10 italienische
Patrouillenboote zusätzlich erhalten…” Beitrag vom 8. Juli 2019 von und bei Forschungsgesellschaft Flucht & Migration e.V.
- “Und wenn die “Sea-Watch 3″ Rostock angesteuert hätte?” – Unser Kommentar dazu
“Stellen wir uns mal Folgendes vor: Rostock-Warnemünde in diesen
Tagen. Eine leichte Brise zieht über das Meer. Die Menschen liegen am
Strand oder schwimmen im Wasser, genießen ihren Urlaub. Am Horizont
taucht ein Schiff auf, steuert mit hohem Tempo auf die Hafeneinfahrt zu.
Zwei Schiffe der Bundespolizei fahren ihm entgegen, legen sich quer.
Mit Mühe wird eine Kollision verhindert. Am Strand hört man die Ansage:
“Verlassen Sie sofort die deutschen Hoheitsgewässer!” Das Schiff hat
auch einen Namen: “Sea-Watch 3″. An Bord 50 Flüchtlinge, gerettet aus
dem Meer. Mitten in der Ostsee. Jetzt lässt die Kapitänin den Anker
fallen. Was nun? (…) Wahrscheinlich passiert das Gleiche wie auf
Lampedusa. Auf der Mole würden sich zwei Gruppen bilden. Die eine würde
die sofortige Aufnahme der Flüchtlinge fordern, die andere dagegen
lautstark protestieren. “Refugees welcome” contra “Ausländer raus”. In
Berlin würde der Innenausschuss zusammentreten. Die Journalisten
versammeln sich davor. Die immer gleichen Fragen: Darf das Schiff in
Warnemünde anlegen? Dürfen die Flüchtlinge an Bord deutschen Boden
betreten? Die AfD sagt nein. Grüne und Linke sind dafür. Die FDP will es
auch zulassen, aber nach rechtsstaatlichen Verfahren. Und die Parteien
der Großen Koalition? Ein klares sowohl als auch. Man müsse den Fall
ganz genau prüfen. Alle Blicke richten sich auf Horst Seehofer. Würde er
das Schiff einfahren lassen und damit ein Zeichen setzen gegen das von
ihm kritisierte Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik? Oder würde
er der “Sea-Watch 3″ dies verwehren, wie Italiens Innenminister?…” Kolumne von Tim Herden vom 6. Juli 2019 bei MDR aktuell
- Rechtlich ist bei einer Kritik an Italien zunächst zu beachten, dass
die deutsche Regierung führend war beim Abbau der Lebensrettung im
Mittelmeer und keinesfalls einen Gegenpart zu Salvini verkörpert. Ferner
ergibt sich die fehlende Rechtmäßigkeit des Rechtsverständnisses
Salvinis aus der EU-Mitgliedschaft Italiens. Damit hat Italien auch Art.
78 AEUV und auch Art. 18 EU-Grundrechte-Charta (beides zum Asylrecht)
als bindendes Recht anerkannt (maßgeblich sind hier auch die Grundwerte
nach Art. 2 EUV). Sofern Salvini unzufrieden mit der praktischen
EU-Flüchtlingspolitik ist, steht ihm der Rechtsweg zum EuGH offen. Das
Austragen innereuropäischer Auseinandersetzungen zu Lasten der
Seenotrettung ist rechtswidrig. Wenn auch kein legaler Weg für
Asylsuchende geschaffen wurde, ist deren gewaltsame Abwehr grundsätzlich
rechtswidrig, weil das geltende Asylrecht eine Überprüfung der
Berechtigung bindend voraussetzt. Das häufig geäußerte Argument, man
wolle ja gerade mit einer radikalen Abwehr Flüchtlingen vor dem
Ertrinken und Schlepper gerade schützen, beinhaltet einen eindeutigen
Rechtsverstoß. Denn der Grund für die Flucht verschwindet nicht, wenn
man Asylberechtigte die praktische Möglichkeit eines Asylantrags
komplett verbaut. Auch bezüglich der zunächst ablehnenden
EGMR-Entscheidung handelte Carola Rackete korrekt, weil der EGMR seine
Ablehnung ausdrücklich vom Zustands der Flüchtlinge an Bord abhängig
machte.
Politisch sollte man weder Rassismus nationalisieren noch entschuldigen.
Salvini präsentiert nur einen Teil der italienischen Bevölkerung, wie
die deutsche private Lebensrettung nur von einem Teil begrüßt wird.
Ärgerlich und letztlich auch fragwürdig bleibt ohne Frage der plötzliche
Meinungsumschwung mancher deutscher Politiker. Denn Deutschland hätte
auch ohne Italien alle Flüchtlinge aufnehmen können, bevor die Sea-Watch
3 Konsequenzen ziehen musste. Nach Art. 1 Grundgesetz bestand für
Seehofer dazu sogar eine verfassungsrechtliche Verpflichtung. Auch
Deutschland darf danach innereuropäische Differenzen nicht auf den
Rücken der Asylsuchenden austragen. Äußerst fraglich ist nun auch, ob
Italien noch als sicherer Dublin-Staat behandelt werden kann und
Rückführungen nach Italien noch rechtlich möglich sind.
- Rettungsschiff »Alan Kurdi« darf doch in Malta anlegen.
Segelboot »Alex« legt in Lampedusa an – Seehofer fordert Ende der
Hafenblockade
“Kurze Irrfahrt auf der Suche nach einem sicheren Hafen: Malta hat
sich am Sonntagnachmittag bereiterklärt, alle 65 Migranten an Bord des
deutschen Rettungsschiffes »Alan Kurdi« an Land zu lassen. Die Menschen
würden umgehend auf andere europäische Länder verteilt, teilten die
Behörden Maltas am Sonntag nach Gesprächen mit der EU-Kommission und
Deutschland mit. Die Behörden in Malta hatten dem Rettungsschiff zuvor
am Sonntagmittag zunächst noch das Anlegen verboten. Gleichzeitig
meldete Sea-Eye zu dieser Zeit das drei Geflüchtete an Bord aufgrund der
Hitze zusammengebrochen seien und medizinisch versorgt werden müssen.
Die Alan Kurdi hatte zuvor angesichts massiver Drohungen der
italienischen Regierung ihren Kurs in Richtung der Mittelmeerinsel
geändert. Die »Alan Kurdi« fahre wegen des Anlegeverbots der
italienischen Behörden in Lampedusa und Strafandrohungen gegen die
Besatzung nach Malta, erklärte Sea-Eye. »Wenn die Staats- und
Regierungschefs ihre Kritik am italienischen Innenminister ernst meinen,
können sie uns auf Malta einlaufen lassen«, wurde Gorden Isler,
Einsatzleiter der »Alan Kurdi«, von Sea-Eye zitiert. (…) Zuvor war das
Segelboot »Alex« der Hilfsorganisation Mediterranea mit 41 Migranten an
Bord trotz Verbots in den Hafen von Lampedusa eingefahren. Dort wartete
am Samstagabend ein Großaufgebot von Polizisten auf das Schiff. Zuvor
hatte die Organisation den Notstand auf dem Boot ausgerufen. Die
hygienischen Bedingungen an Bord seien nicht länger tragbar, schrieb
Mediterranea nach zwei Tagen Wartens vor der Küste im
Kurzbotschaftendienst Twitter. Lampedusa sei der einzig mögliche sichere
Hafen. Innenminister Salvini von der rechtsradikalen Lega schrieb nach
dem Andocken des Schiffes bei Twitter, bei der Crew der »Alex« handele
es sich um »Schakale«. Er verbot den Menschen, das Schiff zu verlassen.
Daraufhin forderte Mediterranea den Vizeregierungschef per Twitter auf,
»die unnötige Grausamkeit« zu beenden und alle von Bord zu lassen. Das
Segelschiff wurde nach Angaben des italienischen Rundfunks
beschlagnahmt. Gegen die Besatzung wurden Ermittlungen wegen
Begünstigung illegaler Einwanderung aufgenommen. Die vor der libyschen
Küste geretteten 46 an Bord verbliebenen Migranten wurden in den Hotspot
von Lampedusa gebracht...” Beitrag vom 07.07.2019 beim ND online
- 65 Gerettete auf der „Alan Kurdi“ – Deutsches Rettungsschiff vor Lampedusa – Hafen dicht
“… Das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit 65 auf dem
Mittelmeer geretteten Migranten hat nach Angaben der Organisation
Sea-Eye trotz eines Verbots Kurs auf die italienische Insel Lampedusa
genommen. Am Samstagvormittag teilte Sea-Eye mit, dass das Schiff
inzwischen unmittelbar vor der Insel zum Stehen gekommen ist. „Wir
warten in int. Gewässern vor Lampedusa“ hieß es bei Twitter. „Die
Guardia di Finanza ist persönlich vorbei gekommen, um Salvinis Dekret zu
überbringen: Der Hafen ist zu.“ Zugleich machte die Organisation klar,
dass sie sich die Aufnahme der Geretteten in Deutschland wünscht.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) teilte am Samstag mit, dass
Deutschland dazu zum Teil bereit sei. (…) Italiens rechtspopulistischer
Innenminister Matteo Salvini hatte zuvor gesagt, die „Alan Kurdi“ könne
nicht nach Italien fahren – auch nicht im Fall einer späteren Verteilung
der Migranten auf andere europäische Staaten. Er drängte
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Brief, Verantwortung
für das Schiff zu übernehmen. Nach Angaben von Sea-Eye gaben 39 der 65
Migranten an, noch minderjährig zu sein. Der Jüngste von ihnen sei erst
zwölf Jahre alt. Insgesamt 48 der Geflüchteten stammten aus Somalia in
Ostafrika, zwei seien Libyer. Einer der Somalier habe erzählt, dass er
schon vor drei Jahren aus seiner Heimat aufgebrochen sei, drei Monate
für die Durchquerung der Wüste benötigt habe und einen Freund verloren
habe, der an der libyschen Grenze erschossen worden sei.(…)
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte die EU-Staaten
hinsichtlich der Seenotrettung zum Handeln auf. „Wir brauchen einen
Vorstoß mit den Mittelmeerländern und den aufnahmebereiten
Mitgliedstaaten der EU“, sagte Müller am Rande eines Treffens der
G7-Entwicklungs- und Bildungsminister in Paris, das am Donnerstag und
Freitag in der französischen Hauptstadt stattfand. Man habe viel zu
lange gewartet und dürfe Italien, Griechenland, Spanien und Frankreich
nicht alleinelassen. „Sea-Watch gestern ist Sea-Watch morgen“, sagte
Müller. „Wir fangen dann beim nächsten Schiff wieder mit derselben
Diskussion an.” Ausführlicher Überblick vom 06. Juli 2019 bei Tagesspiegel online mit Updates
- Die italienischen Gewerkschaften mobilisieren zur
Solidarität mit Sea Watch 3 und seiner Kapitänin – und zum Kampf gegen
Salvinis Unsicherheitsdekret // Bundesweite Demonstrationen für die
Rechte von Geflüchteten und #FreeCarola!
- 06.07.19: bundesweite Demos für die Rechte von Geflüchteten
und #freecarola! Demonstrationen in 100 Städten mit über 30.000
Menschen, allein in Berlin 8000
“… DIE MENSCHLICHKEIT WIRD ANGEGRIFFEN, ES IST ZEIT ZU HANDELN. WIR
RUFEN DEN NOTSTAND DER MENSCHLICHKEIT AUS! DIESER NOTSTAND WIRD SOLANGE
ANDAUERN, BIS SICH EUROPÄISCHE STAATEN AUF EINEN SOLIDARISCHE UND
HUMANEN VERTEILUNGSMECHANISMUS ALLER GERETTETEN VERSTÄNDIGT HABEN UND
ALLE SEENOTRETTER*INNEN WIEDER FREI SIND. Wie Carola werden wir nicht
mehr warten. Solange die EU und die europäischen Regierungen untätig
sind, werden wir, die Zivilgesellschaft, es sein, die sich schützend vor
die Menschenrechte stellt und Widerstand leistet! Wir sind eine
europaweite Gesellschaft der offenen Herzen, solidarischen Kommunen und
Sicheren Häfen. Wenn die EU nicht in der Lage ist, die Verantwortung zu
übernehmen, werden wir es tun. Schließt Euch uns an, werdet aktiv,
organisiert Demos und kommt am 06.07. auf die Straßen: Für die Rechte
von Geflüchteten, Seenotrettung ist kein Verbrechen und #freecarola…” Aus dem Aufruf von und bei Seebrücke und ebd. die Karte mit allen Demo-Planungen (wird laufend aktualisiert)
- Trotz Freilassung bleibt Sea-Watch ausgebremst
“Die Sea-Watch-Kapitänin Rackete steht nicht mehr unter Hausarrest
in Italien, die Vorwürfe gegen sie sind aber nicht vom Tisch. Während
Europa über eine Antwort auf die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer
streitet, sind die Seenotretter lahmgelegt. Hoffen und Bangen: Nach der
Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete aus ihrem Hausarrest
in Italien mischen sich Erleichterung und Forderungen nach einem Ende
der Strafverfolgung. Rackete erklärte in der Nacht zum Mittwoch auf
Twitter, die Entscheidung sei ein Sieg über die Kriminalisierung von
Helfern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, man begrüße
die Freilassung sehr. Die 31-jährige Kapitänin muss sich aber weiter
vor Gericht verantworten. Im Raum stehen Vorwürfe, dass Rackete illegale
Einwanderung begünstigt haben soll und dass ihr Schiff beim Anlegen in
Lampedusa ein Boot der Finanzpolizei touchierte. Der nächste
Gerichtstermin ist für Dienstag anberaumt, die „Sea-Watch 3“ bleibt
weiter beschlagnahmt. (…) Der italienische Innenminister Matteo Salvini
reagierte empört auf die Entscheidung. „Für die italienische Justiz ist
es offenbar kein Grund ins Gefängnis zu gehen, wenn man die Gesetze
ignoriert und ein Boot der Finanzpolizei rammt“, erklärte er in einem
Facebook-Video. Die „kriminelle Kommandantin“ werde ausgewiesen, da sie
eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sei. Rackete wartet nach
Sea-Watch-Angaben derweil in Italien auf ihren nächsten Gerichtstermin.
(…) Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD),
Heinrich Bedford-Strohm, nannte die Freilassung Racketes einen
„Punktsieg für Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit“. Zivile
Seenotretter dürften nicht kriminalisiert werden. Der
EKD-Migrationsexperte Manfred Rekowski bekräftigte, der Einsatz der
Helfer sei „kein Verbrechen, sondern die Reaktion auf ein politisches
Versagen im Blick auf den Umgang mit Flüchtlingen an den europäischen
Außengrenzen“…” Meldung vom 4. Juni 2019 bei MiGAZIN
- Carola ist frei, die Sea-Watch 3 beschlagnahmt
“Carola ist frei! Erleichtert haben wir gestern Abend erfahren, dass
Alessandra Vella, zuständige Ermittlungsrichterin in Agrigent,
weitestgehend unsere Rechtsauffassung teilt. So verwarf sie den Vorwurf,
Carola habe Gewalt gegen Kriegsschiffe angewendet und vertrat die
Auffassung, dass Carola „in Erfüllung einer Pflicht“ – der Pflicht,
Leben auf See zu retten – gehandelt habe. Ganz wichtig: Die Richterin
betonte, dass Carolas Entschluss, Lampedusa als nächsten „Place of
Safety“ (POS) anzulaufen, notwendig war. Libyen und Tunesien könnten
nicht als sichere Häfen angesehen werden. Darüber hinaus vertrat Vella
die Auffassung, dass das erst vor drei Wochen eilig erlassene
Salvini-Dekret, das jene mit 50.000 € Strafe bedroht, die Flüchtlinge in
Italien an Land gehen lassen, nicht auf Rettungseinsätze anwendbar sei,
da es sich auf Schlepper beziehe. Zur juristischen Einordnung ist es
wichtig zu verstehen, dass Frau Vella nur über die Inhaftierung zu
befinden hatte. Carola wird sich dennoch, vermutlich ab Mitte Juli, vor
Gericht verantworten müssen…” Sea-Watch-Meldung vom 3.7.2019, siehe auch die Meldung vom 3.7.19 von und bei Pro Asyl : “Notstand der Menschlichkeit”
- Sea-Watch-Kapitänin: Rackete kommt wieder frei
“Die Kapitänin der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, Rackete,
kommt wieder frei. Ein italienischer Ermittlungsrichter hob den
Hausarrest gegen die 31-Jährige auf. Innenminister Salvini will sie
ausweisen. Ein Gericht in Sizilien hat den gegen die deutsche
Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete verhängten Hausarrest aufgehoben. Das
berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur Ansa. Es seien keine
weiteren freiheitsentziehenden Maßnahmen angeordnet worden…” Meldung vom 3.7.2019 bei tagesschau.de
- [Pressekonferenz von Sea-Watch am 2. Juli 2019] “Wenn die
Geretteten die Hoffnung verlieren, haben wir auf dem Schiff ein
Pulverfass”
“Dokumentation der Pressekonferenz von Sea-Watch am 2. Juli 2019 in
Berlin zur Festnahme der Kapitänin und der Beschlagnahme des Schiffes.
Mit der Festnahme der Kapitänin Carola Rackete und der Beschlagnahme des
Schiffes “Sea-Watch 3″ durch italienische Behörden hat die
Auseinandersetzung um die Rettung von Flüchtlingen und Migranten aus
Seenot im Mittelmeer eine neue Stufe der Eskalation erreicht. Am 2. Juli
2019 führte die Nicht-Regierungsorganisation (NGO) Sea-Watch in Berlin
dazu eine Pressekonferenz durch. Marie Naass, Ruben Neugebauer und Chris
Chodotzki stellten zunächst die Lage vor und beantworteten dann Fragen.
Deutlich wurde, wie dramatisch Seenotrettungen sind und vor allem, wie
politisch der Konflikt ist…” Eine Dokumentation von Thomas Moser vom 03. Juli 2019 bei Telepolis
- UN ist gegen Bestrafung von Seenotrettern. Entscheidung der
Ermittlungsrichter über Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete wird am
Dienstag erwartet
“Anlässlich
des Falls der in Italien unter Hausarrest gestellten Deutschen
Kapitänin haben sich die Vereinten Nationen grundsätzlich gegen Strafen
für Seenotretter ausgesprochen. Der Sprecher von UN-Generalsekretär
Antonio Guterres, Stephane Dujarric, betonte am Montag in New York zwar,
dass er den Einzelfall um Carola Rackete nicht kommentieren wolle,
sagte aber: »Seenotrettung ist ein seit langem bestehender humanitärer
Imperativ, der auch völkerrechtlich vorgeschrieben ist. Kein Schiff oder
Schiffsführer sollte von Geldstrafen bedroht sein, wenn er Booten in
Seenot zu Hilfe kommt, bei denen Menschen sonst ihr Leben verlieren
würden.« (…) Im Fall der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete wird am
Dienstag eine Entscheidung des Ermittlungsrichters erwartet. Nach einer
etwa dreistündigen Vernehmung am Montag war offen geblieben, ob die
31-Jährige auf freien Fuß gesetzt oder Haftbefehl für sie erlassen wird.
Rackete verbrachte eine weitere Nacht im Hausarrest. (…) Vorwürfe der
italienischen Staatsanwaltschaft gegen Kapitänin Carola Rackete:
Widerstand gegen ein Militärschiff und Vollstreckungsbeamte; »Sea Watch
3« soll ein Boot der Finanzpolizei touchiert haben; Beihilfe zur
illegalen Migration; Menschenhandel. Staatsanwalt Luigi Patronaggio ist
der Ansicht, dass es keine gravierenden Probleme auf dem Schiff gegeben
habe. »Es gab keine Notlage«, sagte er am Montagabend. Eine ärztliche
Versorgung hätte auch außerhalb eines Hafens auf der Sea-Watch
stattfinden können. Erst vor wenigen Tagen hatte dies auch der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt. Die Richter
lehnten einen Eilantrag Racketes, mit dem Schiff in Italien anlegen zu
dürfen, ab. Ermittelt wird laut Patronaggio nun auch, ob der
Rettungseinsatz unweit der libyschen Such- und Rettungszone notwendig
war…” Agenturmeldung vom 2.07.2019 beim ND online
- Zwei Wochen vergebliches Bitten – Chronologie der „Sea-Watch 3“
“Kapitänin Carola Rackete und das Rettungsschiff „Sea-Watch
3“ stehen derzeit im Mittelpunkt der Diskussion um Flüchtlinge auf dem
Mittelmeer. MiGAZIN dokumentiert im jüngsten Fall die Ereignisse von der
Aufnahme der Flüchtlinge an Bord bis zur Überstellung Racketes nach
Sizilien…” Chronologie vom 2. Juli 2019 beim Migazin
- „Die FIOM ist bereit, sich an jeder Aktion zu beteiligen, die der
Wiederherstellung der demokratischen Ordnung dient“ – so die Kernaussage
der Pressemitteilung „Sea Watch. Re David (Fiom), arresto di Carola atto violento e incostituzionale“ am 29. Juni 2019
bei der größten Metallgewerkschaft Italiens FIOM (im Gewerkschaftsbund
CGIL), in der die Festnahme der Kapitänin als ein Akt der Gewalt, der
gegen die Verfassung verstößt, bewertet wird. Der Kampf, so wird in der
PM ausgeführt, müsse sich gegen das sogenannte Sicherheitsdekret von
Minister Salvini richten – und für die Öffnung der Häfen eintreten.
Siehe dazu auch die Presseerklärung des Gewerkschaftsbundes CGIL und
die Stellungnahme des alternativen SI Cobas Verbandes:
- „Sea
Watch: Cgil, con Carola e con tutti coloro che voglio fare della
solidarietà e dell’umanità la propria bandiera“ ebenfalls am 29. Juni
2019 bei der CGIL
worin sich der Gewerkschaftsbund bei Kapitänin und Besatzung für ihren
Einsatz bedankt und unterstreicht, dass sie nicht alleine stünden,
sondern die Zahl der Menschen, die die menschenfeindliche Politik der
Regierung kritisieren und ihr Widerstand leisten „sehr groß“ sei.
- „Nave
Sea Watch: aprire i porti non è solo una “questione umanitaria” ma un
atto elementare di solidarietà di classe“ am 29. Juni 2019 bei SI Cobas
ist eine Stellungnahme der alternativen Gewerkschaftsföderation, in der
unterstrichen wird, man stehe auf der Seite der Besatzung von Sea
Watch, die alles richtig gemacht habe, und dass der Kampf um die Öffnung
der Häfen verbunden werden müsse mit dem Kampf gegen das faschistoide
Sicherheitspaket Salvinis und für gleiche Rechte für alle, die hier
ankommen – dies sei nicht nur eine Frage des Humanismus, sondern auch
und erst recht der Klassensolidarität.
- München: 30.7., 19 Uhr, Italienisches Generalkonsulat (Möhlstr. 3)
- Montag, 1. Juli 2019 / Düsseldorf ab 16 Uhr am Rathausplatz Düsseldorf: Freiheit für Carola Rackete!
