Sonntag, 11. November 2018

Skandal um faschistischen Soldaten Franco Albrecht weitet sich aus. Hinweise auf konspiratives Netzwerk in der Bundeswehr

Terroristen in Uniform


Von Peter Schaber
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Waffenbeschaffung und Todeslisten: Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (Symbolbild) sollen Vorbereitungen für einen »Tag X« getroffen haben
Ein Oberstleutnant des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) ist wegen Geheimnisverrats im Fall des neofaschistischen Bundeswehr-Offiziers Franco Al­brecht angeklagt, wie Recherchen des Magazins Focusam Freitag ergaben. Der Offizier soll die Ermittlungen zu Albrecht behindert haben.
Franco Albrecht war im April 2017 unter dem Verdacht, Attentate auf Politiker und Menschenrechtler geplant zu haben, verhaftet worden. Bereits während seines Studiums der Staats- und Sozialwissenschaften an der französischen Militärakademie Saint-Cyr war Albrecht durch rassistische und völkische Thesen aufgefallen, aber dennoch nicht aus dem Dienst entlassen worden. Obwohl alle Indizien dafür sprechen, dass der Soldat plante, als Flüchtling getarnt, ­False-Flag-Attentate zu verüben, sah das Oberlandesgericht Frankfurt – anders als die Generalbundesanwaltschaft – im Juni 2018 »keinen hinreichenden Tatverdacht« für die Vorbereitung eines Terroranschlags. Albrecht ist bereits seit Ende November 2017 wieder auf freiem Fuß.
Schon als der Fall öffentlich wurde, deutete vieles darauf hin, dass Albrecht nicht als verirrter Einzeltäter handelte, sondern in einem Umfeld von Unterstützern agierte. An insgesamt 16 Orten in Deutschland, Frankreich und Österreich fanden Hausdurchsuchungen statt, bei einem 24jährigen Studenten fanden die Behörden etwa tausend Schuss Munition sowie Teile von Handgranaten. Ein weiterer Soldat, Maximilian T., geriet ebenfalls in den Fokus der Ermittler. Das Verfahren gegen T. wurde allerdings eingestellt, heute arbeitet er für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Nolte.
Die aktuellen Recherchen des Focus weisen darauf hin, dass das rechte Netzwerk in der Bundeswehr aber noch deutlich größer gewesen sein könnte. Unter Berufung auf Ermittlungsakten des Bundeskriminalamts (BKA) berichtet das Magazin, dass ein Netzwerk von »radikalen Preppern« sich auf einen »Tag X« vorbereitet habe, an dem missliebige Politiker »zu einem Ort mit Tötungsabsicht« verbracht werden sollten. Ganz oben auf der Todesliste soll Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, gestanden haben.
Enge Verbindungen habe die Gruppe zu einem Verein von Soldaten, Offizieren und Polizeiangehörigen mit Namen »Uniter e. V.«. Mehrere Angehörige der Führungsriege des Uniter e. V. sind im privaten Sicherheitssektor tätig, der Verein ist gut vernetzt und bietet militärisches Training an. Der namentlich nicht genannte Vorsitzende des sich gemeinnützig gebenden Vereins, ein ehemaliges Mitglied des Kommando Spezialkräfte (KSK), soll dem Focus zufolge Chatgruppen der rechten Prepper geleitet haben.
Die Untätigkeit der Behörden angesichts der möglichen Verwicklung gut ausgebildeter und einsatzerprobter Soldaten und Offiziere in die Aktivitäten des von völkisch-rassistischen Verschwörungstheorien angetriebenen Franco Albrecht kritisierte die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion im Bundestag, Martina Renner, am Freitag gegenüber junge Welt scharf. »Wir haben es offenbar mit einem rechten Netzwerk von Soldaten und Polizisten zu tun, das Todeslisten erstellte und Waffendepots anlegte«, so Renner. Seit Bekanntwerden des Falles fordere man von der Bundesregierung Aufklärung, die aber schweige sich aus. »Weder werden die Betroffenen informiert noch das Parlament«, so Renner. Dazu komme, dass der Geheimdienst der Bundeswehr die Aufklärung des Falles sabotiere. »Der Komplex macht deutlich«, kritisierte die Linke-Politikerin, »dass sowohl Behörden als auch politisch Verantwortliche die Gefahr des Rechtsterrorismus systematisch verharmlosen.«

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