- [1. Juli in Frankfurt] »Ertrinkenlassen ist kein Konsens« –
Solidarität mit den SeenotretterInnen und Geretteten auf der »Sea Watch
3« – PRO ASYL und Hessischer Flüchtlingsrat rufen zur Mahnwache vor dem
italienischen Generalkonsulat in Frankfurt auf
“Aus Seenot gerettete Menschen sind nach dem Seerecht in den
nächsten sicheren Hafen zu bringen. Dass stattdessen das Rettungsschiff
»Sea Watch 3« mit 40 aus Seenot Geretteten an Bord seit 16 Tagen vor der
Insel Lampedusa an der Anlandung gehindert wird und der italienische
Innenminister Salvini währenddessen die RetterInnen zu kriminalisieren
versucht, ist unerträglich. PRO ASYL und der Hessische Flüchtlingsrat
rufen dazu auf, das italienische diplomatische Personal vor Ort an die
menschen- und seerechtlichen Verpflichtungen zu erinnern – zum Beispiel
in Form von Mahnwachen vor diplomatischen Vertretungen Italiens in
Deutschland. Alle DiplomatInnen sind in ihrer Funktion als
RepräsentantInnen ihrer Länder an die internationalen rechtlichen
Verpflichtungen gebunden, die ihre Staaten eingegangen sind. In einer
Demokratie steht es ihnen gut an, sich gegen Rechtsbrüche der eigenen
Regierung zu wenden. Angesichts der Eskalation im aktuellen Fall der
»Sea Watch 3« vor Lampedusa beginnen wir vor unserer Haustür und rufen
auf zu einer Mahnwache vor dem Italienischen Generalkonsulat,
Kettenhofweg 1 in Frankfurt am Montag, 1. Juli 2019 um 11:30 Uhr…” Pressemitteilung vom 28.06.2019
- Berlin: 1.7.: 07:30 Solidaritäts-Kundgebung/Dauermahnwache #freecarola, italienische Botschaft Hiroshimastr. 1
- Di. 2.7. Kiel: Demonstration “Freiheit für Carola Rackete – Seenotrettung ist kein Verbrechen!” 19 Uhr HBF
- Freiheit für Frau Rackete. Petition bei Openpetition
- Wir erinnern an das Spendenkonto: Kontoinhaber: Sea-Watch Rechtshilfefonds e.V. IBAN: DE93 4306 0967 1239 3243 00 BIC: GENODEM1GLS
- EGMR-Urteil über Rettungsschiff vor Lampedusa: „Sea-Watch 3“
darf nicht anlegen / Kapitänin will dennoch nach Lampedusa, ihr droht
eine Haftstrafe / Spendenaufruf
“Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erneut eine Niederlage einstecken
müssen. Der Gerichtshof kam dem Eilantrag des Rettungsschiffes
„Sea-Watch 3“, in Italien anlegen zu dürfen, am Dienstagabend nicht
nach. Die italienischen Behörden müssten Migranten, die wegen ihres
Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz brauchten, aber
weiterhin Unterstützung zukommen lassen, so der Gerichtshof. Das Schiff
hatte die Migranten vor rund zwei Wochen vor Libyen aufgenommen und
wartet seitdem mit 42 Geflüchteten an Bord vergeblich vor der
sizilianischen Insel Lampedusa auf eine Einfahrtserlaubnis. Da es an
Bord keine Menschen mehr gebe, die auf dem Schiff gefährdet seien, werde
derzeit kein Grund für die Anwendung der Maßnahmen gesehen, hieß es in
der Begründung der Entscheidung. Familien, Schwangere und Kranke hätten
das Boot bereits verlassen können…” Meldung vom 25.6.2019 bei der taz online , siehe dazu:
- Flüchtlinge vor Lampedusa: Zwei kranke Migranten verlassen „Sea-Watch 3“
“Seit zwei Wochen harren Dutzende Flüchtlinge vor der italienischen
Insel aus. Am frühen Morgen dürfen zwei von ihnen aus medizinischen
Gründen von Bord. Doch das Patt um das Schiff dauert an. Das Patt um das
Schiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch vor Lampedusa dauert
an. In der Nacht auf Freitag durften ein 19 Jahre alter Passagier und
sein minderjähriger Bruder aus medizinischen Gründen an Land, wie die
Besatzung mitteilte. Damit befinden sich noch 40 Migranten auf der
„Sea-Watch 3“. Als Solidaritätsbekundung übernachteten fünf italienische
Abgeordnete auf dem Schiff, unter ihnen der frühere Verkehrsminister
Graziano Delrio vom sozialdemokratischen PD und der ehemalige
Linken-Chef Nicola Fratoianni. Am Freitagmorgen kam in Lampedusa
unterdessen ein anderes Flüchtlingsboot mit etwa 15 Personen an. Das
Schiff habe ungehindert in den Hafen einfahren können, berichtete der
italienische Sender Tgcom24. Die Finanzpolizei habe die Passagiere an
der Mole in Empfang genommen…” Meldung vom 28.06.2019 bei der FAZ online
- Sea-Watch: Italiener spenden 220.000 € an deutsche NGO – Nicht alle ItalienerInnen sind Salvini-Fans! Auch wir danken, nicht zuletzt für die damit verbundene Hoffnung…
- Die Werte der EU
“Trotz des eskalierenden Streits um das Rettungsschiff Sea-Watch 3
verweigert die Bundesregierung einem deutschen Städtebündnis die
Aufnahme von 42 Flüchtlingen. Mehrere deutsche Städte bitten seit über
einer Woche, die Flüchtlinge auf der Sea-Watch 3 aufnehmen zu dürfen;
bei diesen handelt es sich teilweise um schwer traumatisierte
Folteropfer, die die italienischen Behörden nicht an Land lassen: Rom
verweigert nicht nur ihre Aufnahme, es hat die italienischen
Hoheitsgewässer kürzlich auch de facto für Rettungsschiffe gesperrt.
Aktuell gehen italienische Staatsstellen gegen die Sea-Watch 3 vor, die
wegen der gravierenden Notlage der Flüchtlinge an Bord das im
internationalen Seerecht verankerte Recht wahrgenommen hat, sich
friedlich einem italienischen Hafen zu nähern. Gegen die zunehmend
völkerrechtswidrige EU-Flüchtlingsabwehr protestieren immer breitere
gesellschaftliche Kräfte, darunter nicht nur internationale
Menschenrechtsorganisationen, sondern auch die großen christlichen
Kirchen und sogar überparteiliche Bündnisse deutscher Kommunen…” Bericht vom 28.06.2019 von und bei german-foreign-policy
- Deutsche Kapitänin fordert Salvini heraus
“Italien will verhindern, dass die „Sea Watch 3“ mit geretteten
Flüchtlingen anlegt. Doch die Kapitänin will dennoch nach Lampedusa, ihr
droht eine Haftstrafe. Die „Sea Watch 3“ der gleichnamigen deutschen
Hilfsorganisation dümpelt bereits seit zwei Wochen knapp außerhalb der
italienischen Hoheitsgewässer vor Lampedusa, dem südlichsten Punkt
Europas. Die Insel befindet sich auf Sichtweite des Schiffs, keine zwei
Stunden Fahrt entfernt. Auf dem Deck befinden sich auf engstem Raum 42
Flüchtlinge, unter der sengenden Sonne des südlichen Mittelmeers. „Die
Migranten sind verzweifelt, einige drohen mit einem Hungerstreik, andere
wollen ins Meer springen oder sich die Pulsadern aufschneiden“, betonte
die Kommandantin des Schiffs, Carola Rackete, gestern gegenüber der
italienischen Zeitung „La Repubblica“. (…) Nach dem wochenlangen
Nervenkrieg will Carola Rackete dies nun in Kauf nehmen: Sie erklärte,
dass sie die Flüchtlinge trotz des Verbots nach Lampedusa bringen werde.
„Ich habe keine andere Wahl, denn die Migranten an Bord sind am Ende
ihrer Kräfte“, sagte sie. Auch sie selber ist von der Warterei auf See
gezeichnet und sagt, dass sie in der Nacht kaum noch schlafen könne.
Rackete weiß, dass sie bei der Missachtung von Salvinis Weisung in
Italien nicht nur eine hohe Buße und die Beschlagnahmung ihres Schiffs,
sondern auch eine Anklage wegen Beihilfe zur illegalen Immigration und
wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung riskiert. Im Falle einer
Verurteilung droht ihr eine langjährige Gefängnisstrafe…” Artikel von Dominik Straub vom 25.6.2019 beim Tagesspiegel online
- Hilf Caro Menschenrechte zu verteidigen und spende an den SeaWatch-Rechtshilfefond: DE93 4306 0967 1239 3243 00
- Salvini sperrt Seenotretter und Migranten aus Anlegeverbot
in Italien soll auch für „Sea Watch 3“ und die 53 Geretteten gelten /
Petition: Sofortige Aufnahme von Sea-Watch geretteten Geflüchteten durch
Rottenburg, Kiel, Berlin!
“Italiens Innenminister will verhindern, dass vor Lampedusa wartende
Migranten an Land gehen. Für zehn von ihnen macht er offenbar eine
Ausnahme. Erst am vergangenen Dienstag hat eine Gruppe von 97
Migranten, die zuvor im Mittelmeer gerettet worden waren, Malta
erreicht. Die Mittelmeerinsel ist zum Brennpunkt der
EU-Flüchtlingspolitik geworden, seit die italienische Regierung vor
einem Jahr die Häfen für private Seenotretter sperren ließ. Am Freitag
fand nun ein Gipfel von sieben südeuropäischen EU-Ländern auf Malta
statt, und dabei wurde vor allem eines deutlich: Das harte Vorgehen des
italienischen Innenministers Matteo Salvini in den Flüchtlingspolitik
spaltet auch die informelle Gruppe der „Med 7“, der Frankreich, Italien,
Portugal, Spanien, Malta, Zypern und Griechenland angehören. Während
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der italienische Premierminister
Giuseppe Conte und die übrigen Gipfelteilnehmer ihre Differenzen mit
allgemeinen Erklärungen über den Schutz der EU-Außengrenzen zu
überdecken suchten, hat die EU angesichts der aktuellen Lage eines
Schiffs der deutschen Hilfsorganisation „Sea Watch“ ganz konkreten
Handlungsbedarf. Die „Sea Watch 3“ liegt 15 Kilometer vor der
italienischen Insel Lampedusa in internationalen Gewässern. Nach dem
Willen von Salvini soll das Anlegeverbot für Seenotretter auch für das
Schiff gelten, das am Mittwoch 53 Migranten vor der libyschen Küste
geborgen hatte. Am Nachmittag teilte das italienische Innenministerium
jedoch mit, dass zehn der geretteten Migranten in Italien an Land gehen
könnten. Innenminister Matteo Salvini habe eine entsprechende Erlaubnis
gegeben. Es handele sich unter anderem um drei Minderjährige, zwei
Schwangere und zwei kranke Männer. Die „Sea Watch 3“ darf jedoch
weiterhin keinen italienischen Hafen anlaufen…” Artikel von Albrecht Meier vom 15.06.2019 beim Tagesspiegel online , siehe zuvor/dazu:
- Sea-Watch fordert Anlandung der 43 geretteten Personen bis zum morgigen Weltflüchtlingstag
“Da ihnen bereits seit 7 Tagen ein sicherer Hafen verweigert wird,
befinden sich die 43 von der Sea-Watch 3 geretteten Personen immer noch
an Bord des Schiffes. Sea-Watch ruft daher europäische
Entscheidungsträger*innen auf, eine Anlandung umgehend zu ermöglichen.
Diese unhaltbare Situation darf sich am Weltflüchtlingstag nicht
fortsetzen. Die Lösung wäre da, mehr als 60 Städte haben die
Bereitschaft erklärt Menschen aufzunehmen…” Sea-Watch-Pressemitteilung vom 19.6.2019
- Petition: Sofortige Aufnahme von Sea-Watch geretteten Geflüchteten durch Rottenburg, Kiel, Berlin!
“Vor zwei Tagen hat die Sea-Watch als letztes freies ziviles
Seenotrettungsschiff 53 Geflüchtete aus akuter Seenot gerettet. Schon
wieder darf das Schiff, mit Kindern und einer schwangeren Frau an Bord,
keinen Sicheren Hafen anfahren. Das Innenministerium schweigt weiter und
kommt seiner Pflicht, die Menschenrechte zu schützen, nicht nach. Im
Gegenteil hierzu haben sich bis heute 60 Kommunen bereit erklärt, aus
Seenot gerettete Geflüchtete zusätzlich aufzunehmen und in ihren
Kommunen willkommen zu heißen. (…) Nur das Innenministerium muss dieser
Aufnahme zustimmen. Wir fordern das Innenministerium dazu auf, geben Sie
Ihr Ja und lassen Sie die Menschen sofort in Rottenburg, Kiel und
Berlin ankommen!” Petition bei change.org – siehe zum Hintergrund
- Kein Zugang zum sicheren Hafen. Regierender Bürgermeister
von Rottenburg kritisiert Blockadehaltung der Bundesregierung bei der
Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen.
“Die Städte Berlin und Rottenburg machen es vor: Auf dem
Seebrücke-Kongress in Berlin haben am Donnerstag und Freitag rund 150
Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft neue Wege
für die Umsetzung der kommunalen Aufnahme von aus Seenot geretteten
Menschen diskutiert. Den Worten der rund 60 Städte, die sich
mittlerweile zu sicheren Häfen erklärt haben, sollen nun Taten folgen,
waren sich die Teilnehmer*innen einig. Der Oberbürgermeister des
baden-württembergischen Rottenburg hat sich daher am Freitag
bereiterklärt, die Geflüchteten, die am Mittwoch von der Sea-Watch 3 aus
Seenot gerettet wurden, aufzunehmen. »Ich sehe es als humanitäre
Pflicht, den 53 Menschen in Rottenburg einen Sicheren Hafen zu geben«,
sagte Neher (CDU). (…) Die Sprecherin der Seebrücke-Bewegung, Maura
Magni, bezeichnet die Bereitschaft zur Aufnahme der Menschen als
»richtigen Schritt«: »Sichere Häfen sind kein Lippenbekenntnis. Viele
weitere Städte sollten nach diesem Beispiel politische Taten folgen
lassen«, so Magni. Kurz zuvor hatte sich auf dem Kongress das Bündnis
»Städte Sicherer Häfen« gegründet. Zwölf Städte, darunter Rottenburg und
Berlin, bekräftigten ihre Bereitschaft zur zusätzlichen Aufnahme von
Geflüchteten aus dem Mittelmeer. (…) »Die Bundesregierung spitzt mit
ihrer Migrationspolitik die humanitäre Krise auf dem Mittelmeer zu«,
meint Seebrücke-Sprecherin Magni. Immer mehr Städte nähmen das jedoch
nicht mehr hin. Magni hofft, dass durch das Städtebündnis der Druck auf
die Bundesregierung steigt: »Jetzt darf sich auch das BMI nicht länger
quer stellen«, fordert sie…” Bericht von Marie Frank bei neues Deutschland vom 14. Juni 2019 und unser Dossier: Städte
der Zuflucht: Mit geöffneten Armen – Immer mehr kommunale Regierungen
begehren gegen die europäische Abschottungspolitik auf
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 15.6.19: 10
gerettete Menschen der #SeaWatch3 wurden gerade aus medizinischen
Gründen von den italienischen Behörden übernommen. 43 bleiben an Bord,
darunter 3 unbegleitete Minderjährige, der Jüngste erst 12. 43 Menschen
mit unveräußerlichen Rechten, dem Recht auf einen sicheren Hafen!
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 15.6.19: Auf der
#SeaWatch3 warten wir bereits 3 Tage auf einen sicheren Hafen, während
der nächste nur wenige Meilen entfernt ist. Nun kündigt das MRCC Rom
eine Gesundheitskontrolle an Bord an. Wir können da aushelfen: Alle
brauchen Schutz. Alle brauchen festen Boden unter den Füßen.
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 14.6.19: Die
#SeaWatch3 wartet nach wie vor auf einen sicheren Hafen! Unterstützt
unsere Freund*innen von @_Seebruecke_ in ihrer Petition, um eine
Aufnahme der 53 Geretteten in #Deutschland zu erreichen
- Twitter-Meldung von Sea-Watch vom 12.6.19: Die Crew
der #SeaWatch 3 hat soeben 52 Menschen aus Seenot gerettet, etwa 47
Meilen vor Zawiya, #Libyen. Das Boot wurde heute Morgen vom
@PVolontaires-Flugzeug Colibri entdeckt. Wir werden nicht aufhören,
Menschenleben auf See zu verteidigen
- Hohe Geldstrafen für Seenotrettung: Der Tod wird in Kauf genommen
“Von der einst linken Hochburg Italien ist nicht mehr viel übrig.
Hier gibt die rechte Lega den Ton an und setzt – beflügelt vom Sieg bei
der EU-Wahl – weitere Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik durch.
Nun hat die Regierung in Rom beschlossen, dass Hilfsorganisationen, die
Migranten im Mittelmeer retten, hohe Geldstrafen zahlen müssen, wenn sie
italienische Hoheitsgewässer ohne Genehmigung erreichen. Die Folgen
sind absehbar. Weil Italien die Seenotrettung behindert, werden immer
mehr Menschen auf der Überfahrt von Nordafrika nach Europa ertrinken.
Die Lega und ihre Koalitionspartner, die Fünf Sterne, nehmen dies in
Kauf. Auch die Bundesregierung befürwortet insgeheim, dass Italien an
den EU-Außengrenzen Türsteher spielt. Eine andere Flüchtlingspolitik
kann es nur geben, wenn die italienische Linke ihre Krise überwindet…” Artikel von Aert van Riel vom 12.06.2019 beim ND online – siehe auch:
- Hilfsschiffe im Mittelmeer: Italien geht gegen Flüchtlingshelfer vor
“… Italiens rechtspopulistische Regierung verschärft ihre
Gangart gegen Hilfsorganisationen, die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer
retten. Kapitänen, Eignern und Betreibern von Schiffen, die “ohne
Genehmigung in italienische Hoheitsgewässer eindringen”, drohen künftig
bis zu 50.000 Euro Geldstrafe, wie Innenminister Matteo Salvini nach
einer Kabinettssitzung in Rom sagte. Die Rettungsschiffe werden in dem
vom Kabinett verabschiedeten Erlass zwar nicht ausdrücklich erwähnt, sie
wären von der Regelung aber betroffen. Schiffe, die wiederholt gegen
den Erlass verstoßen, würden beschlagnahmt, sagte Salvini. Das Vorhaben
muss noch vom Parlament verabschiedet werden, in dem die Koalition aus
Salvinis fremdenfeindlicher Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung die
Mehrheit stellt. (…) Der Erlass sieht auch härtere Strafen für Angriffe
auf Polizisten vor. Wer Baseballschläger, Stöcke oder Feuerwerkskörper
gegen die Beamten einsetzt, muss demnach mit bis zu vier Jahren Haft
rechnen. Demonstranten, die ihr Gesicht vermummen, um nicht
identifiziert zu werden, können zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei
Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 6000 Euro verurteilt werden…” Meldung vom 12. Juni 2019 bei tagesschau.de
- Iuventa: »Uns drohen 20 Jahre Knast«
“Wer in Italien »Beihilfe zur illegalen Einwanderung« leistet, wird
hart bestraft. Auch Seenotretter sollen kriminalisiert werden. Hendrik
Simon ist einer davon. (…) Es ist natürlich ein mulmiges Gefühl zu
wissen, dass im schlimmsten Fall 20 Jahre Knast drohen – für etwas, das
eigentlich nicht bestraft werden sollte, etwas, das selbstverständlich
sein sollte, nämlich Menschen aus Lebensgefahr zu retten. Deshalb macht
es mich eher wütend, weil Schiffe nicht mehr rausfahren können und wir
daran gehindert werden, Menschen zu retten…” Interview von Johanna Treblin vom 01.06.2019 beim ND online (im Abo)
- Abgeschobene Flüchtlinge: Aus Deutschland in die Obdachlosigkeit
“… In kein anderes EU-Land hat Deutschland im vergangenen Jahr so
viele Flüchtlinge zurückgeführt wie nach Italien. Doch dort landen viele
von ihnen auf der Straße, ohne einen Anspruch auf Unterkunft,
Verpflegung oder medizinische Versorgung. Das ergaben Recherchen des
ARD-Magazins möglich macht das ein italienisches Gesetz: Schon wenn ein
Asylbewerber eine Sammelunterkunft für kurze Zeit und ohne Angabe von
Gründen verlässt, kann ihm das Recht auf Unterbringung entzogen werden.
(…) Mindestens 40.000 Flüchtlinge haben deshalb allein in den Jahren
2016 und 2017 ihren Anspruch auf eine Unterkunft verloren. Dies ergibt
sich aus Auskünften etwa der Hälfte aller italienischen Präfekturen
gegenüber der italienischen Zeitschrift “Altreconomia”. (…) Nach
Monitor-Recherchen in verschiedenen italienischen Städten dauert diese
Praxis bis heute an und betrifft auch zahlreiche “Dublin-Rückkehrer” aus
Deutschland. (…) Die Verweigerung einer Unterkunft verstoße eindeutig
gegen europäisches Recht, wonach Flüchtlingen mindestens Unterkunft,
Verpflegung und eine medizinische Grundversorgung gewährt werden müsse,
sagt der Europarechtler Thomas Giegerich von der Universität des
Saarlandes. Die Bundesregierung müsse die Rückführung von Flüchtlingen
nach Italien daher sofort stoppen: “Wenn wir eine Gesetzeslage haben in
Italien, die dazu führt, dass Hunderte oder Tausende Asylbewerber in die
Obdachlosigkeit, ins Menschenwürde-widrige Existieren geschickt werden,
dann darf Deutschland solche Personen nicht mehr nach Italien
rückführen, bis die Lage in Italien sich ändert.” (…) Im
Bundesinnenministerium wird aktuell “keine Notwendigkeit gesehen, von
der Entscheidungspraxis des BAMF abzuweichen”, heißt es auf Anfrage. Es
gelte der “Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den
Mitgliedstaaten der EU”…” Bericht vom 23. Mai 2019 bei tagesschau.de zum Monitor-Beitrag vom 23. Mai 2019 in der ARD-Mediathek
- Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH: Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien
“… Gestützt auf Berichte von NGOs, Auskünfte von Kontaktpersonen in
Italien, internationale Medien und eigene Beobachtungen (inkl.
Dokumentation der Situation von überstellten Personen) geht die SFH von
einer zunehmenden Verschlechterung der Situation von Asylsuchenden und
Personen mit Schutzstatus in Italien aus. Verletzliche Asylsuchende –
inkl. Personen, die unter der Dublin-III-VO nach Italien überstellt
werden – werden in «normalen» Aufnahmezentren untergebracht. Die
Aufnahmezentrender ersten Stufe (für Asylsuchende) haben infolge der
neuen Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen mit erheblichen
Budgetkürzungen zu kämpfen. Diese Kürzungen führen zu einer enormen
Verringerung des Personalbestands und der Betreuung der Asylsuchenden.
Der Mangel an medizinischem und psychologischem (Fach-)Personal erlaubt
weder die Identifizierung vulnerabler Personen noch deren angemessene
Betreuung und Behandlung. Der Zugang zu adäquater medizinischer und
psychologischer Versorgung gemäss den rechtlichen Vorgaben ist in
Italien nicht sichergestellt. Insbesondere verletzliche Asylsuchende
sollten deshalb aus Sicht der SFH nicht nach Italien überstellt werden,
da die Aufnahmebedingungen nicht den rechtlich vorgegebenen
Mindeststandards entsprechen. Das Salvini-Gesetz, das am 5. Oktober 2018
vorübergehend als Dekretin Kraft getreten und am 1. Dezember 2018 in
der italienischen Gesetzgebung aufgenommen wurde, macht es den
italienischen Behörden unmöglich, Garantien bezüglich den
Aufnahmebedingungen für dieim Rahmen der Dublin-Verordnungzu
überstellenden Asylsuchenden abzugeben. Ohne den
ErhaltentsprechenderGarantien ist die Überstellung von Familien nach
Italien nicht rechtmässig.” Fazit der SFH-Analyse von Margarite Zoeteweij und Adriana Romer vom 8. Mai 2019
- Flüchtlinge auf Lampedusa an Land gegangen / Salvini empört und will Notverordnung mit Strafen / »Sea-Watch 3« beschlagnahmt
“Vier Tage nach der Rettung von 65 Bootsflüchtlingen durch die
deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch haben die italienischen Behörden
deren Hilfsschiff beschlagnahmt und die Migranten an Land gebracht. Die
italienische Finanzpolizei setzte die »Sea-Watch 3« am Sonntag in
italienischen Gewässern fest. Die verbliebenen 47 Migranten an Bord
wurden am Abend in Motorbooten auf die Insel Lampedusa gebracht. Der
rechtsradikale Innenminister Matteo Salvini reagierte empört. Die
Hilfsorganisation erklärte: »Die Häfen sind offen! Die italienischen
Behörden haben die Anlandung unserer verbliebenen Gäste erlaubt«,
schrieb Sea-Watch am Sonntagabend auf Twitter. »Wir sind froh, dass die
Verfassung in Italien mehr Macht hat, als ein Minister, der laut UN das
Recht bricht. Unser Dank gilt der italienischen Bevölkerung«. Zur
Beschlagnahme ihres Schiffes machte Sea Watch keine Angaben. (…) Salvini
präsentiert sich hier als Verteidiger Italiens gegen illegale
Einwanderung. Er plant derzeit dazu eine Notverordnung, die dem Kabinett
womöglich bereits am Montag zur Abstimmung vorgelegt wird. Diese sieht
vor, dass der Innenminister die Befugnis erhält, Schiffen die Einfahrt
in italienische Gewässer aus Gründen der öffentlichen Ordnung zu
untersagen. Geplant ist überdies, dass Hilfsschiffe für jeden Migranten,
den sie ohne Erlaubnis nach Italien bringen, 3500 bis 5500 Euro Strafe
zahlen müssen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte rief Italien
in einem Brief an das Außenministerium in Rom dazu auf, diese
Notverordnung nicht zu beschließen…” Beitrag vom 20.05.2019 beim ND online
- Beschlagnahmt und der der Begünstigung illegaler Einwanderung beschuldigt – Sea-Watch-Crew: „Wir haben kein Gesetz gebrochen“
“… Nach einem Rettungseinsatz im Mittelmeer mit 65 Überlebenden muss
sich erneut ein Kapitän vor den Behörden verantworten. Nach der
Beschlagnahmung des Schiffs „Sea-Watch 3“ hat die Staatsanwaltschaft im
italienischen Agrigent am Montag wegen des Verdachts der Begünstigung
illegaler Einwanderung Ermittlungen gegen Kapitän Arturo Centore
aufgenommen, wie örtliche Medien berichteten. Die Organisation
„Sea-Watch“ mit Sitz in Berlin betonte unterdessen: „Wir haben kein
Gesetz gebrochen.“ Vielmehr habe sich die Organisation erneut für das
Seerecht und die Genfer Flüchtlingskonvention eingesetzt, erklärte der
Missionsleiter des Schiffes, Philipp Hahn. (…) Die Bundesregierung
wollte den konkreten Fall nicht kommentieren. Ein Sprecher des
Auswärtigen Amts sagte, man sei bereit, sich bei der Verteilung der
Geretteten solidarisch zu beteiligen. Gemeinsam mit einem Sprecher des
Bundesinnenministeriums verwies er zudem auf die Bemühungen, auf
europäischer Ebene zu einer Lösung für die unter Druck geratene
Seenotrettung und Verteilung der Migranten zu kommen. Der Sprecher des
Innenministeriums betonte zudem, eine pauschale Kriminalisierung
privater Seenotretter lehne man ab. Ähnlich äußerte sich die
stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz. Auf See habe jeder
das Recht und die Pflicht, Menschen aus Not zu retten, sagte sie. Das
Engagement der Retter verdiene Respekt. Gleichzeitig rufe die
Bundesregierung aber dazu auf, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen,
geltendes Recht zu achten und Seenotrettung nicht als Instrument der
Steuerung von Migration zu betrachten.” Beitrag vom 21.5.2019 beim Migazin
- Sea-Watch rettet 65 Menschen aus Seenot vor libyscher Küste.
Italiens Innenminister Salvini verkündet: »Unsere Häfen sind und
bleiben geschlossen«
“Die Hilfsorganisation Sea-Watch hat nach eigenen Angaben 65
Menschen von einem Schlauchboot vor der Küste Libyens gerettet. Unter
ihnen seien elf Frauen, eine Person mit Behinderung, zwei Babys, fünf
Kinder und acht unbegleitete Jugendliche, teilte die Organisation am
Mittwoch mit. Das in Seenot geratene Boot sei zuvor rund 30 Seemeilen
vor der libyschen Küste von einem zivilen Aufklärungsflugzeug entdeckt
worden. Viele der geretteten Menschen hätten unter Erschöpfung,
Dehydrierung und Seekrankheit gelitten, erklärte Sea-Watch. Die Behörden
in Malta, Italien und Libyen wurden demnach über die Rettung
informiert. Auch die Niederlande, unter deren Flagge das Rettungsschiff
»Sea-Watch 3« fährt, seien informiert worden. Italiens Innenminister
Matteo Salvini von der rechtsradikalen Lega reagierte umgehend. Er
warnte das zivile Rettungsschiff davor, sich italienischem
Hoheitsgewässer zu nähern. »Unsere Häfen sind und bleiben geschlossen«,
bekräftigte er. Salvini verbietet seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr
privaten Hilfsorganisationen, mit ihren Schiffen in Italien anzulegen.
(…) Die EU hat die Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer vorerst
eingestellt. Auch die meisten Hilfsorganisationen können ihre
Rettungsmissionen wegen politisch gewollter Hürden nicht mehr aufrecht
erhalten…” Meldung von und bei neues Deutschland vom 16. Mai 2019 , beachte aktuelle Meldungen bei Sea-Watch
- Salvini lässt Flüchtlinge wieder nicht an Land:
Rassistischer Innenminister erbost über Rettung von Flüchtlingen vor
libyscher Küste / Auch privates Schiff darf nicht anlegen
“… Der italienischen Küstenwache droht nach der Rettung von 36
Migranten vor der libyschen Küste erneut Streit mit Innenminister Matteo
Salvini. Noch vor der Mitteilung der Küstenwache, die Flüchtlinge vor
dem drohenden Untergang ihres Boots gerettet zu haben, kündigte der Chef
der rassistischen Lega an, dass er die Menschen auf keinen Fall ins
Land lassen werde. Es gebe keinen Hafen, den das Patrouillenschiff
»Cigala Fulgosi« anlaufen könne, sagte Salvini bei einem
Wahlkampfauftritt für die EU-Parlamentswahl. »Ich bin Minister, um die
Grenzen zu verteidigen, Schmuggler zu stoppen, Illegale auszuweisen und
die Italiener zu schützen«, sagte Salvini. Die Küstenwache erklärte, sie
sei unter anderem zum Schutz des italienischen Schiffs »Capri«
abgestellt worden, das der libyschen Küstenwache im Hafen von Tripolis
logistische Unterstützung gebe. Dabei habe sie rund 140 Kilometer vor
der Küste Libyens das kenternde Flüchtlingsboot entdeckt und deren
Insassen vor dem Ertrinken gerettet, darunter auch zwei Frauen und acht
Kinder. Dies sei »in Übereinstimmung mit dem italienischen und
internationalen Recht« geschehen…” Meldung von und bei neues Deutschland vom 10. Mai 2019 , siehe dazu auch:
- Flüchtlinge gerettet – Salvini verärgert
“Im Mittelmeer sind 66 Menschen von der italienischen Küstenwache
und einer privaten Organisation vor dem Ertrinken gerettet worden. Für
Italiens Innenminister ist das ein Ärgernis – er machte seinem Unmut
sofort Luft. Die italienische Marine und ein Schiff einer privaten
Rettungsorganisation haben auf dem Mittelmeer Dutzende Flüchtlinge
aufgenommen. Die Marine rettete nach eigenen Angaben vor der libyschen
Küste 36 Menschen vor dem Ertrinken, darunter zwei Frauen und acht
Kinder. Das Schiff “Mare Jonio” der italienischen Organisation
Mediterranea nahm 30 weitere Menschen auf, darunter zwei schwangere
Frauen und vier Minderjährige. Der rechte italienische Innenminister
Matteo Salvini kündigte noch vor der Mitteilung der Küstenwache über die
Rettung an, dass er die Flüchtlinge auf keinen Fall ins Land lassen
werde. (…)Entgegen der anfänglichen Weigerung Salvinis ließ Italien die
Flüchtlinge später aber schließlich doch an Land. Die 36 von dem
Marineschiff aufgenommenen Menschen wurden nach Sizilien gebracht,
nachdem sich Deutschland, Frankreich, Malta und Luxemburg dazu bereit
erklärt hatten, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Die 30 von der
Organisation Mediterranea Geretteten trafen auf der Insel Lampedusa ein…” Meldung vom 10.05.2019 bei tagesschau.de
- Festung Europa: Salvinis Spion
“Eigentlich war es Pietro Gallos Job, auf einem
Seenotrettungsschiff für Sicherheit zu sorgen. Dann machte er eine
merkwürdige Beobachtung und informierte den heutigen Innenminister. Nun
drohen zehn SeenotretterInnen zwanzig Jahre Haft. (…) In den frühen
Morgenstunden des 2. August, so wird Gallo später erfahren, wurde im
Hafen von Lampedusa die «Iuventa», das Seenotrettungsschiff der deutschen NGO Jugend
rettet, von den italienischen Behörden festgesetzt. Als Begründung
wurde der Crew eine 551 Seiten lange Akte vorgelegt, die die
ErmittlerInnen in Italien über Monate hinweg erstellt hatten. Der
Verdacht: Beihilfe zur illegalen Migration nach Italien. Angeführt
werden in der Akte drei Verdachtsmomente, der erste datiert vom 10.
September 2016. Die vermeintlichen Belege: Zeugenaussagen, Berichte
verdeckter ErmittlerInnen, abgehörte Telefongespräche. Ein Name, der
immer wieder auftaucht: Pietro Gallo. Eineinhalb Jahre später, im
Frühjahr 2019, in einem fensterlosen Büro im römischen Viertel San
Giovanni. Pietro Gallo trägt einen blauen Pullover über einem blau
karierten Hemd, hat die dünnen grauen Haare nach oben gegelt. Er hat
sich zu diesem Treffen bereit erklärt, um seinen Fehler zu erläutern.
Einen Fehler, in dessen Anschluss Gallo mit dem Tod bedroht wird und
Matteo Salvini italienischer Innenminister ist, während kein einziges
Rettungsboot mehr auf dem Mittelmeer kreuzt und zehn ehemaligen
Mitgliedern der «Iuventa»-Crew in Italien bis zu zwanzig Jahre Haft
drohen. (…) «Ich dachte, dass Salvini seine Möglichkeiten als
EU-Parlamentarier nutzt, um auf europäischer Ebene eine humanitäre
Lösung zu finden, damit weniger Menschen ertrinken», sagt Gallo. «Jetzt
bin ich mir sicher: Er würde nicht davor zurückschrecken, Flüchtlinge an
die Wand zu stellen.»… “ Beitrag von Bartholomäus von Laffert vom 9. Mai 2019 aus der WOZ Nr. 19/2019
- Italien beschlagnahmt Hilfsschiff “Mare Jonio” / 49 Migranten an Bord gingen an Land in Lampedusa
“Nach der Rettung von 49 Migranten im Mittelmeer muss das
Rettungsschiff vorerst im Hafen bleiben. Offenbar ermittelt die
italienische Staatsanwaltschaft wegen Begünstigung illegaler Migration.
Italienische Behörden haben das Schiff “Mare Jonio” beschlagnahmt. Das
Rettungsschiff wurde in den Hafen von Lampedusa eskortiert, wo 49 zuvor
gerettete Migranten an Land gehen sollten. Die Staatsanwaltschaft von
Agrigent auf Sizilien ermittele gegen unbekannt wegen Begünstigung
illegaler Migration, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Im
Innenministerium wurden erste Befragungen der Besatzung noch an diesem
Abend für möglich gehalten…” Meldung vom 19.03.2019 beim Spiegel online
- Lektion „Mare Jonio“: Gute Vorbereitung, klarer Kurs, Lob der Entschlossenheit
“Wie ist zu erklären, dass es dem NGO-Schiff „Mare Jonio“ gelang,
nicht nur die Rettung durchzuführen, angesichts der auftauchenden
sogenannten libyschen Küstenwache, der blockierenden Guardia di Finanza
(GdF) und dem wütenden Innenminister Matteo Salvini („Verhaftet sie!“),
sondern auch die Geretteten an Land zu bringen und einer sofortigen
Verhaftung zu entgehen? Der Kapitän wurde nach Verhör bis heute Nacht um
zwei Uhr in der Kaserne der GdF, in Begleitung des Schiffseigners und
des Parlamentariers Erasmo Plazzotto, entlassen und ein Verfahren wurde
nicht eingeleitet. Warum wurde das NGO-Schiff zunächst „nur“ für 48
Stunden beschlagnahmt? Eine Antwort für den Erfolg findet sich in der
Klarheit und Entschlossenheit der Besatzung der „Mare Jonio“ und ihrer
politischen Gruppen. (…) Sodann nahm die „Mare Jonio“ das Solidarbündnis
zu den Bürgermeistern der von diesen deklarierten offenen Häfen und zu
den Parlamentarier*innen beim Wort und ließ sich nicht auf die Polemik
und Personalisierung des Innenministers Salvini ein. Durch diese
Klarheit und Entschlossenheit entstand in Windeseile eine landesweite
Konfrontation gegenüber Salvinis flüchtlingsfeindlichem Kurs. (…) Warten
wir den heutigen Tag ab. Wird das Solidarbündnis halten? Wird die
Kriminalisierung des Kapitäns der „Mare Jonio“ endgültig abgewendet?
Wird es eine positive Wende in der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer
geben?” Beitrag vom 20. März 2019 von und bei FFM-ONLINE – Forschungsgesellschaft Flucht & Migration e.V., siehe dort auch „Mare Jonio“: Kapitän sieht dem Ermittlungsverfahren gelassen entgegen und weitere aktuelle Berichte
- Salvini lässt Schiff mit geretteten Flüchtlingen nicht
anlegen. Schiff mit 49 Flüchtlingen an Bord steuert auf Lampedusa zu /
»Mare Jonio« derzeit das einzige private Hilfsschiff im zentralen
Mittelmeer
“Nach der Rettung von 49 Flüchtlingen vor der libyschen Küste durch
ein italienisches Hilfsschiff hat Italiens Innenminister Matteo Salvini
der Forderung nach einem Anlegen in einem italienischen Hafen eine
Absage erteilt. »Die Häfen wurden und bleiben geschlossen«, schrieb
Salvini am Montagabend im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das
italienische Hilfsschiff »Mare Jonio« hatte die Schutzsuchenden zuvor
vor der libyschen Küste gerettet, während die libysche Küstenwache
präsent war. Das Hilfsbündnis Mediterranea teilte mit, das Schlauchboot
mit den Flüchtlingen an Bord sei rund 40 Seemeilen vor Libyen in Seenot
geraten und gesunken. Unter den Geretteten seien zwölf Minderjährige.
Die Menschen seien bereits zwei Tage im Mittelmeer unterwegs gewesen und
»erschöpft und dehydriert«. Die Organisation bat Italien darum, einen
Hafen zum Anlegen zu nennen. Die »Mare Jonio«, die unter italienischer
Flagge fährt, steuert demnach auf die italienische Insel Lampedusa zu.
Der dortige Hafen sei »der sicherste«. Die »Mare Jonio« ist derzeit das
einzige zivile Hilfsschiff im zentralen Mittelmeer…” Agenturmeldung vom 19.03.2019 beim ND online
- Flüchtlingslager abgerissen. Italien: Zukünftige Unterbringung hunderter Bewohner unklar
“Die italienische Regierung hat am Mittwoch ein improvisiertes
Flüchtlingslager im Süden des Landes abreißen lassen. Hunderte Menschen
mussten ihre Behelfsunterkünfte in San Ferdinando verlassen, während
Bulldozer unter den Augen von rund 600 Polizisten das Lager
niederrissen, wie Innenminister Matteo Salvini mitteilte. »Wie
versprochen… haben wir Worten Taten folgen lassen«, sagte der
Vorsitzende der neofaschistischen Lega-Partei. In San Ferdinando waren
im vergangenen Jahr vier Flüchtlinge bei Bränden ums Leben gekommen.
Nach dem Tod des 29jährigen Senegalesen Moussa Ba hatte die Regierung in
Rom angekündigt, das Lager abreißen zu lassen. Bas Leiche war nach
einem Feuer in einem Wohnwagen gefunden worden. Das Flüchtlingslager,
das am Rande der kalabrischen Stadt Rosarno liegt, hatte
zwischenzeitlich mehr als 1.500 Bewohner. Die meisten von ihnen
arbeiteten ohne Papiere und unterbezahlt in Olivenhainen und
Orangenplantagen. Salvini hatte zwar angekündigt, die Menschen würden
umgesiedelt, italienische Medien zitierten dagegen Lagerbewohner, die
noch nicht wussten, wo sie künftig leben sollten. Viele von ihnen hatten
Angst, von dort nicht mehr zur Arbeit kommen zu können. Die
italienische Organisation Ärzte für Menschenrechte (Medu) kritisierte
die Räumung des Lagers als rücksichtslos. Ohne einen genauen Plan für
die Unterbringung der Menschen werde das Problem in San Ferdinando aber
nicht gelöst. Es entstünden ansonsten immer neue »Ghettos«...” Agenturmeldung in der jungen Welt vom 07.03.2019
- Kein Pardon für Menschenretter: Weil er Geflüchtete im
Mittelmeer vor dem Ertrinken rettete, wird gegen den Bremer Hendrik
Simon in Italien ermittelt. Ihm drohen 20 Jahre Haft.
“Als er anfing, Menschen zu retten, machte sich Hendrik Simon keine
Gedanken darüber, ob das strafbar sein könnte. Zwischen September 2016
und Mai 2018 ist der Bremer auf drei verschiedenen Schiffen auf hohe See
gefahren, um Flüchtende vor dem Ertrinken zu retten. Sechsmal war er im
Einsatz, jeweils zwei bis drei Wochen steuerte er das Beiboot,
verteilte Schwimmwesten und kümmerte sich um die Computertechnik an
Bord. Allein die „Iuventa“ hat auf diese Weise in einem Jahr mehr als
14.000 Menschen das Leben gerettet. (…) Den Seenotrettern mangelt es
aber nicht nur an geeigneten Schiffen; vor allem raten ihnen ihre
Anwälte ab: Im Juli 2018 wurde Simon und neun weiteren Mitgliedern der
Iuventa-Crew mitgeteilt, dass mittlerweile auch gegen sie persönlich
ermittelt wird. „Beihilfe zur illegalen Einreise“ heißt der Vorwurf. Als
Wiederholungstäter könnte Simon sofort in U-Haft kommen – also bleibt
er lieber an Land. „Dass ermittelt wurde, weil wir Menschen geholfen
haben, war ein Schock“, erinnert sich Simon. Ein weiterer Schock: Das
mögliche Strafmaß. In einem besonders schwerwiegendem Fall wie seinem
stehen auf die Beihilfe zur illegalen Einreise in Italien bis zu 20
Jahre Haft. (…) Mit der Höchststrafe muss die Crew wohl kaum rechnen.
Tatsächlich wurden bisher alle Helfer, die wegen ähnlicher Vergehen auf
See angeklagt wurden, nicht verurteilt. Schließlich geht es bei der
Rettung aus Seenot meist um einen Notstand. „Selbst wenn man da Gesetze
brechen sollte, wird man eigentlich frei gesprochen, weil es eben
wichtiger ist, Menschenleben zu retten“, erklärt Simon. (…) Bei aller
Zuversicht, dass ein Prozess gut ausgehen würde – „20 Jahre Haft“, das
bleibt eine schwerwiegende Drohung. Würde er, mit diesem Wissen von
heute, noch einmal auf See fahren? Lange überlegen muss der Informatiker
nicht: „Also ehrlich gesagt: Dass Menschen retten strafbar sein soll,
das ist absurd. Und wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der das so
ist, dann nehme ich diese Strafe in Kauf.“ Beitrag von Lotta Drügemöller vom 4. März 2019 bei der taz online
- Schiff verwanzt, Telefone abgehört, Spitzel auf Schiff und
Sea-Watch-Kapitänin Pia Klemp angeklagt: »Die Vorwürfe sind
knüppelhart«
“Pia Klemp hat mehr als 1000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. In
Italien wird nun gegen sie wegen Verdachts auf Beihilfe zu illegaler
Einwanderung ermittelt. (…) Die Ermittlungen laufen wegen des Verdachts
auf Beihilfe zu illegaler Einwanderung. In Kürze wird es eine Anhörung
geben, bei der entschieden wird, ob Laptops und Handys, die im August
2018 von unserem Schiff beschlagnahmt worden sind, ausgelesen werden
dürfen. (…) Wir haben durch die italienische Presse davon erfahren.
Woher die ihre Informationen hatte, wissen wir nicht. Vermutlich haben
italienische Beamten die Daten durchgestochen. Besonders gruselig daran
ist, dass vollständige Namen, Geburtsdaten und Wohnadressen
weitergereicht worden sind. (…) Im Zuge der Ermittlungen ist dann
herausgekommen, dass Ihr Schiff über mehrere Monate verwanzt worden ist.
Ja, das war ziemlich beklemmend, schließlich haben wir auf dem Schiff
nicht nur gearbeitet, wir haben dort gelebt. Als wir dann erfahren
haben, dass das Schiff mehrere Monate verwanzt war, dass Telefone
abgehört worden sind, dass vier verschiedene Ermittlungsbehörden,
darunter der italienische Geheimdienst, gegen uns gearbeitet haben, dass
es Spitzel auf anderen Schiffen gab – das war schockierend, mit welchem
Riesenapparat und welchem Aufwand da gegen die Seenotrettung
vorgegangen worden ist...” Interview von Fabian Hillebrand vom 02.02.2019 im ND online – – siehe zum Hintergrund das Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Schon wieder blockiert Italien ein Flüchtlingsrettungsschiff
“… Schon wieder europäisches Tauziehen um ein Rettungsboot auf dem
Rücken der Flüchtlinge: Italien hat die niederländische Regierung
aufgefordert, eine Lösung für das Schiff »Sea-Watch 3« einer deutschen
Hilfsorganisation zu finden. Ein entsprechender Brief sei an Den Haag
gegangen, erklärte Innenminister Matteo Salvini am Freitag. Das Boot
fährt unter niederländischer Flagge und hatte vor einer Woche 47
Flüchtlinge vor Libyen aufgenommen. Die niederländische Regierung jedoch
wies die Verantwortung zurück. »Es ist Aufgabe des Kapitäns der
«Sea-Watch3», in der Nähe einen sicheren Hafen zu finden«, erklärte das
für Asylfragen zuständige Justizministerium auf dpa-Anfrage in Den Haag.
Migranten ohne Recht auf Asyl müssten an der europäischen Außengrenze
gestoppt oder zurückgeschickt werden. Ohne eine derartige strukturelle
Lösung würden die Niederlande keine Migranten mehr aufnehmen. Die
Antwort ist absurd, vor allem, da die Seenotrettungsstelle zuständig
ist, der »Sea-Watch3« einen Hafen zuzuweisen. Diese liegt in der
italienischen Hauptstadt Rom. (…) In einer Online-Petition fordert
»Sea-Watch« die Zuweisung eines sicheren Hafens: »Wir fordern die
europäische Kommission auf: Ziehen Sie ein für alle mal einen
Schlussstrich unter das würdelose Geschachere mit Menschen«, heißt es in
der Petition, die bereits 35.000 Menschen unterschrieben haben. (…) Für
die Flüchtlinge an Bord und auch für die Crew ist das Ausharren auf See
eine schreckliche Erfahrung. Eine der Kapitäninnen der »Sea-Watch«, Pia
Klemp, schildert das gegenüber »nd«: »Es ist wie eine zweite
Traumatisierung. Die Menschen sind gerettet, aber müssen über Tage im
ungewissen auf dem Schiff ausharren. Manchmal zusammen mit Toten, die
wir ebenfalls bergen und an Land bringen«…” Beitrag von Fabian Hillebrand bei neues Deutschland vom 25. Januar 2019 – siehe zum Hintergrund das Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Italien: Wachsender Widerstand gegen Salvinis Migrationskurs
“Durch neue Sicherheitsgesetze der italienischen Regierung werden
einige bisher legale Migranten in die Illegalität getrieben – so die
Befürchtung der Bürgermeister vieler große Städte, darunter Palermo und
Neapel. Sie wollen das Gesetz blockieren und sich weigern, ihre Häfen
für Migranten zu schließen. (…) Dabei geht es Italiens populistischer
Regierung gar nicht so sehr um die Zahlen. Es geht darum, Ängste zu
schüren und Härte zu zeigen. Zum Beispiel mit dem neuen
Sicherheitsgesetz, das das Parlament vor kurzem beschlossen hat. Bis zu
140.000, sogenannte irreguläre Migranten könnten bald ohne Papiere
dastehen – dürfen keine Arbeit annehmen, haben kein Aufenthaltsrecht,
schätzen Experten. Viele kleinere Flüchtlingsunterkünfte sollen
geschlossen werden. Doch es regt sich Protest: Vertreter der
katholischen Kirche laufen gegen die Gesetze Sturm. Und auch einige
Bürgermeister drohen offen mit Ungehorsam, zum Beispiel Leoluca Orlando,
seit Jahren schon Bürgermeister von Palermo: „Dieses Gesetz hat nur den
Zweck Legale zu Illegalen zu machen – und sie in die Verzweiflung zu
treiben, in die Hände organisierter Banden. Ich habe verfügt, dass das
ausgesetzt wird und die Richter sollen entscheiden, ob dieser Beschluss
des Parlaments rechtens ist. Und wenn die Richter das nicht klären
können, muss eben das Verfassungsgericht entscheiden.“ Und Orlando ist
nicht allein: Der Widerstand kommt aus Parma und Florenz, aus Bologna
und Mailand. Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris hat seine Bürger
aufgefordert, solidarisch zu sein. Er kritisiert, dass Grundrechte eine
Frage der Hautfarbe geworden sind und will auch vor das
Verfassungsgericht ziehen…” Artikel von Jan-Christoph Kitzler vom 08.01.2019 beim Deutschlandfunk , siehe zum aktuellen Fall die neuesten Beiträge im Dossier: Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben und dazu:
- Ungehorsame Bürgermeister – Verwaltungschef von Kommunen
weigern sich, migrantenfeindliches Sicherheitsgesetz anzuwenden. Breite
Solidarität mit Widerstand
“Zahlreiche Bürgermeister in Italien weigern sich, das von
Innenminister und Vizeregierungschef Matteo Salvini, eingebrachte
rassistische und gegen die Verfassung verstoßende »Sicherheitsgesetz«
anzuwenden. Zu ihnen gehören bekannte Linke wie Leoluca Orlando aus
Palermo, Luigi de Magistris aus Neapel und Giuseppe Sala aus Mailand. Es
gehe nicht nur um die Haltung zu Migranten oder die Öffnung der Häfen
für Schiffe mit Flüchtlingen, sondern um »die Bürger- und Menschenrechte
für alle«, erklärte Orlando im Internet. Salvini beziehe eine
»umstürzerlerische Position«, die von einem »kulturellen Verfall« zeuge,
heißt es in der per Facebook verbreiteten Erklärung des Bürgermeisters
von Palermo weiter. »Heute beginnt es mit den Migranten, und morgen
folgen die anderen.« Mit Bezug auf die faschistische Vergangenheit sagte
Orlando, »solche Regimes haben in der Geschichte schon immer mit
unmenschlichen ›Rassengesetzen‹ angefangen, die als Sicherheitsgesetze
getarnt wurden«. Er kündigte an, gerichtlich dagegen vorzugehen. Auch
Mitglieder der in Rom mitregierenden »Fünf-Sterne-Bewegung« (M 5 S)
protestierten. Bereits bei der Abstimmung Ende Dezember hatten mehrere
Abgeordnete und Senatoren der M 5 S gegen das Gesetz votiert. Auslöser
war die beispiellose Brutalität, mit der das Gesetz vor den
Weihnachtsfeiertagen gegen Flüchtlinge in Süditalien angewandt worden
war. Dort wurden etwa 39.000 Asylsuchende aus »Aufnahmezentren«
vertrieben und auf die Straße gesetzt. Die Gemeinden wurden angewiesen,
für Schutzsuchende auch keine Kosten mehr zu übernehmen. Hinzu kam, dass
Salvini den beiden Schiffen der Organisationen »Sea-Watch« und
»Sea-Eye«, die seit zwei Wochen mit 49 Flüchtlingen an Bord im
Mittelmeer kreuzen, das Anlaufen italienischer Häfen verbot. Die
Kapitäne bezeichnete er als »Komplizen von Schmugglern, Menschen- und
Drogenhändlern«…” Beitrag von Gerhard Feldbauer bei der jungen Welt vom 8. Januar 2019 , siehe dazu:
- Italien: Widerstand gegen Salvinis Migrationsgesetz weitet sich aus
“… Der Widerstand gegen das neue Sicherheits- und
Migrationspaket der italienischen Regierung wächst. Die Präsidenten der
Regionen Toskana, Kalabrien und Piemont haben den Gang zum
Verfassungsgericht angekündigt. Sie fordern, dass die
Verfassungsmäßigkeit des von Innenminister Matteo Salvini entworfenen
Migrationspakets geprüft wird. Nach einem Bericht des Ö1-Morgenjournals
hat die toskanische Regionalregierung am Montagabend die Anfechtung beim
Verfassungsgericht beschlossen. Auch mehrere linksgerichtete
Bürgermeister stemmen sich gegen den Plan. (…) Die Toskana könne nicht
nur, sondern müsse gegen das neue Migrations- und Sicherheitsgesetz
vorgehen, sagte der Präsident der Region Toskana, der Linkspolitiker
Enrico Rossi. Innenminister Salvini betreibe damit Propaganda und löse
keine Probleme, so Rossi. Seiner Meinung nach müssten die Migranten in
Einwohnerverzeichnissen registriert werden, um ihnen die Hilfestellungen
zu ermöglichen, die nach der Verfassung vorgesehen seien…” Beitrag vom 8. Januar 2019 von der Redaktion ‘Die Presse’
- [Italien] Heuchelei der Regierung – Rassistischer
Innenminister Salvini lässt Zehntausende Flüchtlinge aus Unterkünften
vertreiben
“In Italien hat die Verfolgung von Flüchtlingen durch die
Koalitionsregierung von rassistischer Lega und rechter
»Fünf-Sterne-Bewegung« in der Weihnachtzeit einen neuen Höhepunkt
erreicht. Die Lega propagierte zu dem christlichen Fest, »die
kulturellen Wurzeln und Werte des Abendlandes und insbesondere unseres
Landes« hochzuhalten. Zudem pries die Partei die Krippe als »Symbol der
Weihnachtsbotschaft, einer Botschaft von Liebe, Frieden und Toleranz
gegenüber jedermann«. Davon ausgenommen sind Asylsuchende, wie unter
anderem der linksliberalen Zeitung Il Fatto Quotidiano zu entnehmen war.
Gegen Flüchtlinge ist noch vor den Feiertagen mit beispielloser
Brutalität das im November beschlossene »Sicherheitsgesetz« des
Lega-Chefs und Innenministers Matteo Salvini durchgesetzt worden. Etwa
39.000 Asylsuchende wurden aus »Aufnahmezentren« vertrieben und auf die
Straße gesetzt. Darunter befinden sich Familien mit Kleinkindern,
kranke, z. B. traumatisierte, Menschen. Mehrere Präfekten, darunter in
Kalabrien, Basilikata und Sizilien, haben die Gemeinden angewiesen,
Flüchtlinge unverzüglich aus den Unterkünften auszuweisen und für sie
auch keine Kosten mehr zu übernehmen. Das bisher aus humanitären Gründen
gewährte Aufenthaltsrecht wird damit entzogen…” Artikel von Gerhard Feldbauer in der jungen Welt vom 27. Dezember 2018
- Kapitänin Pia Klemp [und weitere]: Schuldig der Solidarität –
dafür drohen der Seenotretterin in Italien jetzt 20 Jahre Haft.
Straftatbestand: „Beihilfe zur illegalen Einreise“. Unterstützt ”
SOLIDARITY AT SEA”!
“Über 6.000 Seemeilen weit hat Pia Klemp Schiffe durchs Mittelmeer
gesteuert, um Ausschau nach Schiffbrüchigen zu halten. Mit ihren Crews
hat sie tausenden Menschen das Leben gerettet. Dafür drohen der
Seenotretterin jetzt 20 Jahre Haft. Straftatbestand: „Beihilfe zur
illegalen Einreise“. Die italienische Staatsanwaltschaft hat
Ermittlungen gegen zehn Freiwillige der Organisation Jugend Rettet
eingeleitet, eine von ihnen ist Pia Klemp. Sie war es, die im August
2017 die IUVENTA in den Hafen von Lampedusa steuerte, bevor das
Rettungsschiff von den italienischen Behörden festgesetzt wurde. In der
Untersuchungsakte heißt es, abgehörte Telefonate und Fotos von
verdeckten Ermittlern lieferten Beweise dafür, dass die
Seenotretter*innen mit Schleusernetzwerken aus Libyen
zusammenarbeiteten. Die Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung der
IUVENTA sei lückenhaft, sagen Wissenschaftler. Ein Team der Goldsmiths
University in London hat die Vorwürfe mit allen verfügbaren Daten
abgeglichen und kam zum Schluss: Die Behauptungen sind falsch. Trotzdem
muss sich Pia Klemp auf ein langes Verfahren einstellen. Mit den anderen
Betroffenen hat sie deshalb das Kollektiv Solidarity at Sea
gegründet: um Spenden für die Prozesskosten zu sammeln, um sich mit
anderen Kriminalisierten zu vernetzen, um geschlossen aufzutreten, wenn
die Anklage im Frühjahr kommt…” Artikel von Theresa Leisgang vom 20. Dezember 2018 bei Mosaik , siehe auch:
- Er steht bald in Italien vor Gericht: Potsdamer Seenotretter droht lange Gefängnisstrafe
“Ein Notfallsanitäter aus Potsdam soll sich in Italien wegen
Beihilfe zur illegalen Einwanderung verantworten. Ihm droht eine lange
Haftstrafe und eine empfindliche Geldstrafe. Sascha Girke ist
übernächtigt, wütend und hat Angst. Dem 39 Jahre alten Potsdamer drohen
bis zu 20 Jahre Haft wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Der
gelernte Rettungsassistent war bis Mitte 2017 Einsatzleiter bei einer
Seenotrettungsmission, die im Mittelmeer tausende Flüchtlinge rettete.
Dafür müssen sich er und andere Helfer vermutlich im kommenden Jahr vor
einem italienischen Gericht nun verantworten. Vor wenigen Wochen war
Girke bereits bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft vorgeladen. Dort
wurde ihm die Anklage der italienischen Behörde ausgehändigt, wie er
jetzt den PNN erzählte. Die Vorwürfe gehen auf sein Engagement bei
diversen Hilfseinsätzen zur Bergung von Flüchtlingen zurück. Unter
anderem war er 2016 und 2017 auf dem Rettungsschiff „Iuventa“ der
Berliner Hilfsorganisation „Jugend Rettet“ im Einsatz, die nach seinen
Worten mehr als 14.000 Menschen aus Seenot rettete – bis die
italienische Polizei das Schiff, ein mittels Spenden umgebauter
Fischkutter, im August 2017 auf Lampedusa durchsuchte und
beschlagnahmte. (…) Genaueres ist noch unklar, eine umfassende
Akteneinsicht habe man noch nicht nehmen können. Bekannt sei allerdings
schon, dass das Schiff vor der Beschlagnahmung mindestens drei Monate
lang verwanzt war, ferner Telefone der Helfer abgehört wurden. „Das
macht einem alles Angst.“ Sollte die Anklage wegen Beihilfe zur
illegalen Einwanderung in eine Verurteilung münden, drohen Girke bis zu
20 Jahre Haft und eine Geldbuße von 15.000 Euro pro nach Italien
gebrachter Person. Der Potsdamer Seenotretter und etwa zehn Mitstreiter
bereiten nun ihre Verteidigung vor, Tag und Nacht. Dabei gehe es nicht
nur um die lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse, sondern dazu gehöre
auch die Spendenakquise. Denn die Gerichtskosten in Italien seien hoch,
schon allein Kopien der Akten seien teuer. „Unsere Anwälte rechnen mit
einer sechstelligen Gesamtsumme“, sagt Girke. Um das alles zu stemmen,
gibt es inzwischen eine Internetseite namens „Solidarity at Sea“, auf
der zu Spenden für die „Iuventa“-Crew aufgerufen wird…” Artikel von Henri Kramer vom 20.12.2018 bei PNN
- siehe dazu im LabourNet u.a. auch: Jugend rettet. Der Film »Iuventa« ist ein ergreifendes Porträt der Seenotrettung unter extremen politischen Bedingungen
- [Mare Jonio] NGOs schicken neues Schiff aufs Meer
“… Hilfsorganisationen haben gegen den Willen der italienischen
Regierung ein neues Schiff aufs Mittelmeer geschickt. Das
Beobachtungsschiff des Projekts „Mediterranea“ soll vor allem die
„dramatische Lage“ der Migranten auf der Flucht aufdecken, hieß es in
einer Mitteilung der Organisatoren am Donnerstag. Die „Mare Jonio“ sei
von Italien aus gestartet und werde vor Libyen im Einsatz sein, sagte
Ruben Neugebauer, Sprecher der deutschen NGO Sea Watch, die das Projekt
unterstützt. Das Schiff „Mare Jonio“ soll unter anderem Zeugenberichte
sammeln und aufzeigen „wie Frauen, Männer und Kinder enormen Gefahren
ausgesetzt sind“, weil es keine Rettungsschiffe mehr gebe, hieß es in
einer Mitteilung der Organisatoren. Das Schiff sei aber auch
ausgerüstet, im Notfall Menschen aus Seenot zu retten, ergänzte
Neugebauer. „Es geht letztlich darum, Menschen zu retten.“ Beteiligt an
der Aktion sind mehrere italienische Organisationen, unterstützt wird es
auch von Parlamentariern und der spanischen NGO Proactiva Open Arms.
Die Crew komme aus Italien, sagte Neugebauer. Das Schiff soll am Samstag
in der Such- und Rettungszone vor Libyen ankommen…” Meldung vom 5. Oktober 2018 in der taz online
- Todesrate auf dem Mittelmeer so hoch wie nie – Die Blockade
der Häfen durch die italienische Regierung lässt die Todeszahlen im
Mittelmeer steigen
“Seit Matteo Salvini von der strammrechten Lega-Partei im Juni
diesen Jahres als Innenminister im Amt ist, ist privaten Hilfsschiffen
und auch denen aus der Berufsschifffahrt, die Flüchtlinge im Mittelmeer
gerettet hatten, die Einfahrt in italienische Häfen verboten. Die
Konsequenzen dieser Politik sind tödlich: In den vier Monaten seit
Salvini als Innenminister regiert, sind die Todeszahlen gestiegen – auf 8
Tote am Tag. Unter der Vorgängerregierung lag die Quote bei 3.2 Toten
am Tag, wie eine Auswertung der Daten durch das Italienischen Institut
für internationale Politik ergab. Diesen Trend bestätigen auch andere
Zahlen. Laut der Internationalen Organisation für Migration sind im
September 19 Prozent der Menschen, die über das Mittelmeer geflohen
sind, bei dem Versuch ertrunken. Jeder Fünfte. Es ist die höchste
Todesrate, seit es verlässliche Daten gibt…” Beitrag von Fabian Hillebrand bei neues Deutschland vom 4. Oktober 2018
- Seehofer und Salvini spielen “Migrantentausch”
“Wer hat nun gewonnen – Merkel, Seehofer oder Salvini? Das ist die
Frage, nachdem sich Deutschland und Italien auf ein Rücknahmeabkommen
geeinigt haben. Es führt zum Migrantentausch – aber nicht zu einer
“europäischen Lösung”. Erinnert sich noch jemand an den
Flüchtlingsstreit zwischen der Kanzlerin und ihrem Innenminister? Er
hätte fast die Regierung gesprengt. Merkel wollte eine “europäische
Lösung”, Seehofer wollte Rückführungen an der Grenze zu Österreich.
Merkel war damals die “Gute”, Seehofer der “Böse”. Beim EU-Gipfel im
Juni kämpfte Merkel – so die deutschen Medien – wie eine Löwin für die
“europäische Lösung”. In Wahrheit kämpfte sie um ihre Haut – für
bilaterale Rücknahmeabkommen. Zwei solche Abkommen hat sie selbst
ausgehandelt, mit Spanien und Griechenland. Nun folgt das dritte, für
das Seehofer zuständig war. Und siehe da: es ähnelt wie ein Ei dem
Merkel’schen Modell. Für jeden abgewiesenen Migranten aus Bayern kommt
ein neuer aus Italien…” Kommentar vom 13. September 2018 von und bei Eric Bonse – siehe dazu:
- Der Rechtsstaat wird gezielt ausgehebelt. PRO ASYL
kritisiert die Rücknahmeabkommen der Bundesregierung mit Italien,
Spanien und Griechenland.
“»Hier versucht die Bundesregierung am Europa-Recht vorbei einen
faktisch rechtsfreien Raum zu schaffen, in dem die Bundespolizei unter
Aushebelung der Rechtswegegarantie des Grundgesetzes und des
Europa-Rechts handelt. Mit dem nun verabredeten Deal verhindert die
Bundesregierung systematisch, dass das Behördenhandeln durch Gerichte
korrigiert werden kann. Der 1-zu-1-Handel mit Italien ist ein Kuhhandel
auf dem Rücken von Schutzbedürftigen,« sagt Günter Burkhardt,
Geschäftsführer von PRO ASYL. »Für jeden nach Italien Zurückgeschobenen
soll ein aus Seenot geretteter Mensch in Deutschland aufgenommen werden.
Das Recht auf Leben und Rettung aus Seenot wird ausgespielt gegen das
Recht auf Asyl!« Eine Zurückweisung geregelt durch ein geheim
gehaltenes, bilaterales Abkommen ist nicht rechtens…” PM vom 13.09.2018
- Flüchtlinge auf der “Diciotti”: Italien will Migranten nach Libyen zurückbringen
“Ein Schiff der italienischen Küstenwache mit 177 Flüchtlingen an
Bord darf derzeit in keinem europäischen Hafen anlegen. Seit drei Tagen
treibt es vor der Insel Lampedusa. Nun droht Italien, die Migranten
zurück nach Libyen zu eskortieren. (…) Das Schiff “Diciotti” hatte am
Donnerstag 190 Migranten von einem Boot in der Such- und Rettungszone
Maltas aufgenommen. Die Italiener brachten 13 Menschen, die dringende
medizinische Hilfe benötigten, auf die italienische Mittelmeerinsel
Lampedusa. Die anderen Migranten sollten nach Malta gebracht werden.
Dafür wurde dem italienischen Schiff aber von Malta die Erlaubnis
verweigert. “Entweder entscheidet sich Europa ernsthaft, Italien konkret
zu helfen, angefangen zum Beispiel bei den 180 Einwanderern an Bord der
‘Diciotti’, oder wir werden gezwungen sein, das zu tun, was das
Geschäft der Menschenhändler für immer beendet”, sagte Innenminister
Matteo Salvini. “Das heißt, die auf See aufgegriffenen Menschen zurück
nach Libyen zu eskortieren.”…” Meldung vom 19.08.2018 beim Speigel online – siehe dazu auch:
- »Diciotti« in Italien: Salvini erhebt Vorwürfe gegen Geflüchtete
“Italiens rechter Innenminister twittert das Migranten nicht vor
Hunger und Krieg fliehen. Von den 144 von dem Schiff »Diciotti« in
Italien an Land gegangenen Flüchtlingen sind nach Angaben des rechten
italienischen Innenministers Matteo Salvini 50 untergetaucht. Sie seien
spurlos aus Aufnahmeeinrichtungen verschwunden, schrieb Salvini am
Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. (…) Die Geflüchteten hätten
»so sehr Bedarf an Schutz, einem Dach über dem Kopf und einer Decke
gehabt, dass sie entschieden zu gehen und zu verschwinden«, schrieb
Salvini. »Das ist die x-te Bestätigung, dass diejenigen, die in Italien
ankommen, keine Skelette sind, die vor Krieg und Hunger fliehen«,
schrieb der Minister der rassistischen Lega-Partei. (…) Der Minister
setzt damit seinen Anti-Flüchtlingskurs fort. Dabei wird aktuell eine
Klage geprüft, die ihm fünf schwere Vergehen gegen Menschenrechte
vorwirft. In der Anklageschrift wird ihm erpresserische Geiselnahme,
schwerer Menschenraub, gesetzeswidrige Freiheitsberaubung und
Unterlassung von Amtshandlungen vorgeworfen. Bei einer Verurteilung
drohen ihm bis zu 30 Jahre Haft…” Beitrag von und bei neues Deutschland vom 6. September 2018
- Sizilien: Flüchtlinge der „Diciotti“ an Land gegangen /
Ermittlungen gegen den italienischen Innenminister Salvini wegen
Freiheitsberaubung
“Zehn Tage nach ihrer Rettung im Mittelmeer dürfen Flüchtlinge auf
Sizilien an Land gehen. Gegen den italienischen Innenminister Salvini
wird wegen Freiheitsberaubung ermittelt. Die rund 150 Bootsflüchtlinge,
die an Bord eines Schiffes der italienischen Küstenwache im Hafen von
Catania auf Sizilien festsaßen, sind in der Nacht zum Sonntag an Land
gegangen. Innenminister Matteo Salvini erteilte nach Berichten des
italienischen Rundfunks die dafür nötige Genehmigung, nachdem die
Staatsanwaltschaft Agrigent Ermittlungen eingeleitet hatte. Der Chef der
rechtsnationalen Lega steht im Verdacht, sich durch das Festsetzen der
zehn Tage zuvor im südlichen Mittelmeer geretteten Flüchtlinge der
Freiheitsberaubung, der unrechtmäßigen Festnahme und des Amtsmissbrauchs
schuldig gemacht zu haben. Irland und Albanien erklärten sich nach
Angaben des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte bereit, je
20 Flüchtlinge der „Diciotti“ aufzunehmen. Die übrigen würden von der
katholischen Kirche versorgt. Ursprünglich waren 177 Migranten an Bord
des Schiffes, einige von ihnen waren aus Gesundheitsgründen bereits in
den Tagen zuvor an Land gelassen worden…” Beitrag vom 27.8.2018 beim Migazin
- Diciotti-Drama: Anklage wegen Freiheitsberaubung? Die
Migranten an Bord des Schiffs der italienischen Küstenwache dürfen nicht
an Land. Salvini besteht auf der “australischen Lösung”. Di Maio droht
der EU
” 27 Minderjährige durften gestern gegen 23 Uhr im Hafen der
sizilianischen Stadt Catania von Bord der Diciotti gehen, um in ein
Aufnahmezentrum zu kommen. Das Schiff der italienischen Küstenwache
hatte am vergangenen Mittwoch 190 Personen, die aus Libyen geflüchtet
waren, von zwei kleineren Patrouillenbooten der italienischen
Küstenwache übernommen. (…) Der Streit ist bislang noch nicht beigelegt,
nach längerem Hin- und Her wurde gestattet, dass das Schiff der
italienischen Küstenwache in einem italienischen Hafen anlanden konnte.
Allerdings durfte außer 13 Personen, die klinisch behandelt werden
mussten, und den eingangs genannten Minderjährigen und Kindern niemand
das Schiff verlassen. (…) Mehr als 140 Personen (die genauen
Zahlenangaben sind unterschiedlich) sind noch an Bord. Da es Migranten
aus Afrika sind, weigert sich der italienische Innenminister Matteo
Salvini, sie in Italien an Land gehen zu lassen. Die EU soll die
Neuankömmlinge unter ihren anderen Mitgliedstaaten verteilen, Italien
hat in den letzten Jahren schon genug aufgenommen, lautet seine Haltung.
(…) Dass die Minderjährigen gestern Nach von Bord gehen konnten, war
eine Konsequenz des vorhergehenden Besuchs des Staatsanwalts von
Agrigento, Luigi Patronaggio, an Bord der Diciotti. Dieser stellte ein
paar Schwierigkeiten fest, wie die Zeitung Corriere della Sierra
berichtet. Es gebe aus medizinischer Sicht mehrere Fälle von Krätze. Aus
juristischer Sicht gebe es “auf jeden Fall” die Auflage, dass
unbegleitete Minderjährige nach den internationalen Konventionen und dem
italienischem Recht von Bord gehen. Darüber hinaus stellte er die
Legitimität des erzwungenen Aufenthalts auch der Erwachsenen an Bord der
Diciotti infrage…” Artikel von Thomas Pany vom 23. August 2018 bei telepolis
- Nach tagelangem Streit: “Diciotti” legt auf Sizilien an – Von Bord gehen dürfen die Flüchtlinge dort allerdings noch nicht
“Nach mehreren Tagen im Mittelmeer ist ein Schiff der italienischen
Küstenwache mit 177 Migranten an Bord im sizilianischen Catania
eingelaufen. Allerdings dürfen die Geretteten das Schiff zunächst nicht
verlassen, wie die Nachrichtenagentur Ansa in der Nacht zu Dienstag
berichtete. Verkehrsminister Danilo Toninelli von der
Fünf-Sterne-Bewegung hatte dem Schiff am Montag zwar die Erlaubnis für
die Einfahrt in den Hafen gegeben. Innenminister Matteo Salvini von der
rechten Lega will die Menschen allerdings nicht an Land gehen lassen,
solange es keine “Antworten von Europa” gebe, verlautete aus Kreisen des
Ministeriums. (…) Im Lauf des Tages hatte sich auch die Europäische
Union in die Diskussion um das Schiff eingeschaltet. Man versuche,
Länder zu finden, die bereit seien, in dem Fall zu helfen, hatte die
EU-Kommission mitgeteilt. Sprecherin Tove Ernst schränkte jedoch ein,
dass die Kommission keine Befugnis habe, Such- und Rettungseinsätze zu
handhaben oder zu sagen, wo die Zuwanderer an Land gehen sollten…” Meldung vom 21.08.2018 bei tagesschau.de
- Migranten aus Libyen: Nun ist die italienische Küstenwache das Problem
“Italiens Innenminister Salvini will weiterhin keine Boote
mit Migranten in Italien anlanden lassen, auch nicht, wenn sie an Bord
eines Schiffs der eigenen Küstenwache sind. Dieses Mal ist es kein
deutsches NGO-Schiff mit einer niederländischen oder gibraltarischen
Flagge, das für politische Probleme sorgt, sondern ein Schiff der
italienischen Küstenwache. Die “Diciotti” wartet mit 177 Migranten an
Bord vor Lampedusa darauf, dass man ihr einen Anlandungshafen zuweist.
Zwischen Italien und Malta gibt es Streit darüber, da sie sich
gegenseitig die Verantwortung zuweisen…” Artikel von Thomas Pany vom 20. August 2018 bei telepolis
- Folgen der italienischen Blockade: Schiffe ignorieren offenbar Hilferufe von Ertrinkenden
“Das Rettungsschiff “Aquarius” hat Menschen aus Seenot gerettet –
darf sie in Italien aber nicht an Land bringen. Güterschiffe sehen sich
deswegen offenbar veranlasst, Menschen nicht mehr zu retten. (…) Nun hat
Italiens Politik offenbar Folgen für das Prinzip der Seenotrettung
insgesamt. Laut Ärzte ohne Grenzen beginnen andere Schiffe im
Mittelmeer, Hilferufe von Ertrinkenden zu ignorieren. Gerettete an Bord
der “Aquarius” hätten der Besatzung berichtet, dass sie vor der Rettung
fünf Schiffe in der Nähe gesehen hatten – diese aber keine Hilfe
leisteten…” dpa-Meldung vom 13.08.2018 bei T-online
- Illegaler Push-Back: Gerettete nach Libyen verfrachtet. Italienischer Innenminister lobt Schiff für Rückführung
“Ein italienisches Schiff hat Medienberichten zufolge im Mittelmeer
gerettete Migranten zurück nach Libyen gebracht. Das
UNO-Flüchtlingshilfswerk erklärte am Dienstag auf Twitter, die
Informationen würden geprüft. »Libyen ist kein sicherer Hafen und diese
Handlung könnte internationales Recht verletzt haben.« Bei dem Schiff
soll es sich um den Schlepper »Asso 28« handeln, der bei einer
Ölplattform im Mittelmeer arbeite. Ein Sprecher der Internationalen
Organisation für Migration (IOM) bestätigte, dass die »Asso 28« nach
Libyen gefahren sei. Einzelheiten seien noch unklar. Libyen hatte Ende
Juni eine eigene Such- und Rettungszone eingerichtet, die sich auch auf
internationale Gewässer erstreckt. Dort ist nun die Rettungsleitstelle
des Bürgerkriegslandes für die Koordination von Einsätzen zuständig und
weist Schiffen einem Hafen zu. Italiens Innenminister Matteo Salvini
schrieb auf Facebook: »Die libysche Küstenwache hat in den vergangenen
Stunden 611 Migranten gerettet und zurückgebracht. Die NGOs protestieren
und die Schlepper verlieren ihr Geschäft? Gut so, wir werden so
weitermachen!«…” Agenturmeldung vom 31.07.2018 beim ND online
- Italien ermittelt gegen Flüchtlingsretter
“Betroffen sind deutsche Crewmitglieder der “Iuventa” des Berliner
Vereins “Jugend rettet” sowie Helfer der internationalen Organisationen
“Ärzte ohne Grenzen” und “Save the Children”. Die Staatsanwaltschaft im
sizilianischen Trapani hat Ermittlungen gegen mehr als 20 Helfer wegen
des Verdachts der Unterstützung illegaler Migration nach Italien
aufgenommen. (…) Außerdem waren zehn der Beschuldigten Crewmitglieder
des Rettungsschiffs “Iuventa” des Berliner Vereins “Jugend rettet”.
Dieses war bereits vor knapp einem Jahr von den italienischen Behörden
auf Grundlage zweifelhafter Belege beschlagnahmt worden…” Artikel von Martin Knobbe und Andreas Wassermann vom 28.7.2018 beim Spiegel online
- EU-Rettungsmission im Mittelmeer vorerst gestoppt
“Die EU-Mission “Sophia” zur Rettung von Flüchtlingen auf dem
Mittelmeer wird vorerst eingestellt. Nach SPIEGEL-Informationen
beorderte der Kommandeur der Mission, der italienische Admiral Enrico
Credendino, jetzt alle beteiligten Kriegsschiffe zurück in die Häfen.
Mit der Order ist die Mission faktisch gestoppt, vorerst jedenfalls.
Betroffen ist auch ein deutsches Versorgungsschiff. Nach
SPIEGEL-Informationen befand sich der Tender “Mosel” bereits vor dem
Befehl von Credendino routinehalber in einem Mittelmeerhafen. Dort
sollen das Schiff und die deutschen Soldaten nun erstmal bleiben, heißt
es in Berlin. Hintergrund für den spontanen Stopp der Mission ist die
Weigerung Italiens, von den EU-Militärschiffen gerettete Menschen weiter
aufzunehmen. Italien hatte seine Blockadehaltung diese Woche in einem
Brief an die EU angekündigt. Kurzfristig anberaumte Beratungen der
EU-Partner brachten zunächst keine Lösung. (…) Regelmäßig werden die
EU-Soldaten auf den Schiffen auch zu Seenotrettern. Fast 50.000
Flüchtlinge hat die Mission gerettet, fast die Hälfte davon wurde von
deutschen Soldaten aus meist seeuntüchtigen Schiffen und Barkassen auf
dem Mittelmeer gezogen. Anschließend wurden die Menschen nach Italien
gebracht. Genau gegen diesen Automatismus geht Italien jetzt vor, die
neue Regierung in Rom fährt einen radikalen Kurs gegen Flüchtlinge und
will nicht länger akzeptieren, dass Italien die Hauptlast der
ankommenden Menschen trägt. Folglich verbietet Rom privaten Rettern
schon länger, gerettete Flüchtlinge nach Italien zu bringen…” Artikel von Matthias Gebauer und Peter Müller vom 20.07.2018 beim Spiegel online
- Flüchtlinge: Italien verroht
“In Rom wird ein Baby angeschossen, in Rimini werden Strände
kontrolliert: Rassismus und Gewalt bestimmen den Umgang mit Geflüchteten
in Italien. Und niemand protestiert. (…) Migranten, Invasion,
Islamismus: In Italien wird praktisch über nichts anderes mehr
gesprochen. Fakten spielen in der Debatte meist keine Rolle. Dabei
sprechen die eine ganz andere Sprache: Kamen im ersten Halbjahr 2017
noch rund 170.000 Flüchtlinge an Italiens Küsten an, so waren es in
diesem Jahr im selben Zeitraum nur noch rund 51.000. Die Zahl der Toten
auf dem Mittelmeer ist dagegen deutlich gestiegen. 629 waren es laut der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Juni 2018 – 90 mehr
als ein Jahr zuvor. Wer es wagt, in italienischen Medien über diese
rückläufige Entwicklung zu sprechen, wird als buonista (auf Deutsch:
Gutmensch) abgestempelt. Ein Idiot, der die nachvollziehbaren Ängste der
“normalen” Italiener nicht wahrhaben will. Denn Letztere fürchten
angeblich, dass die “unkontrollierte Einwanderung die italienische
Kultur zerstört”. Die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zu retten, ist für
viele Italiener auch keine moralische Pflicht mehr. (…) Es scheint, als
sei mit den jüngsten Wahlen jeglicher Anstand verloren gegangen.
Rassismus, Hass und Hetze dominieren den öffentlichen Diskurs. Frontmann
der permanenten Entgleisungen ist Innenminister Matteo Salvini – und
das nicht erst seit dem Wahlsieg seiner Lega im März. Salvini hat es
denkbar einfach, denn die Opposition ist quasi nicht existent…” Artikel von Roberto Brunelli vom 20. Juli 2018 bei der Zeit online
- Italienisch-französische Grenze: Tausende demonstrieren gegen Abschottung
“Die italienische Grenzstadt Ventimiglia war früher Ziel zahlreicher
Flüchtlinge, die nach Frankreich wollten – bis Paris deren Einreise
stoppte. Nun demonstrierten dort Tausende Menschen gegen eine
Abschottung Europas. An Italiens Grenze zu Frankreich haben Tausende
Menschen gegen eine Abschottung Europas gegen Flüchtlinge demonstriert.
Durch die ligurische Stadt Ventimiglia zogen etwa 3000 Menschen,
darunter zahlreiche Italiener, aber auch Franzosen, Deutsche,
Niederländer und Spanier. Sie liefen bis zur französischen Grenze. “Für
einen würdigen Empfang von Flüchtlingen in einem Europa ohne Grenzen”,
stand auf dem Transparent einer Demonstrantin. Die Kundgebung wurde von
einem Großaufgebot der Polizei begleitet. Zahlreiche Organisationen, die
sich um Flüchtlinge kümmern, hatten zu dem vier Kilometer langen
Protestmarsch aufgerufen. In einer gemeinsamen Erklärung nannten sie als
Ziel “eine Mobilisierung zum Anprangern der Brutalität der nationalen
und internationalen Politik zum Umgang mit Migration”. Außerdem
forderten sie “ein europäisches Aufenthaltsrecht und das Recht auf
Mobilität” für Migranten innerhalb Europas…” Bericht vom 14.07.2018 bei tagesschau.de
- Migrationspolitik: Milliardenhilfen und schwarze Listen von
Menschenhändlern. Italien verstärkt die Beziehungsarbeit zu Libyen. Ein
alter Freundschaftsvertrag, geschlossen zwischen Berlusconi und Gaddafi,
wird reaktiviert
“Geht es um Libyen und Migranten, so ist dieser Tage von größeren
Summen die Rede. So war der Präsident des Europarlaments, Antonio
Tajani, Anfang der Woche zu Besuch in Tripolis, wo er den international
anerkannten Regierungschef Sarradsch (auch: Sarraj) traf. In seiner
Abschlusserklärung stellte Tajani einmal die Summe von 40 Milliarden in
Aussicht, um 500 Milliarden an Gesamtinvestitionen für einen
“Marshallplan für Afrika” zu mobilisieren. (…) Schlagzeilen machte das
Treffen mit der Botschaft , dass Italien Investitionen in Aussicht
stellt und dafür Migranten nach Libyen zurückschicken kann. Tatsächlich
wurde ein Freundschaftsvertrag zwischen Libyen und Italien aus dem Jahr
2008 “reaktiviert”. Damals wurde er zwischen Gaddafi und Berlusconi
geschlossen – und 2011 ausgesetzt, als die Nato und auch Italien Milizen
unterstützte, die Gaddafis Herrschaft und dessen Leben beendeten. Über
die ursprüngliche Hauptmotivation des Freundschaftsvertrags – inwieweit
damit hauptsächlich die Kolonialvergangenheit Italiens und eine
Wiedergutmachung angesprochen werden sollte -, wird zwar an mancher
Stelle diskutiert, unbezweifelbar ist jedoch eine Vereinbarung über
Migranten Teil der ursprünglichen Vereinbarung (auf Arabisch hier) war.
Diese rückt in der gegenwärtigen Situation in den Mittelpunkt. Nach
Medienangaben soll der Freundschaftsvertrag weiterhin enthalten, dass
Italien 4,2 Milliarden Euro in Libyen investiert. Damals hatte Libyens
starker Mann Gaddafi als Gegenleistung versprochen, Migranten davon
abzuhalten, dass sie von Libyens Küsten aus nach Europa aufbrechen und
Migranten aufzunehmen, die zurückgeschickt werden. Ob zusätzlich Neues
ergänzt wurde, wird der Öffentlichkeit zumindest nicht verraten…” Artikel von Thomas Pany vom 11. Juli 2018 bei telepolis
- Rom will Häfen komplett für Rettungsschiffe sperren
“Innenminister Salvini will keine Rettungsschiffe mehr in
italiensche Häfen lassen. Schon jetzt untersagt die Regierung in Rom,
dass private Seenotrettungshelfer anlegen dürfen. Nun soll dies auch für
internationale Grenzschutz- und Rettungseinsätze im Mittelmeer gelten.
Den Plan will der Lega-Chef am Donnerstag den Innenministern der anderen
EU-Länder beim Treffen in Innsbruck vorlegen. (…) Salvinis Äußerungen
sind eine Anspielung auf das in der Nacht zum Sonntag im sizilianischen
Hafen Messina vor Anker gegangene irische Marineschiff “Samuel Beckett”.
Es hat 106 Flüchtlinge an Bord. Sollte der Innenminister seine Pläne in
die Tat umsetzen, wäre auch der EU-Militäreinsatz “Sophia” davon
betroffen. Seit 2015 hatten EU-Schiffe im Kampf gegen
Schleuserkriminalität mehrere Zehntausende Menschen im Mittelmeer aus
Seenot gerettet. Die Operation war im Juli bis zu Jahresende verlängert
worden. Betroffen wäre zudem die Mission “Triton” der
EU-Grenzschutzbehörde Frontex…” Meldung vom 8. Juli 2018 bei MDR aktuell
- Salvini kündigt Abzug der Küstenwache aus internationalen Gewässern an
“Der italienische Innenminister Matteo Salvini (Lega) kündigt nach
Beratung mit dem Infrastruktur-Minister Danilo Toninelli (5Stelle), und
der Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta (5Stelle) den Rückzug der
italienischen Seenotrettung aus den internationalen Gewässern des
zentralen Mittelmeers an. Stattdessen sollten Frankreich, Spanien,
Griechenland, Malta, Libyen, Tunesien, die EU mit Frontex-Themis und die
Nato diese Arbeit übernehmen. Hinzuweisen ist auf folgenden
Hintergrund: Es geht um die Todeszone in der Nähe der
libysch-italienischen Off-Shore-Petro-Förderanlagen im zentralen
Mittelmeer, wo in den vergangenen drei Jahrzehnten die meisten
Boat-people ertrunken sind. Salvini richtet dieses Abzugs-Vorhaben gegen
die „radikale linke Schickeria, die Italien in ein Flüchtlingslager
verwandeln will“. Um so dringlicher wird es, die Aktivität der
NGO-Seenotrettung im zentralen Mittelmeer mit Strategien der Aufnahme
von Bootsflüchtlingen in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern
zu verbinden…” Meldung vom 18. Juni 2018 von und bei FFM-Online
- Rettungsschiff „Aquarius“ in Valencia angekommen. Ärzte ohne
Grenzen verurteilt Italiens Regierung für die Schließung seiner Häfen
“Nach der politischen Pattsituation über das Schicksal der im
Mittelmeer geretteten Menschen verurteilt die medizinische
Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen Italiens Regierung für die
Schließung seiner Häfen. 630 gerettete Menschen konnten aus diesem Grund
nicht in Italien an Land gehen und mussten eine viertägige,
beschwerliche Fahrt nach Spanien auf sich nehmen. Europäische
Regierungen haben sich für politische Machtspiele entschieden anstatt
Leben zu retten. „Valencia ist das Ende einer schrecklichen Tortur für
630 Menschen. Jetzt muss eine ernsthafte europäische Verpflichtung
eingegangen werden, Leben zu retten und gerettete Menschen ordnungsgemäß
an Land zu bringen. Die Teams an Bord der ‚Aquarius‘ werden weiterhin
Such- und Rettungsaktionen im zentralen Mittelmeer durchführen”, sagt
Karline Kleijer, Notfallkoordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen. „Die
Männer, Frauen und Kinder an Bord der ‚Aquarius‘ sind vor Konflikten und
Armut geflohen und haben schreckliche Misshandlungen in Libyen
überlebt. Sie wurden wie Fracht von einem Boot zum anderen transportiert
und ertrugen die schwierigen Bedingungen auf der unnötig langen Fahrt
auf See”, sagt Kleijer. „Wir sind Spanien dankbar, dass sie eingegriffen
haben, obwohl italienische und andere europäische Regierungen in ihrer
humanitären Verantwortung schmählich versagt haben.”…” Pressemitteilung vom 17.06.2018 , siehe auch die [Petition] Der Streit um Migration darf nicht auf Kosten von Menschen in Not geführt werden und 20.000 in Rom auf der Straße: Basisgewerkschaft mobilisiert erfolgreich gegen Rechtsregierung und ihre Menschenjagd
- Geflüchtete sitzen auf Schiff der US-Marine fest. Erneut
kein sicherer Hafen für Migranten / US-Navy verhandelt über weiteres
Vorgehen
“Nach der Abweisung der »Aquarius« in Italien sitzen erneut viele
gerettete Migranten auf einem Schiff im Mittelmeer fest. Das
US-Marineschiff »Trenton« habe mehr als 40 Überlebende und 12 Tote eines
Unglücks an Bord und warte immer noch auf eine Anweisung, wohin diese
gebracht werden könnten, erklärte die deutsche Hilfsorganisation
Sea-Watch am Mittwochabend. Sea-Watch war am Dienstag zu dem
Marineschiff gerufen worden und kreuzt in der Gegend. Bisher gebe es
keine Zuweisung für einen sicheren Hafen für die Migranten. Eine
Sprecherin der US-Navy erklärte, dass man derzeit mit den
»internationalen Partnern« in Verhandlungen über das weitere Vorgehen
stehe…” Agenturmeldung vom 14.06.2018 beim ND online
- UN warnen vor Tragödie. „Aquarius“ wird in spanischer Hafenstadt Valencia anlegen
“Für die „Aquarius“ ist eine Lösung gefunden. Ihre Insassen werden
im spanischen Valencia anlanden. Doch der Fall wirft grundsätzliche
Fragen zur europäischen Flüchtlingspolitik auf. Das Rettungsschiff
„Aquarius“ wird in der spanischen Hafenstadt Valencia anlegen. Das
kündigten die spanischen Behörden und die Organisation „Ärzte ohne
Grenzen“, die das Schiff zusammen mit SOS Mediterranée betreibt, an.
Italienische Marineschiffe werden nach Anweisung der
Seenot-Rettungsleitstelle in Rom 400 der 629 Flüchtlinge und Migranten
von der „Aquarius“ übernehmen und sie nach Valencia bringen, wie „Ärzte
ohne Grenzen“ erklärte. Die „Aquarius“ selbst werde mit den restlichen
229 Insassen folgen. Seit dem Wochenende harrte das Schiff in Mittelmeer
aus, weil die neue italienische Regierung die Häfen für die Retter
geschlossen hat. Die Internationale Organisation für Migration (IOM)
warnte vor weiteren Zurückweisungen von Rettungsschiffen im Mittelmeer.
Eine große Tragödie für die verzweifelten Menschen an Bord wäre die
Folge, erklärte IOM-Generaldirektor William Swing am Dienstag in Genf.
Die Blockade habe keinen „abschreckenden“ Effekt auf andere Menschen,
die über das Mittelmeer die Staaten Europa erreichen wollten. Die EU
müsse sichere und legale Wege für die Migration schaffen. (…) Der
Geschäftsführer der Deutschen Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“, Florian
Westphal, wies darauf hin, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Libyen in
den Sommermonaten weiter steigen werde. Mit der Sperrung der
italienischen Seehäfen und dem wachsenden Druck auf die Seenotretter der
Hilfsorganisationen werde bewusst in Kauf genommen, dass die Menschen
im Mittelmeer ertrinken werden. „Die Frage ist, bedeutet das
Internationale Seenotrecht, nachdem wir handeln, innerhalb der EU noch
etwas, oder nicht?“ Der Sprecher der Rettungsorganisation Sea-Watch,
Ruben Neugebauer, rief die EU zum Eingreifen auf. „Europa muss
Verantwortung übernehmen, einen Verteilmechanismus einführen und Dublin
aussetzen“, forderte Neugebauer im WDR-Radio…” Beitrag vom 13. Juni 2018 beim Migazin
- Italien und EU: Machtkampf über Migranten im Mittelmeer
“Die sozialdemokratische, spanische Regierung hat sich dazu bereit
erklärt, 629 Migranten auf dem NGO-Schiff Aquarius in Valencia
aufzunehmen, wie auch der EU-Migrationskomissar Avramopoulos bestätigt.
Damit ist die Versorgung der Migranten sichergestellt. Der Machtkampf
über die Aufnahme von Migranten im Mittelmeer ist damit wohl nur kurz
unterbrochen. Akut ist er zwischen Italien und Malta ausgebrochen. Laut
dem neuen italienischen Innenministers hadert sein Land in der Sache
grundlegend auch mit anderen EU-Ländern: Frankreich und Deutschland,
woher NGOs kommen, die im Mittelmeer aktiv sind, sowie Spanien.
Zugespitzt hatte sich der Streit über die Aufnahme von Migranten am
Wochenende zwischen Italien und Malta. Das von der spanisch-deutschen
NGO SOS Méditeranné gecharterte und von Ärzte ohne Grenzen mitbetreute
Rettungsschiff Aquarius war von der Seenotrettungsleitstelle in Rom
(MRCC) zu mehreren Notfällen im Mittelmeer gerufen worden und hatte
infolge der Aktionen schließlich die 629 Migranten aus Libyen an Bord.
Der Streit brach dann darüber aus, wer die in Seenot geratenen und dann
geretteten Migranten aufnehmen sollte. Italien weigerte sich, Malta
auch. So kam es, dass die Aquarius auf Anweisung der
Seenotrettungsleitstelle in Rom – bis zur befreienden Erklärung aus
Madrid – “stand-by” im Mittelmeer auf weitere Anweisungen warten musste,
indessen sich der Streit in den sozialen Netzwerken und den Medien
hochschaukelte – unterbrochen von Alarmmeldungen, wonach man auf der
Aquarius nicht die Mittel habe, um so viele Passagiere an Bord über eine
längere Zeit zu versorgen. (…) Frankreich wird seine Mittelmeerhäfen
nicht für Flüchtlinge von der libyschen Küste öffnen, Spaniens
Hilfsaktion war eine Ausnahme, und auch Deutschlands Regierung wird sich
im Augenblick keine Erklärung leisten, nach der man bereit wäre,
Migranten von Italien zu übernehmen und sie direkt nach Deutschland zu
bringen…” Artikel von Thomas Pany vom 11. Juni 2018 bei telepolis
- Rettungsschiff Aquarius: “Nahrung und Wasser reichen für zwei Tage”
“Es ist eine dramatische Situation, die sich derzeit im
Mittelmeer abspielt: Ein Rettungsschiff wartet auf grünes Licht, um mehr
als 600 Flüchtlinge an Land zu bringen. Doch sowohl Italien und als
auch Malta verweigern der Aquarius die Anlegeerlaubnis. Beide EU-Staaten
sind überfordert angesichts dem nicht abreißenden Flüchtlingszustrom
und fühlen sich von Brüssel und Resteuropa in ihrer Flüchtlingspolitik
im Stich gelassen. Während sich eine diplomatische Krise zwischen
Italien und Malta hochschaukelt, warten mehr als 600 Einwanderer an Bord
der Aquarius auf Hilfe. Die Zeit drängt – Nahrung und Wasser auf dem
Rettungsschiff reichen für zwei bis drei Tage. Euronews-Reporterin
Anelise Borges ist an Bord der Aquarius – als einzige
Fernseh-Journalistin…” Bericht von Andrea Buring & Anelise Borges vom 11. Juni 2018 bei Euronews mit kurzen Video
- Keine Politik auf den Rücken von Geflüchteten: Die „Aquarius“ hat ein Nothafenrecht!
„Weder Italien noch Malta haben das Recht, die Einfahrt des
Rettungsschiffs ‚Aquarius‘ zu verweigern. Zweifellos sind die geretteten
Geflüchteten in einer Notsituation. In diesen Fällen greift ein
völkergewohnheitsrechtliches Nothafenrecht. Ein von mir beauftragtes
Bundestagsgutachten bestätigt das“, erklärt der Bundestagsabgeordnete
Andrej Hunko anlässlich einer „Schließung“ italienischer und
maltesischer Häfen für die „Aquarius“. Die 629 Geflüchteten stammen aus
mehreren Rettungsmissionen auf hoher See, rund die Hälfte von ihnen
wurde von der italienischen Marine an Bord genommen und an das Schiff
„Aquarius“ von der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen
übergeben. (…) Der neue italienische Innenminister Matteo Salvini nutzt
die Notlage der Geflüchteten für die rassistische Stammtischpolitik
seiner Lega Nord. Es ist auch die verfehlte Außenpolitik der
Europäischen Union, die Menschen aus afrikanischen Ländern in die Boote
treibt. Vielen Geflüchteten würde das Ertrinken erspart, wenn sich die
EU-Mitgliedstaaten endlich zu einer eigenen Seenotrettungsmission oder
sicheren Einreisemöglichkeiten entschließen würden. Ich begrüße deshalb
die Initiativen der Bürgermeister von Neapel und Palermo, die ihre
Bereitschaft zur Aufnahme der Geflüchteten erklärt haben. Es handelt
sich um eine zutiefst menschliche Initiative inmitten einer von
Rassismus, Chauvinismus und Nationalismus geprägten Debatte.“ Pressemitteilung 11. Juni 2018 von und bei Andrej Hunko, MdB Linksfraktion , siehe dazu:
- Migrationsforscher über Roms Asylpolitik: „Die Italiener haben Verbündete“
“Mehrere EU-Länder dürften die neue Regierung bei ihrem Kurs gegen
Einwanderung unterstützen, sagt Andrew Geddes. Was für Pläne wären
denkbar? (…) Tatsächlich war Salvinis Vorgänger in Libyen schon sehr
aktiv, die Zusammenarbeit ist sehr eng. Libyen hat deshalb in den
letzten 12 Monaten Zehntausende Flüchtlinge vom Meer zurückgeholt, die
Ankunftszahlen in Italien sind in der Folge um 80 Prozent gesunken. Die
neue Regierung wird den Preis zahlen, um diesen Zustand
aufrechtzuerhalten und die Hilfszahlungen für Libyen weiter aufstocken.
(…) Solche exterritorialen Asylverfahrenszentren sind ein Konzept, dass
die EU immer wieder aufbringt. Es ist inspiriert vom australischen
Modell auf den Pazifikinseln. Spanien hat davon immer wieder gesprochen
und Marokko als Standort ins Spiel gebracht. Und auch Tunesien wird in
der Tat immer wieder genannt. Doch es ist extrem schwer vorstellbar,
dass die dortige Regierung sich darauf einlassen würde. Für sie würde
das bedeuten, auf sehr lange Zeit Verantwortung für alle Menschen
übernehmen zu müssen, deren Asylanträge in diesen Zentren abgelehnt
werden. Ich sehe nicht, dass es dazu eine Bereitschaft gäbe, auch nicht
mit signifikanten finanziellen Anreizen. Hinzu kommt, dass Salvini
Tunesien erst am Sonntag geradezu vor den Kopf gestoßen hat. Er sagte,
das Land würde „Sträflinge“ nach Italien exportieren – und diese
Äußerung kam genau zu der Zeit, als bei einem Schiffsunglück vor
Tunesien viele Menschen, die nach Europa unterwegs waren, ertrunken
sind. (…) In der Tat sind die Seenotrettungs-NGOs von der Regierung
schon länger als Schlepper hingestellt worden. Die Rhetorik des neuen
Innenministers Matteo Salvini ist besonders stark. Jetzt ist er in einer
mächtigen Position, er wird das fortsetzen und behaupten, dass die NGOs
Kriminelle seien und mit Schleppern zusammenarbeiten. Doch diese
Strategie hat rechtliche Grenzen…” Interview von Christian Jakob vom 6.6.2018 bei der taz online
- Migranten: Italiens Priorität lautet “Schickt sie nach Hause”
“Der neue Innenminister Matteo Salvini setzt auf massenhafte
Rückführungen, große Einsparungen beim Empfang und auf eine Gegnerschaft
zu den NGOs. Mit Matteo Salvini steht nun eine Reizfigur an der Spitze
des italienischen Innenministeriums. Mit ihm verbunden sind einerseits
Befürchtungen, dass nun eine stramm rechte fremdenfeindliche
Migrationspolitik gemacht wird, die auf Angsteinjagen und Populismus
gründet. Es sei leicht angesichts dieses Aufstiegs entmutigt zu sein,
kommentiert in diesem Sinne Craig Spencer, ein Arzt von der Aquarius,
dem Schiff der NGO Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation gehört nicht zu
den Lieblingen der neuen Regierung. Anderseits sind aber auch Hoffnungen
mit Salvinis Migrationspolitik verbunden, die sich ganz sicher nicht
auf das Lager der Lega-Wähler beschränken. Es sind nicht nur Rechte, die
mit der Einwanderung vieler Männer nicht zurechtkommen. (…) Italien
wurde alleine gelassen, wenn es um die Migranten ging, die über das
Mittelmeer gekommen waren, heißt der partei- und länderübergreifende
Konsens. Weder von Politikern noch aus den Medien ist zu dieser Äußerung
ein lauter und überzeugender Widerspruch zu hören. Auch nicht in
Deutschland…” Beitrag von Thomas Pany vom 4. Juni 2018 bei Telepolis
- [Sea-Eye] Flüchtlingsretter im Mittelmeer “Europa setzt uns unter Druck”
“… Was passiert gerade auf der “Seefuchs”? Mischkowsky: Von der
internationalen Leitstelle für Seenotfälle in Rom (MRCC) haben wir den
Auftrag erhalten, mit den Flüchtlingen an Bord selbst einen Hafen in
Italien anzusteuern, Augusta auf Sizilien, das sind noch 200 Kilometer.
Dafür braucht man rund 20 Stunden. Aktuell befinden sich die Menschen
ungeschützt an Deck, zusammengepfercht wie die Ölsardinen, die sanitären
Verhältnisse sind katastrophal. Es gibt eine Toilette, die Wasser und
Nahrungsvorräte gehen gerade zu Ende. (…) Das Boot hat bereits
Schlagseite und droht zu kentern, ein Wetterumschwung ist angekündigt.
(…) Wir benötigen dringend Unterstützung durch die Übernahme der
Flüchtlinge auf ein anderes, großes Schiff. Aber, anders als bisher
üblich, sagt MRCC in Rom, sie könnten nicht helfen. Wir glauben dagegen,
Italien will keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen. Die Helfer
sollen nun selbst so unter Druck geraten, dass sie ihre Aktionen
aufgeben. (…) Wir sehen in Europa einen klaren politischen
Richtungswechsel. Man will unsere Arbeit unmöglich machen. Wir fahren
auch wieder hinaus, notfalls, um einen einzigen Menschen vor dem
Ertrinken zu retten”, erklärt der Sea-Eye-Vereinsvorsitzende Tilman Mischkowsky im Gespräch mit Susanne Koelbl bei Spiegel online vom 28. Mai 2018
- Migranten aus Libyen: Italien vor Gericht. Eine Klage vor
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) macht Italien für
schwerwiegende Verstöße der libyschen Küstenwache verantwortlich
“Nominell kommt nun Italiens Abriegelungspolitik vor das
Menschenrechtsgericht, politisch gesehen steht die ganze EU vor dem
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Denn beklagt wird
eine Praxis, die nicht nur von Italien, sondern auch von anderen
Mitgliedsländern, zum Beispiel Deutschland, aktiv mitgetragen und/oder
gefordert wird. Die Forderung nicht nur in Italien, sondern auch
innerhalb der EU heißt: Es sollen so wenig Migranten wie irgend möglich
aus Libyen über das Mittelmeer nach Italien kommen. Ein wichtiges
Hindernis auf dem Weg ist die libysche Küstenwache, die von Italien und
der EU unterstützt wird…” Artikel von Thomas Pany vom 08. Mai 2018 bei telepolis
- Schiff von Jugend Rettet bleibt beschlagnahmt: Kriminalisierung ziviler Seenotrettung
“Die Teltower Flüchtlingshelfer von Jugend Rettet e.V. scheiterten
am Dienstag, 24. April, in Rom mit der Klage auf die Rückgabe ihres
Schiffs. Der Sprecher der Organisation Julian Pahlke erklärte, man werde
weiterhin Menschenleben retten, solange Menschen im Mittelmeer sterben.
Die Kriminalisierung ziviler Seenotrettung sei ein Skandal, so Michel
Brandt von der Linken, der beobachtend zum Prozess nach Rom reiste. Er
fordert die Bundesregierung zum Handeln auf. Den italienischen
Ermittlungsbehörden konstatiert Brandt eine „politische Willkür“
gegenüber der deutschen Hilfsorganisation. Gegen Jugend Rettet wird seit
2017 wegen Beihilfe zur illegalen Migration ermittelt. (…) Die zivilen
Rettungsorganisationen sollen von der zentralen Mittelmeerroute
verschwinden, erklärte Julian Pahlke von Jugend Rettet. Die Helfer
befürchten als Konsequenz aus dem Vorgehen der Behörden eine steigende
Zahl an Toten im Mittelmeer. Trotz der Entscheidung des
Kassationsgerichts kündigen die Helfer an, sich trotz der Entscheidung
über die „Iuventa“ weiter engagieren zu wollen. „Denn solange Menschen
im Mittelmeer sterben, werden wir weitermachen“, so Pahlke weiter…” Beitrag vom 25. April 2018 von und bei Beobachter News (Vorgeschichte siehe weiter unten)
- Wer rettet eigentlich noch Flüchtlinge im Mittelmeer?
“Immer wieder versuchen Menschen, über das Mittelmeer nach
Europa zu kommen. Doch die Zahl der zivilen Retter im Meer ist deutlich
gesunken. (…)”Italien zieht sich immer mehr aus der Koordination der
Rettungen auf dem Mittelmeer zurück”, sagt SOS-Sprecherin Ciernioch.
Ziel sei es, die Einsätze bis 2020 komplett den Libyern zu überlassen.
Also einem Land, das im Bürgerkrieg versinkt und in dem die staatlichen
Strukturen zerfallen sind. Ausgerüstet und trainiert von der EU soll die
libysche Küstenwache Migranten von der Überfahrt abhalten. Amnesty
International warf Teilen der libyschen Küstenwache vor, mit
Menschenschmugglern zu kooperieren. Ein Menschenleben zählt kaum etwas
in dem Land, wo Migranten in Lagern unterkommen, in denen nach Angaben
des UN-Menschenrechtskommissars “Folter und schlechte Behandlung
systematisch” sind. Der humanitäre Ansatz, den die italienische
Regierung von 2013 an bei der Seenotrettung von Migranten hatte, sei am
Ende, erklärt Paolo Cuttitta vom Amsterdam Centre for Migration and
Refugee Law. Hilfsorganisationen seien von Partnern zu Gegnern geworden,
und die libyschen Behörden führten für Italien das Abdrängen von
Flüchtlingen aus. Zeitweise waren nur noch zwei zivile Schiffe im
Mittelmeer zur Rettung unterwegs: Die “Aquarius” und die “Seefuchs” der
Regensburger Initiative Sea-Eye. Es waren einmal mehr als zehn. (…) Dass
sich der Zustand der Flüchtenden konstant verschlimmert, bezeugen
Hilfsorganisationen und italienische Behörden. Zuletzt brach ein Mann
bei der Ankunft in Sizilien zusammen. Er war verhungert. Der
Bürgermeister der Stadt Pozzallo, Roberto Ammatuna, fand damals nur
folgende Worte: “Sie waren alle nur Haut und Knochen, als würden sie aus
einem Konzentrationslager der Nazis kommen.” Beitrag von Annette Reuther und Simon Kremer vom 23. April 2018 bei der Augsburger Allgemeinen online
- Italienische Behörden beschlagnahmen erneut Rettungsschiff
“… Nach der Rettung von Geflüchteten und einer Konfrontation mit der
libyschen Küstenwache ist ein Schiff der spanischen Hilfsorganisation
»Proactivia Open Arms« von den italienischen Behörden beschlagnahmt
worden. »Die Beschlagnahmung des Schiffes ist präventiv, aber wir sind
der kriminellen Vereinigung beschuldigt und sollen illegale Einwanderung
fördern«, schrieb dazu der Gründer der in Barcelona ansässigen
Organisation, Oscar Camps, in der Nacht zu Montag auf Twitter. Zunächst
durfte das Schiff keinen Hafen anlaufen. Nach einer 30-stündigen
Wartezeit stimmten die italienischen Behörden zu, das Schiff im
sizilianischen Pozzallo anlegen zu lassen. Der Grund für das Ringen
dürften die über 200 Geflüchteten an Bord gewesen sein. Camps zufolge
hatte die Besatzung der »Proactivia Open Arms« die Geflüchteten in
internationalen Gewässern, 73 Seemeilen vor der libyschen Küste
gerettet. In dieser Entfernung zur Küste gelten libysche Gesetze nicht
mehr und weder italienische noch libysche Küstenwache sind zuständig.
Dennoch sei man von der libyschen Küstenwache bedroht worden und
aufgefordert worden, die Geflüchteten zu übergeben. Als sich die Crew
nach eigenen Angaben weigerte, die Menschen herauszugeben, seien sie mit
Schüssen bedroht worden. (…) Die Organisation Mission Lifeline, die
selbst ein Rettungsschiff betreibt, reagierte empört. »Nachdem die
sogenannte Libysche Küstenwache in internationalen Gewässern die
Besatzung des Rettungsschiffs mit Waffen bedrohte und die Herausgabe von
Schiffbrüchigen verlangte, um diese zurück nach Libyen zu bringen, ist
mit der Beschlagnahme eine neue Stufe des Rechtsbruchs erreicht«,
erklärte Mitbegründer Axel Steier…” Bericht von und bei neues Deutschland vom 19. März 2018
- Flüchtlinge in Italien: Ein Euro für jede Kiste Mandarinen
“Viele Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Europa kommen,
stranden in Süditalien. Dort werden viele von ihnen als Tagelöhner bei
der Ernte von Zitrusfrüchten ausgebeutet. Hilfe kommt von den
Gewerkschaften. (…) Einen Euro pro Kiste Mandarinen verdienen
Erntehelfer im süditalienischen Kalabrien. Mit 25 Euro pro Tag und ohne
Sozialabgaben beträgt der Lohn die Hälfte des tariflichen Minimums.
Weder verschärfte Gesetze gegen die illegale Anwerbung von Tagelöhnern
noch Polizeikontrollen auf den Plantagen beendeten bislang die
Ausbeutung. „Niemand kümmert sich um die Menschen hier, auch die Kirche
schläft“, klagt Bartolomeo Mercuri, Vorsitzender des Vereins „Il
Cenacolo“ aus dem benachbarten Maropati, der Mahlzeiten und
Nahrungsmittel an die Bewohner des Zeltlagers verteilt. Die strengeren
Gesetze zeigten keine Wirkung. „Die Lage hier wird immer schlimmer, es
kommen immer mehr Menschen, aber es gibt weniger Arbeit“, sagt Mercuri.
(…) Die illegale Anwerbung der Tagelöhner wird nach Gewerkschaftsangaben
von Clans der Ndrangheta, der kalabresischen Mafia, organisiert. Die
junge Gewerkschafterin Celeste Logiacco zeigt keine Angst vor den Clans
und den illegalen Arbeitsvermittlern. Morgens um fünf geht die
Mitarbeiterin der größten italienischen Gewerkschaft CGIL zu den
Sammelstellen für Erntehelfer. „Sie wollen wissen, wie sie an eine
Aufenthaltsgenehmigung kommen und wie Verträge hier funktionieren, wir
beraten sie“, schildert die junge Frau ihre Aufgabe…” Bericht von Bettina Gabbe vom 2. März 2018 bei Migazin
- Italien: 10.000 Geflüchtete leben unter menschenunwürdigen
Bedingungen – Bericht zeigt Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten an
der französischen Grenze
“… Für den Bericht „Harmful Borders“ haben Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen
im August und September 2017 in der Stadt Ventimiglia nahe der
französischen Grenze 287 Geflüchtete befragt. Die Ergebnisse zeigen,
dass Geflüchtete trotz des formal noch gültigen Schengen-Abkommens
regelmäßig nach Italien zurückgezwungen werden und in Ventimiglia in
informellen Siedlungen ohne ausreichenden Zugang zu Hilfsgütern und
medizinischer Versorgung hausen. Fast jeder vierte Geflüchtete
berichtete von Gewalt an der Grenze, meist durch italienische und
französische Grenzpolizisten. Der Bericht „Out of Sight“ dokumentiert
darüber hinaus 20 Todesfälle von Geflüchteten in den vergangenen beiden
Jahren beim Versuch, die Grenzen zu Frankreich, der Schweiz und zu
Österreich zu überqueren. (…) „Wir erkennen keine längerfristigen
Strategien, die Grundbedürfnisse einer relativ übersichtlichen Zahl von
Menschen zu gewährleisten, die unter unmenschlichen Bedingungen leben“,
sagt Tommaso Fabbri, Projektleiter für Ärzte ohne Grenzen in Italien.
„Stattdessen beobachten wir immer häufiger eine Kriminalisierung von
Flüchtlingen und Migranten sowie der Menschen, die ihnen helfen. Die
europäische und italienische Politik sollte den geflüchteten Männern,
Frauen und Kindern helfen und ihnen nicht schaden. Es ist Zeit, den Kurs
zu ändern.“…” Pressemitteilung vom 8. Februar 2018 von und bei Ärzte ohne Grenzen mit Links zu den beiden englischsprachigen Berichten „Harmful Borders“ und „Out of Sight“
- [Sterbenlassen auf See!] Italien zieht Rettungskräfte aus Zentralem Mittelmeer zurück
“Wie der Corriere della Sera meldet, haben das italienische
Innenministerium, Frontex und die EU ein Abkommen abgeschlossen, das die
Seenotrettung im Zentralen Mittelmeer aufgibt und bereits am 1. Februar
2018 in Kraft treten soll. Die neue Operation unter dem Namen Themis
löst die Operation Triton (seit 2014) ab und sieht vor, dass
italienische Patrouillen nur noch im italienischen Küstenbereich von 24
Meilen Patrouille fahren sowie dass gerettete Boat-people nicht mehr
nach Italien, sondern in den „nächsten“ Hafen gefahren werden sollen.
Bei der Eile, mit der dieses Abkommen abgeschlosssen wurde, ist kaum
damit zu rechnen, dass die italienische Küstenwache umfassend einbezogen
wurde. Tunesische Häfen stehen nicht für die Aufnahme von Flüchtlingen
bereit, die nach Europa aufgebrochen sind. So ist mit einer sprunghaften
Zunahme der Unsicherheiten bei Seenotrettungen auf dem Mittelmeer und
mit sehr viel mehr Ertrunkenen in den kommenden Wochen und Monaten zu
rechnen – falls sich keine umfassende Gegenbewegung formiert.” Meldung vom 31. Januar 2018 bei ffm-online – Forschungsgesellschaft Flucht & Migration
– entscheidend dabei: Es fehlt ein Wort: Statt NÄCHSTER SICHERER HAFEN
nur noch NÄCHSTER HAFEN. Die neue Operation Themis von Frontex und EU
widerspricht damit internationalem See- und Völkerrecht. Und Rückzug der
ital. Patrouillen bedeutet Sterbenlassen auf See! Siehe dazu:
- Wie die EU die Seenotrettung abschaffte
“Geheime Überwachung und zwielichtige Befehle – mit einer
mehrmonatigen Kampagne entfernte die Europäische Union zivile
Seenotretter aus dem Mittelmeer. Erstmals veröffentlichte Dokumente
zeigen jetzt, wie italienische Behörden gegen „Jugend Rettet” vorgingen.
Auch wenn deutsche Medien kaum noch darüber berichten: Weiterhin
sterben Flüchtlinge im Mittelmeer. Alleine im Januar 2018 ertranken fast
200 Menschen auf der Flucht nach Europa. Die EU-Mitgliedsstaaten
versuchen von ihrem Versagen abzulenken, statt Menschenleben zu retten.
Die Flucht über das Mittelmeer wurde in den vergangenen Monaten
systematisch durch die EU erschwert. Libysche Milizen haben nicht nur
einheimische Gewässer, sondern auch daran anschließende internationale
Gewässer zum Sperrgebiet für zivile Seerettungsmissionen erklärt. Die
Ursachen für die Flucht aus Libyen bleiben bestehen: Die Verhältnisse in
libyschen Lagern sind menschenverachtend. Die EU schreckt nicht davor
zurück, mit der libyschen Diktatur zu kooperieren. Um die
Mittelmeerroute von Libyen nach Europa zu sperren, nahmen
EU-Mitgliedsstaaten auch Nichtregierungsorganisationen ins Visier –
erstmals veröffentlichte Dokumente zeigen jetzt, wie die Seerettung im
vergangenen Jahr Schritt für Schritt kriminalisiert wurde…” Bericht von Arne Semsrott vom 31. Januar 2018 bei jib-collective.net
- Sehenswert dazu auch der Bericht von Nikolaus Steiner “Kriminelle Seenotretter? Der Fall IUVENTA” bei Monitor vom 1. Februar 2018 (Videolänge: ca. 5 Min., abrufbar bis zum 1. Februar 2019)
- Italien stattet die organisierte libysche Kriminalität mit Drohnen aus…
„„Mit dem Einsatz von Drohnen treibt Italien die Aufrüstung der
libyschen Küstenwache voran. Die Europäische Union unterstützt die
Maßnahmen: Im dieses Jahr beendeten EU-Forschungsprojekt ‚Closeye‘ wurde
die Nutzung größerer Drohnen vor der libyschen Küste vorbereitet. Auch
die Grenzagentur Frontex war daran beteiligt, Portugal steuerte weitere
unbemannte Aufklärer bei. Von den zukünftigen Drohnenflügen profitiert
auch das Militär in Libyen, das die Küstenwache befehligt“, erklärt der
europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko. Die
italienische Marine schult Angehörige der libyschen Küstenwache zur
Teilnahme an einem militärischen Chat-System. Italien errichtet in
Tripolis außerdem ein maritimes Lagezentrum für die libysche Küste, das
bald an das europäische System ‚Seahorse Mediterranean‘ zur Überwachung
des Mittelmeers angeschlossen wird. Das Vorhaben wird von der
EU-Kommission finanziell unterstützt“ – so beginnt die Pressemitteilung
„Unnötige Aufrüstung: Nach U-Booten schickt Italien Drohnen zur
Migrationskontrolle vor Libyen“ von Andrej Hunko vom 21. Dezember 2017 auf seiner Webseite. Darin wird unter anderem auch noch fest gehalten: „Jede
Unterstützung der libyschen Küstenwache hilft der Truppe bei der
brutalen Verfolgung Geflüchteter. Das beweist auch die Antwort des
Auswärtigen Amtes zu einem Einsatz am 6. November, bei dem die Besatzung
eines libyschen Patrouillenbootes abermals für Tote gesorgt hat. Acht
der dreizehn Besatzungsangehörigen durchliefen zuvor
Ausbildungsmaßnahmen in EUNAVFOR MED“.
- Neues aus Italien: Zwischen Kriminalisierung der Seenotrettung und libyschem Bürgerkrieg
“Noch immer wird die Arbeit von privaten
Seenotrettungsorganisationen durch italienische Behörden blockiert,
gleichzeitig werden dubiose libysche Milizen unterstützt. Der dortige
Bürgerkrieg verschärft die Lage von Flüchtlingen währenddessen immer
weiter…” Bericht von Judith Gleitze vom 01.11.2017 bei Pro Asyl
- Seenotretter in Not. Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer über faule Kampagnen und überladene Schiffe
“… Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass sich an
grundlegende völkerrechtliche Grundlagen gehalten wird. Die zivile
Seenotrettung ist im Moment tatsächlich in Gefahr. (…)Italien
unterstützt mit seinem Einsatz eine libysche Bürgerkriegsfraktion. Das
sorgt für neue Spannungen im Land und kann den Konflikt weiter
eskalieren lassen. Die Gegenleistung für die Unterstützung ist das
Zurückhalten von Flüchtlingen. Die libyschen Milizen – nichts anderes
ist die sogenannte Küstenwache – sind teilweise korrupt und stehen mit
Schleppern in Kontakt. Sie leisten die Drecksarbeit für Rom und die EU
und werden dafür ausgerüstet…” Interview von Sebastian Bähr vom 09.08.2017 beim ND online mit Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Siehe auch unser Dossier zu Projekt Sea-Watch: Nicht länger tatenlos zusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben
- Stoppt das Sterben, nicht die Rettung! #freeiuventa
“Am
31.07.17 wurde das Schiff IUVENTA der Seenotrettungsorganisation Jugend
Rettet von italienischen Behörden beschlagnahmt. In einem dazugehörigen
Durchsuchungsbeschluss wird von einer möglichen Zusammenarbeit mit
libyschen Schleppern gesprochen. Dieser Vorfall ereignete sich, kurz
nachdem die NGO den vorgelegten „Code of Conduct“ des italienischen
Innenministeriums nicht unterzeichnet hatte. Verschiedene NGOs haben den
„Code of Conduct“ nicht unterzeichnet, weil sie befürchten, dass
dadurch ihre Arbeit unzulässig eingeschränkt wird und sie in Konflikt
mit dem Völkerrecht geraten. Auch der wissenschaftliche Dienst des
Bundestags kommt zu dem Schluss, dass der „Code of Conduct“
völkerrechtswidrig ist. Aber das Bild in der Öffentlichkeit wird durch
solche Anschuldigungen trotzdem nachhaltig geschädigt. Dabei sind es
gerade diese Organisationen, die gültigen Menschenrechten auf Leben und
Sicherheit auf hoher See Geltung verschaffen. (…) Die Iuventa muss
unverzüglich an Jugend Rettet zurückgegeben werden, damit sie weiter
Geflüchtete aus Seenot retten können. (…) Die europäische
Staatengemeinschaft muss die Seenotrettung mit Schiffen im Mittelmeer
übernehmen, damit die NGOs die Arbeit einstellen können. Bis es eine
wirksame staatliche Rettungsmission gibt, müssen die
Seenotrettungs-NGOs unterstützt werden, statt sie mit haltlosen
Anschuldigungen zu überziehen. (…) Wir fordern sichere und legale
Fluchtwege nach Europa. Es ist unerträglich, dass Menschen die Flucht
aus Krisengebieten oft mit ihrem Leben bezahlen müssen…” Statement zum Mitzeichnen auf der Aktionsseite – siehe zwei Hintergrundbeiträge zu Iuventa:
- Anti-Flüchtlings-Schiff auch in Tunesien nicht willkommen.
Fischer verhindern mit ihrem Protest Einlaufen der »C-Star« /
Verbindungen zwischen Identitären und Ermittlungen gegen »Jugend rettet«
offengelegt
“… Die »C-Star« ist auch in Tunesien nicht willkommen. In der
Küstenstadt Zarzis im Südosten des Landes spannten Fischer Banner mit
der Aufschrift »No Racists« an ihre Boote, um zu zeigen, was sie von der
Identitären-Mission »Defend Europe« halten. Ihr Protest war
erfolgreich: Das Schiff mit den völkisch-nationalistischen Aktivisten an
Bord lief den Hafen am Sonntag nicht an, wie die AFP berichtete.
(…)Angeführt wurde der Protest in Zarzis von der Fischervereinigung.
»Wir werden den Kanal schließen, der (den Schiffen) zur Versorgung
dient«, drohte deren Vorsitzendee Chamseddine Bourassine. »Das ist das
Mindeste, was wir tun können angesichts dessen, was im Mittelmeer
geschieht, angesichts des Sterbens von Muslimen und Afrikanern«, so
Bourassine gegenüber einem AFP-Reporter. Die Agentur berichtete, dass
zudem der 2015 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete
Gewerkschaftsdachverband UGTT am Montag dazu aufrief, die Landung der
»C-Star« abzuwehren. »Lasst nicht das Rassismus-Schiff die tunesischen
Häfen besudeln! Vertreibt sie, wie es eure Brüder in Zarzis und Sfax
getan haben!«, schrieb UGTT… “ Beitrag von Katja Herzberg bei neues Deutschland vom 7. August 2017
- Lebensretter werden zu Kriminellen erklärt
“Italien beschlagnahmt deutsches Hilfsschiff. Der Kampf der
Europäischen Union gegen die unabhängigen Seenotrettungsorganisationen
eskaliert
Mit der Beschlagnahme des deutschen Rettungsschiffes “Iuventa”
durch italienische Behörden Anfang August wurde ein neuer Höhepunkt in
der seit Monaten anhaltenden Kampagne europäischer Regierungen gegen die
privaten Seenotretter erreicht. Nach zahllosen verbalen Angriffen nun
ein erster handfester Übergriff auf die zivilgesellschaftlichen
Organisationen, die im Mittelmeer jeden Tag Männer, Frauen und Kinder
aus Afrika vor dem Ertrinken retten. Als Beihilfe zur ungesetzlichen
Einreise wird das denunziert. Flüchtlinge werden illegalisiert und
Helfer kriminalisiert…” Artikel von Thomas Moser vom 07. August 2017 bei telepolis
- Bundesregierung muss tätig werden: Free Iuventa!
„Das Auswärtige Amt muss sich dafür einsetzen, das von Italien
beschlagnahmte Schiff der Organisation Jugend Rettet e.V. herauszugeben.
Der Brandenburger Verein wird zum Spielball einer europäischen
Migrationspolitik, die über Leichen geht. Rettungskapazitäten von
EU-Mitgliedstaaten vor der libyschen Küste werden heruntergefahren,
während die kriminellen libyschen Küstenwachen technisch und logistisch
unterstützt werden“, kritisiert der europapolitische Sprecher Fraktion
DIE LINKE im Bundestag, Andrej Hunko. Die italienische
Staatsanwaltschaft ließ das Rettungsschiff „Iuventa“ am Mittwoch vor
Lampedusa beschlagnahmen. Als angebliche Beweise gegen die RetterInnen
dienen abgehörte Gespräche, Fotos vom Diebstahl eines Außenbordmotors
durch Schleuser und Aussagen eines Spitzels, der womöglich Verbindungen
zu den rechtsradikalen „Identitären“ hat. Gegen weitere
Rettungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen, wird ebenfalls
ermittelt…” Pressemitteilung von und bei Andrej Hunko vom 07. August 2017
- Beweise gegen „Iuventa“ gefälscht?
“Wenige Tage nach der Beschlagnahme des Schiffes Iuventa der
Teltower Organisation Jugend Rettet werden Zweifel an der Version der
Staatsanwaltschaft Trapani laut. Sie beziehen sich auf die in den
meisten Medien verbreiteten Fotos und Videos der italienischen
Staatspolizei. Der Fotograf und Reporter Eric Marquardt, der selbst an
Bord von Rettungsschiffen war und Missionen dokumentiert hat, ist sich
sicher: Beweise einer Kollusion zwischen Schleppern und der Crew der
Iuventa liefern sie nicht. (…) Das Bild zeige keine „Schmuggler“,
sondern gewaltbereite Diebe, die die Gelegenheit nutzen, um den
Außenbordmotor des Flüchtlingsbootes abzuziehen. „Solche Situationen
sind leider alltäglich“, schreibt Marquardt: „Oft können die NGOs, die
nicht bewaffnet sind, nicht gegen diese Engine-Fisher vorgehen und sind
ihnen selbst schutzlos ausgeliefert.“ Tatsächlich habe er bei seiner
Fahrt auf der Seefuchs der Regensburger Organisation Sea-Eye
festgestellt: Es gebe „zahlreiche Nachweise für die Zusammenarbeit von
libyscher Küstenwache mit Schleppern oder Engine-Fishern“. (…)
Marquardts Fazit: Die Zusammenarbeit zwischen libyscher Küstenwache und
Schleppern wird von Italien und der EU „offenbar in Kauf genommen, weil
die Milizen die ‚Drecksarbeit‘ vor der libyschen Küsten machen“. Von
seltsamen Zufällen ist aber auch bei Famiglia Cristiana die Rede. Das
italienische Magazin hat in einem am Freitag online veröffentlichten
Dossier auf eine interessante Verbindung aufmerksam gemacht: Zwischen
den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Trapani gegen Jugend Rettet
und Defend Europe, einer von der rechtsradikalen sogenannten Identitären
Bewegung ins Leben gerufenen Organisation…” Beitrag von Marian Schraube vom 05.08.2017 im Blog der Freitag-Community
- Die Partner im EU-Krieg gegen Flüchtlinge: Libysche Fundi-Geschäftemacher
„Was öffentlichkeitswirksam als »Krieg gegen Schlepper« verkauft
wird, ist faktisch ein »Krieg gegen Flüchtlinge«. In Libyen herrschen
Rechtlosigkeit und Willkür. Folter und Vergewaltigungen sind in den
Flüchtlingshaftlagern an der Tagesordnung. Die von der italienischen
Regierung und der EU forcierte Strategie ist darauf ausgerichtet,
Menschen an der Flucht aus den dortigen Zuständen in Richtung Europa zu
hindern“ – aus der Stellungnahme „Krieg gegen Schlepper? Krieg gegen Flüchtlinge!“ am 03. August 2017 bei ProAsyl , worin abschließend bemerkt wird: „Italien
will die Arbeit der Seenotrettungsorganisationen nun – mit
Rückendeckung der EU – nicht nur massiv beschränken, sie sollen vor
allem aus der Zone vor Libyen abgedrängt werden. Denn die privaten
Organisationen retten nicht nur Leben, sondern sind zumindest partiell
auch die einzigen Beobachter der menschenverachtenden Kooperation mit
den libyschen Kräften. Und Zeugen von menschrechtsverletzenden Aktionen
vor Libyen will Italien, will die EU mit Sicherheit nicht haben…“
- Gutachten: Kodex für Seenotretter verstößt gegen Völkerrecht
“… Der Versuch Italiens, Hilfsorganisationen bei der
Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer einzuschränken, verstößt einem
Bundestags-Gutachten zufolge gegen Völkerrecht. Das Gutachten der
Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages sieht die EU-Staaten
völkerrechtlich in der Pflicht, bei der Rettung von Menschen aus Seenot
zusammenzuarbeiten. Dazu gehöre auch, zivilen Schiffen mit Flüchtlingen
an Bord einen Nothafen anzubieten. Damit stützt das Gutachten die
Position der Hilfsorganisationen. Italien hat damit gedroht, den
Schiffen der privaten Seenotretter das Einlaufen in italienische Häfen
zu verweigern, wenn diese nicht einen Verhaltenskodex unterzeichnen, den
die Regierung Anfang Juli vorgelegt hatte. In dem Gutachten schreiben
die Wissenschaftliche Dienste, zwar hätten die EU-Mitgliedstaaten einen
Ermessensspielraum. Dieser dürfe aber nicht dazu führen, dass die
Koordinierung von Rettungsaktionen blockiert wird oder ins Leere läuft…” Beitrag vom 4. August 2017 von und bei Migazin mit kostenlosen Download der im Beitrag erwähnten Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages
- Abschottung schlägt Völkerrecht
“… »Wir tun das, was eigentlich Aufgabe der Regierung
wäre.« So ist ein Interview mit dem Berliner Rechtsradikalen Robert Timm
in der »Jungen Freiheit« überschrieben. Der deutsche Kopf der
»Identitären Bewegung« spricht dort über die Behinderung der
Seenotretter im Mittelmeer. Für ihn bedeutet es »Grenzschutz«. Timm ist
Besatzungsmitglied auf dem Schiff »C-Star«. Mit weiteren völkischen
Kadern aus ganz Europa will er die bereits unter politischem Beschuss
stehenden Hilfsorganisationen von ihrer Arbeit abhalten. Dabei läuft
jedoch nicht alles nach Plan. Nachdem der Bürgermeister der
sizilianischen Hafenstadt Catania den Rechtsradikalen keine
Infrastruktur zur Verfügung stellen wollte, kam nun auch von Kreta eine
Absage. »Dieser Ort hat gezeigt, dass Faschismus hier nicht durchkommt«,
erklärte kürzlich Theodosios Kalantzakis, Bürgermeister der Küstenstadt
Ierapetra. (…) Die italienische Regierung scheint sich derweil die
Worte der »Identitären Bewegung« zu Herzen zu nehmen. Nachdem der
Großteil der im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen am Montagabend
die Unterschrift unter einen von Rom geforderten »Verhaltenskodex«
verweigerte, beschlagnahmten italienische Behörden am Mittwoch das
Rettungsschiff »Iuventa« der deutschen Organisation Jugend Rettet. (…)
Während die öffentliche Aufmerksamkeit sich mit den Vorwürfen gegen die
Rettungsorganisationen beschäftigt, geht das Sterben im Mittelmeer indes
weiter. Mitarbeiter der Rettungsorganisation SOS Méditerranée bargen am
Dienstag acht Leichen aus einem Schlauchboot…” Beitrag von Sebastian Bähr bei neues Deutschland vom 4. August 2017
- Viele Seenotretter verweigern sich Italiens Verhaltenskodex /
Initiativen wollen Einsätze wie bisher fortsetzen / Rom droht mit der
Sperrung seiner Häfen
“Mehrere nichtstaatliche Hilfsorganisationen haben die Unterschrift
unter den umstrittenen Verhaltenskodex der italienischen Regierung für
Flüchtlingsretter im Mittelmeer verweigert. »Ärzte ohne Grenzen«
erklärte am Dienstag zur Begründung, ebenso wie in Krankenhäusern
akzeptiere man auf den Schiffen grundsätzlich keine bewaffneten
Polizisten. »Ärzte ohne Grenzen ist eine unabhängige, neutrale und
unparteiliche private Hilfsorganisation. Die Präsenz von bewaffneten
Personen in einem unserer Projekte gefährdet unsere Neutralität und
unsere Arbeit. Sie kann uns selbst zum Ziel eines Angriffs werden
lassen«, so Florian Westphal, Geschäftsführer der deutschen Sektion von
»Ärzte ohne Grenzen«. Italien droht den privaten Rettern mit der
Sperrung seiner Häfen, wenn sie den Kodex nicht befolgen. (…) Westphal
kündigte an: »Wir werden weiter Such- und Rettungseinsätze unter der
Koordination der Leitstelle für Seenotrettung in Rom (MRCC) und in
Übereinstimmung mit allen relevanten internationalen Gesetzen sowie dem
Seerecht durchführen.« Der Verhaltenskodex schränke dagegen die ohnehin
zu kleinen Hilfskapazitäten weiter ein…” Beitrag vom 1. August 2017 in neues Deutschland online – siehe dazu:
- Gutachten belegt: Völkerrecht steht über aufgezwungenem „Verhaltenskodex“ für Rettungsmissionen
“„Der italienische ‚Verhaltenskodex‘ für Rettungsmissionen
im Mittelmeer ist eine politische Kampfansage, juristisch ist er aber
bedeutungslos. Denn immer noch gilt das unverbrüchliche Völkerrecht. In
den meisten Fällen können Geflüchtete auf den Rettungsschiffen nicht
medizinisch behandelt werden. Dann greift beispielsweise das
Nothafenrecht“, kommentiert der europapolitische Sprecher der
Linksfraktion anlässlich eines Gutachtens des Wissenschaftlichen
Dienstes im Bundestag zur Seenotrettung im Mittelmeer. Italien drängt
Rettungsmissionen im Mittelmeer zum Unterschreiben eines
„Verhaltenskodex“. Geflüchtete dürften nicht mehr an größere Schiffe
übergeben, sondern müssten in Häfen nach Italien gebracht werden. Dort
sollen die HelferInnen Befragungen der Behörden erdulden. Schließlich
zwingt der „Verhaltenskodex“ auch zur Einwilligung, die Polizei
mitfahren zu lassen. (…) Wenn der Vertrag nicht unterschrieben wird,
entsteht auch keine rechtliche Bindung. Es gelten wie üblich das
Völkerrecht, die SAR-Konvention und das UN-Übereinkommen zum Schutz des
menschlichen Lebens auf See. Ich befürchte, dass sowohl Italien als auch
die Europäische Union trotzdem weiter an der Gängelung der Retter
arbeiten. Soweit bekannt, haben die Europäische Kommission und die
Grenzagentur Frontex den ‚Verhaltenskodex‘ anerkannt. Wir müssen deshalb
mit allen Mitteln verhindern, dass die dort enthaltenen Forderungen in
Ratsschlussfolgerungen münden…” Pressemitteilung von Andrej Hunko vom 1. August 2017 mit Link zum Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags
- Anm.: Der ganze Vorgang enthüllt eine extrem gefährliche Tendenz. In
allen völkerrechtlichen Vereinbarungen – inkl. dem Grundgesetz – stehen
die Menschenrechte an oberster Stelle; mit Blick besonders in die
deutsche Geschichte, ist das kein Zufall. Die Menschenrechte wurden zwar
bereits in der Vergangenheit immer wieder ignoriert, zu Gunsten einer
menschenrechtsfeindlichen Wirtschaftspolitik uminterpretiert und auch
propagandistisch ausgeschlachtet. Neu an der Behandlung von privaten
Rettungsaktion durch die deutsche und europäische Flüchtlingspolitik ist
jedoch der Versuch einer Legalisierung der Behinderung oder gar des
Verbots Menschen in offensichtlicher Lebensgefahr zu retten. Hier geht
es nicht mehr nur um unterlassener Hilfeleistung (die gibt es auch im
Sozialrecht, vgl. Hartz IV), sondern darum, aus Gründen vermeintlicher
Systemstabilität Menschen (wieder) legal sterben zu lassen. Dass Problem
“Flüchtlinge” enthüllt nur eine heimliche Veränderung, der als
unverbrüchlich deklarierten moralischen Prämisse, deren offene Aufgabe
bisher als völlig undenkbar erschien. Dabei sollte niemand sich etwas
vormachen: Als unerwünscht und als Belastung werden nicht nur die
Flüchtlinge verstanden. “Die Flüchtlinge” dienen nur als Versuchsobjekt
um zu testen, wie weit man gegen kann, um unerwünschte Menschen bewusst
sterben zu lassen und welche Ideologie sich für solche Zielsetzung am
erfolgreichsten einsetzen lässt. Außerdem benötigt auch die deutsche
Kriegspolitik wieder Menschen, die “für das Vaterland” andere umbringen
und selbst bereit sind für solche Wahnvorstellungen zu sterben.
- Migranten aus Libyen: Italien will die Öffnung europäischer
Häfen. Deutschland und andere EU-Länder sind dagegen. Sie fürchten die
“Sogwirkung”
“Die italienische Regierung läuft in der Frage der Aufnahme von
Migranten gegen eine Bastion an. Mit Notrufen und Drohungen sucht sie
Entgegenkommen von anderen EU-Staaten. Die jüngste Drohung lautet, dass
man in einem “einseitigen Akt aus der Operation Triton aussteigen”
könnte, wie es über italienische Medien verbreitet wurde. Ende Juni gab
es den Notruf mit der Drohung, ein Hafenverbot für NGO-Schiffe zu
erlassen. (…) Doch hat sich der Vertreter des größten und mächtigsten
EU-Landes ganz unmissverständlich gegen diese Forderung gestellt: “Eine
sogenannte Regionalisierung der Rettungsaktionen der Regierungen
unterstützen wir nicht”, wird Bundesinnenminister Thomas de Maizière
zitiert. Deutschland ist nicht alleine mit dem “Nein”, auch Frankreich,
die Niederlande und Belgien sind dagegen. (…) Rom wird trotzdem nicht
lockerlassen. Man sei am Limit, heißt es seit Wochen.” Artikel von Thomas Pany vom 12. Juli 2017 bei Telepolis
- Hilflosigkeit der EU: Deutliche Kritik an geplantem Kodex für Seenotretter im Mittelmeer
“Nichtstaatliche Organisationen retten Tausenden schiffbrüchigen
Flüchtlingen im Mittelmeer das Leben. Italien will sie dazu zwingen,
einen Verhaltenkodex zu unterschreiben, der ihnen Fehlverhalten
unterstellt. Der von Italien geforderte Verhaltenskodex für
nichtstaatliche Retter von Flüchtlingen im Mittelmeer stößt auf Kritik.
Hilfsorganisationen und Politiker warnten am Donnerstag davor, dass ein
solches Regelwerk zu mehr toten Flüchtlingen führen könne…” Artikel von Natalia Matter vom 7. Juli 2017 beim Migazin
- Europäische Werte
“In
einer erneuten Zuspitzung der deutsch-europäischen Flüchtlingsabwehr
droht die Regierung Italiens mit der Sperrung ihrer Häfen für
Rettungsboote mit Flüchtlingen an Bord. Man sei nicht bereit, weiterhin
Flüchtlinge aufzunehmen, wenn die anderen EU-Staaten dabei keine
angemessene Unterstützung leisteten, erklärt das Innenministerium in
Rom. Weit davon entfernt, helfend einzugreifen, konzentriert sich Berlin
weiterhin auf teure Maßnahmen zur Flüchtlingsabwehr; neben der
libyschen Küstenwache sollen dazu künftig südlibysche Clans herangezogen
werden, die bislang gegen Geld die Weiterreise aus Niger an die
libysche Küste ermöglichten, jetzt aber – gegen Bezahlung aus Brüssel –
Flüchtlinge systematisch aufgreifen und festsetzen sollen. Sowohl der
libyschen Küstenwache wie auch südlibyschen Clans werden schwere
Menschenrechtsverbrechen an Migranten vorgeworfen. In Kürze könnten
Flüchtlinge es auch noch mit Faschisten aus Europa zu tun bekommen:
Aktivisten der sogenannten “Identitären”, einer Modeströmung der
extremen Rechten, wollen mit einem Schiff im Mittelmeer intervenieren –
um dort Rettungsboote mit Flüchtlingen zu stoppen. Zugleich steigt die
Zahl der auf der Überfahrt über das Mittelmeer umgekommenen Migranten
weiterhin stark an; sie liegt nach Berechnungen von
Flüchtlingsorganisationen, addiert man die Todesopfer der Jahre seit
2000, womöglich bereits bei mehr als 37.000…” Eigener Bericht vom 30.06.2017 bei German-Foreign-Policy
- Migration aus Libyen: Italien erwägt Hafenverbot für NGO-Schiffe
“Das Land ist politisch mit der Aufnahme der Migranten überfordert.
Die Debatte sucht sich mit den Seenotrettern “Sündenböcke” für eine
Härte-Situation, die keine leichten Lösungen bietet (…) Alle sollen es
hören: Italien weist jetzt laut auf die Option hin, dass es seine Häfen
für NGOs schließen könnte. Dort sitzt die Hauptbotschaft. Dass der
ständige Repräsentant Italiens bei der EU, Maurizio Massari, formell das
Mandat bekam, um das dringliche Thema “Flüchtlinge aus Libyen” beim
EU-Kommissar für Migration Dimitris Avramopoulos anzusprechen, ist nicht
der “Weckruf”. (…) Es wird immer nur beteuert, wie sehr man sich der
schwierige Lage Italiens bewusst ist, dass das Land allein gelassen
werde und dass man helfen müsse, aber recht viel mehr als eine
Aufstockung von Unterstützungszahlungen hat die EU nicht anzubieten. Die
Solidarität der EU-Mitgliedstaaten ist bei der Aufnahme von
Flüchtlingen bekanntlich sehr begrenzt. (…) Seegrenzen sind keine
Landgrenzen. Dass die Forderung nach Schließung der Häfen für
Flüchtlings-Schiffe der NGOs nicht offiziell erhoben wird, sondern über
Quellen aus Regierungskreisen in die Öffentlichkeit gebracht wird, hat
seinen Grund darin, dass der Regierung sehr wohl bewusst ist, dass dies
auf rechtliche Probleme stößt. Es geht um die Botschaft: “Wir haben
genug, wir sind überfordert, wir können auch anders, drastischer.”…” Artikel von Thomas Pany vom 29. Juni 2017 bei telepolis
- Migranten in Italien: Die neuen Sklaven Europas
“In Italien, das mit großem Einsatz Migranten aufnimmt, werden
dieselben Migranten gnadenlos ausgebeutet. Große Teile der
Landwirtschaft leben von diesen Ausgebeuteten. Nicht nur in Süditalien –
aber dort funktioniert das System besonders perfide…” Reportage von Jan-Christoph Kitzler vom 29.06.2017 beim Deutschlandfunk
- Roms Bürgermeisterin will keine Migranten mehr aufnehmen.
Die ewige Stadt erlebt eine gravierende Krisensituation, es herrscht
EU-Verdruss
“Roms Bürgermeisterin, Virginia Raggi (Movimento 5 Stelle), will
keine Migranten mehr aufnehmen. Mit einem Schreiben an das
Innenministerium forderte sie, dass keine weiteren nach Rom geschickt
werden. Im Zuge der landesweiten Umverteilung und dem ungeheuren
Zustrom, unterliegt Rom seit vielen Monaten einem enormen Druck und sei
einfach nicht mehr in der Lage, weitere Migranten aufzunehmen. “Ich
hoffe sehr, dass die Regierung das berücksichtigt”, betont Raggi. Es
gebe zu große soziale Spannungen und es sei an der Zeit, auf die Bürger
Roms zu hören. Jeder zweite Römer lehne mittlerweile die Aufnahme
weiterer Migranten ab. Luigi Di Maio, Parteikollege und möglicher
Kandidat für das Premierministeramt, unterstützt die Forderung der
Bürgermeisterin und wendet sich mit Inbrunst an ganz Europa, denn das
Thema der Europäischen Union und das der Immigration seien eins: “Wenn
wir das Migrantenproblem nicht lösen, werden die italienischen Bürger
sich mehr und mehr davon überzeugen, dass Europa nichts bringt.”
Inzwischen gleiche das Land einem Dampfkochtopf, der bald explodieren
wird…” Artikel von Jenny Perelli vom 26. Juni 2017 bei telepolis
- Bericht von Amnesty International: Italienische Polizei soll Flüchtlinge misshandelt haben
“Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
wirft der italienischen Polizei schwere Misshandlungen von Flüchtlingen
vor. Sicherheitskräfte sollen Menschen mit Schlägen und
Elektroschockgeräten zur Abgabe ihrer Fingerabdrücke gezwungen haben. In
einigen Fällen liefen die Misshandlungen auf Folter hinaus. (…)
Sicherheitskräfte hätten Flüchtlinge mit Schlägen und
Elektroschockgeräten zur Abgabe von Fingerabdrücken gezwungen, heißt es
in einer Untersuchung, die in Rom vorgelegt wurde. In einigen Fällen
liefen die Misshandlungen “auf Folter hinaus”. Die Befunde beruhen auf
der Befragung von rund 170 Flüchtlingen. Zu den Misshandlungen kam es
laut Amnesty in den so genannten “Hotspots”…” Beitrag bei der Tagesschau online vom 3.11.2016 . Siehe dazu:
- Flüchtlinge in Italien: Am Limit
“Zwar sind seit fast einem Jahr Kriegsschiffe der EU im Einsatz, um
Schlepper zu überführen – trotzdem ist die Zahl der Flüchtlinge, die in
Europa ankommen, nicht kleiner geworden. Die Lager in Italien sind
restlos überfüllt. Viele Flüchtlinge wollen weiter in andere Länder,
aber dürfen es nicht. Dazu kommt der Protest der Einheimischen…” Beitrag vom 16.08.2016 beim Deutschlandfunk
- Flüchtlinge in Italien: Chaos im überforderten Durchgangsland
“Weil Deutschland, Österreich und Frankreich ihre Grenzen momentan
besonders streng kontrollieren, kampieren Hunderte Flüchtlinge in
Italiens Bahnhöfen. Die Zustände sind katastrophal. Rechtspopulisten
versuchen, von dem Chaos zu profitieren…” Beitrag von Tilmann Kleinjung auf tagesschau.de vom 12. Juni 2015 . Aus dem Text: “…
Italien sei ein Durchgangsland, sagt der Asylrechtsexperte Gianfranco
Schiavone. Die Leute täten alles, um ihre Fingerabdrücke nicht in
Italien erfassen zu lassen, damit sie woanders einen Asylantrag stellen
können. In Italien kamen vergangenes Jahr rund 170.000 Menschen an, aber
nur 70.000 Menschen stellten einen Asylantrag. Alle anderen haben ihren
Antrag in anderen europäischen Ländern gestellt. (…) Doch der Weg in
die anderen europäischen Länder ist aktuell blockiert. Wegen des
G7-Gipfels in Elmau zu Wochenbeginn (letzter Woche) und der hochkarätig
besetzten Bilderberg-Konferenz in Tirol wird an den deutschen und
österreichischen Grenzübergängen strenger kontrolliert. Auch Frankreich
weist an seiner Grenze zu Italien potenzielle Flüchtlinge konsequent
zurück…” Siehe auch:
- Protest afrikanischer Flüchtlinge an italienisch-französischer Grenze
“Italienische Polizisten haben am Samstag einen Sitzstreik von rund
200 Flüchtlingen an der italienisch-französischen Grenze beendet, mit
dem diese ihre Einreise nach Frankreich erzwingen wollten…” Artikel bei der Neuen Luzerner Zeitung Online vom 13. Juni 2015
- Tod im Mittelmeer: Die italienische Flucht nach vorn
“500 bis 600 tote Flüchtlinge liegen seit Wochen am Grund des
Mittelmeers, eingeschlossen in dem gekenterten Boot, das sie in die
Tiefe zerrte. Rom will die sie, die den jüngsten Grenzskandal ausgelöst
haben, nun doch bergen lassen…” Beitrag von Regina Kerner in der Frankfurter Rundschau vom 20. Mai 2015 . Aus dem Text: “…Was
die Augen nicht sehen, tut dem Herz nicht weh“, lautet ein
italienisches Sprichwort. Es passt gut auf das, was geschah, nachdem
Mitte April mehr als 700 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ertrunken sind.
Nur 26 Leichen wurden geborgen, die anfängliche Betroffenheit über das
Leid der Opfer verflog rasch. Europa konzentriert sich jetzt auf den
Streit über die Verteilung von Flüchtlingen. (…) Jetzt aber will
Italiens Premier Matteo Renzi die Leichen doch bergen lassen. „Wir
werden das Boot hochholen. Ich will, dass die ganze Welt sieht, was
geschehen ist“, verkündete er am Dienstagabend im Fernsehen. 15 bis 20
Millionen Euro werde die Bergung aber schon kosten. Renzi: „Ich hoffe,
dass Europa zahlt, wenn nicht, machen wir das.“ …“
- Migranten mit Kriminellen gleichgesetzt. Lage auf Lampedusa
und neue Protestaktionen schüren Debatte um Flüchtlingspolitik in
Italien
“Erst wurde bekannt, dass Flüchtlinge im Auffanglager in Lampedusa
zum Teil wie Tiere behandelt werden und jetzt haben acht Migranten in
einem Heim in Rom einen grausamen Protest inszeniert.
Aus einem Feuerzeug haben sie sich eine Art Nadel gebastelt; dann haben
sie Fäden aus einer alten Decke gezogen und sich anschließend damit den
Mund zugenäht: Acht Nordafrikaner – vier Tunesier und vier Marokkaner –
haben so dagegen protestiert, dass sie seit Monaten in Rom in einem
Auffanglager festgehalten werden und dort darauf warten müssen, dass sie
offiziell identifiziert werden. Sie alle waren illegal nach Italien
gekommen und werden jetzt wie Kriminelle behandelt…” Artikel von Anna Maldini, Rom, aus neues deutschland vom 23. Dezember 2013 , dokumentiert beim Friedensratschlag
- Flüchtlingsdrama vor Italien: Trauerfeier ohne Überlebende
“In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde den Toten des
Schiffsunglücks vor Lampedusa gedacht. Die Überlebenden durften nicht
teilnehmen. Ihnen blieb nur der Protest. Die Trauerfeier für die 366
Opfer der Flüchtlingskatastrophe von Lampedusa hat am Montagnachmittag
im sizilianischen Agrigent ohne die Überlebenden des Unglücks
stattgefunden. Überlebende und zum Teil Angehörige der Toten hatten
morgens auf Lampedusa mit einem Sitzstreik und bei einem Besuch im
Rathaus vergeblich versucht, doch noch teilnehmen zu können. Am
Nachmittag warfen sie Blumenkränze ins Mittelmeer vor Lampedusa…” afp-Meldung in der taz online vom 22. 10. 2013
- Italien fliegt “Sensenmann” gegen Migranten und die Mafia
“Zur Abwehr unerwünschter Migration setzt die Marine moderne Drohnen
ein. Flüge finden über hoheitlichem Gewässer statt, für das Italiens
Fluglotsen zuständig sind…” Artikel von Matthias Monroy in telepolis vom 22.10.2013
- Flüchtlingswelle: Sizilien erklärt Notstand
“Italiens Marine hat knapp 500 Bootsflüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet. Sizilien reagiert mit der Ausrufung des Notstands.
Der Flüchtlingsstrom will nicht abreißen: In den vergangenen Tagen sind
knapp 500 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet worden. Sizilien hat
nun wegen der steigenden Zahl von Ankömmlingen den Notstand ausgerufen.
Dadurch könnten Maßnahmen zum Umgang mit dem Ansturm beschleunigt
werden, erklärte Gouverneur Rosario Crocetta. Vor allem geht es darum,
zusätzliche Finanzmittel freizugeben, um die Arbeit der
Hilfsorganisationen zu sichern…” Artikel vom 16.10.2013 bei DiePresse.com
- Flüchtlingstragödie vor Lampedusa: Grenzschutz per Flugzeugträger
“Italien will mit einer neuen „humanitären“ Militärmission das
Meer sicherer machen. Sein rigides Ausländergesetz bleibt unangestastet.
„Sicheres Meer“ heißt die Operation, die Italiens Regierung
definitiv am Montagnachmittag verabschieden will. Ministerpräsident
Enrico Letta stellte schon am Wochenende klar, dass es sich hierbei um
einen „humanitären Militäreinsatz“ handeln soll. Mit einer deutlichen
Verstärkung der in der Straße von Sizilien patrouillierenden Schiffe
ebenso wie der vor Ort eingesetzten Flugzeuge und Hubschrauber soll eine
lückenlose Überwachung des zentralen Mittelmeeres gewährleistet werden…” Artikel von Michael Braun und Christian Jakob in der taz online vom 14. 10. 2013
- 1.000 Dollar für Überfahrt. Lampedusa: Flüchtlinge von Libyen beschossen
“Die Zahl der Todesopfer bei den Flüchtlingstragödien vor der
Mittelmeerinsel Lampedusa wächst immer weiter. Die maltesische Marine
hat am Sonntag die Leiche eines dreijährigen Buben aus dem Wasser
geholt, der seit Freitagabend vermisst war. Das Kind befand sich mit der
Mutter an Bord des Flüchtlingsbootes mit rund 250 Migranten, das am
Freitag in maltesischen Gewässern gekentert war. Damit wächst die Zahl
der Todesopfer des Unglücks auf 35. Laut mehrerer Berichte soll das Boot
nach seiner Abfahrt zudem von der libyschen Küste aus beschossen worden
sein…” Meldung vom 13.10.2013 bei WeltHeute.at
- Drohnen vor Libyen und Tunesien
“Libyen und Italien haben nach Medienberichten ein neues Abkommen zur
besseren Überwachung der Seegrenzen geschlossen. Tripolis will auch
beim EU-Grenzüberwachungssystem EUROSUR mitmachen. Die libysche
Küstenwache wird die Seegrenzen des Landes mehr kontrollieren. Am Montag
hat die Regierung hierzu ein Abkommen mit Italien unterzeichnet, das
Unterstützungsmaßnahmen vorsieht. Dies meldet die italienische
Tageszeitung Il Manifesto. Demnach hat Italien bei dem Treffen in
Tripolis zugesichert, Grenzbeamte für maritime Missionen auszubilden.
Zuständig ist die Guardia di Finanza…” Artikel von Matthias Monroy in telepolis vom 10.10.2013
- Flüchtlinge auf Lampedusa rebellieren gegen Unterbringung
“Sie warfen mit Matratzen und wollten Busse mit Neuankömmlingen
stoppen: In einem überfüllten Auffanglager haben Flüchtlinge gegen die
dortigen Zustände protestiert…” Artikel vom 8. Oktober 2013 bei der Zeit online
- Lampedusa: Die überforderte Insel
“Die Hoffnungen der Einwohner Lampedusas ruhen auf der Politik: An
diesem Mittwoch besuchen EU-Kommissionspräsident Barroso und
Innenkommissarin Malström die Insel, und in Rom streitet die Koalition
über ein neues Asylgesetz…” Artikel von Jörg Bremer, Rom, vom 08.10.2013 in der FAZ online
- Sterben verboten
„Jeden Tag laufen in meinem elektronischen Briefkasten dutzende
E-Mails auf – die meisten befördere ich in den Papierkorb, andere lege
ich zu den »Akten«. In den Tagen vor Weihnachten erreichte mich über
viele Umwege ein Schreiben mit der Überschrift: »Lampedusa: sterben
verboten«. Es handelt sich um einen Offenen Brief, den Giusi Nicolini,
die junge Bürgermeisterin der Insel zwischen Sizilien und Libyen,
geschrieben hat. Er war an niemand Besonderes adressiert, sondern wie
eine Art Flaschenpost ins große Meer des Internets geworfen worden. Als
ich ihn gelesen hatte, war mir klar, dass dieser Hilferuf doch einen
Adressaten hatte: uns Europäer! Der Brief beginnt folgendermaßen: »Ich
bin die neue Bürgermeisterin von Lampedusa. Ich wurde im Mai 2012
gewählt, und bis zum 3. November wurden mir bereits 21 Leichen von
Menschen übergeben, die ertrunken sind, weil sie versuchten, Lampedusa
zu erreichen...“ Artikel von Anna Maldini in Neues Deutschland vom 04.01.2013 . Aus dem Text: „… Giusi
Nicolini schreibt in ihrem verzweifelten Hilferuf weiter: »Ich bin über
die Gleichgültigkeit entrüstet, die alle angesteckt zu haben scheint;
mich regt das Schweigen von Europa auf, das gerade den
Friedensnobelpreis erhalten hat, und nichts sagt, obwohl es hier ein
Massaker gibt, bei dem Menschen sterben, als sei es ein Krieg.« Ein
Schweigen, so meint die Bürgermeisterin, das nicht von Ungefähr komme:
»Ich bin mehr und mehr davon überzeugt, dass die europäische
Einwanderungspolitik diese Menschenopfer in Kauf nimmt, um die
Migrationsflüsse einzudämmen. Vielleicht betrachtet sie sie sogar als
Abschreckung. Aber wenn für diese Menschen die Reise auf den Kähnen den
letzten Funken Hoffnung bedeutet, dann meine ich, dass ihr Tod für
Europa eine Schande ist.«…“
- Das Sterben an Europas Grenzen beenden! Erheben Sie Ihre Stimme!
„Zur Aktion: Mit dieser E-Mail-Aktion wird der italienische
Ministerpräsident Mario Monti aufgefordert, sich für eine Aufklärung
der Geschehnisse im August 2009 im Mittelmeer einzusetzen. Damals
starben 77 Flüchtlinge einen qualvollen Tod. Sie trieben über 20 Tage
mit einem Schlauchboot auf Hoher See zwischen Libyen, Malta und Italien.
Am Ende verhungerten und verdursteten sie. Die Angehörigen der Opfer
müssen endlich eine Antwort auf ihre Frage nach den Verantwortlichen für
die Tragödie erhalten. Bereits am 25. August 2009 verlangte auch der
Menschenrechtskommisssar des Europarates Aufklärung. Bis heute fehlt
jede Antwort. Gleichzeitig wird der italienische Ministerpräsident
gebeten, sich zusammen mit den europäischen Partnerländern für eine
zukünftige effektive Seenotrettung zu engagieren.“ E-Mail-Aktion von pro Asyl
- Italien: Flüchtlingsrechte in Seenot!
„Tausende Menschen aus Afrika fliehen jährlich über das Mittelmeer
nach Europa aus Angst vor Haft, Misshandlung und Folter, oder weil ihnen
in ihrer Heimat kein Leben in Würde möglich ist. Mindestens 1500
Flüchtlinge kamen dabei 2011 ums Leben. (…) Setzen Sie ein Zeichen!
Beteiligen Sie sich an unserer Online-Petition und fordern Sie Italien
auf, diese Zusammenarbeit mit Libyen zu beenden! Lesen Sie hier den
Petitionstext” – Aktion von und bei Amnesty International
- Flüchtlinge in Italien: Leben im Palast der Schande
„800 afrikanische Flüchtlinge besetzen einen Wohnklotz im Süden
Roms. Wo einst Literaturstudenten auf den Gängen wandelten, hausen nun
Menschen zwischen stinkendem Müll und zerbrochenen Fenstern. Vom
italienischen Staat erhalten sie keine Hilfe – und mancher Bewohner
sehnt sich nach einem Platz im Gefängnis…“ Artikel von Julius Müller-Meiningen in Süddeutsche Zeitung online vom 04.08.2012
Ältere Beiträge zum Thema finden sich im
LabourNet-Archiv
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