Sonntag, 11. November 2018

Sammlungsbewegung »Aufstehen« bleibt Streitthema in der Linkspartei

»Neue soziale Demokratie«


Von Claudia Wangerin
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Was das Land 29 Jahre nach dem Mauerfall spaltet: Installation der »Aufsteher« am Freitag in Berlin
Für eine »neue soziale Demokratie« haben am Freitag die Bundestagsabgeordneten Marco Bülow (SPD) und Sahra Wagenknecht (Die Linke) im Namen der Sammlungsbewegung »Aufstehen« am Brandenburger Tor in Berlin geworben. Ex-Grünen-Chef Ludger Volmer rief dort vor gut 600 Menschen dazu auf, die Republik gegen rechte Demagogen zu verteidigen, und bezog sich positiv auf die Novemberrevolution im Jahr 1918. »Vor 100 Jahren waren es Matrosen und Arbeiter, die aufgestanden sind«, sagte Volmer im Gedenken an »die tapferen Männer und Frauen, die uns die Republik erkämpft haben«.
Die Organisatoren der Kundgebung warben dafür, am Abend an antifaschistischen Veranstaltungen zum Gedenken an die Pogromnacht am 9. November 1938 teilzunehmen. Da es zugleich der Jahrestag des »Mauerfalls« 1989 war, wollten sie die heute vor allem soziale Spaltung Deutschlands veranschaulichen: An einer Mauerattrappe, die der früheren DDR-Grenze nachempfunden war und nach den Redebeiträgen umgeworfen wurde, hingen weiße Schilder mit Stichworten wie »Niedriglöhne«, »Pflegenotstand«, »rechte Hetze«, »Rassismus« sowie »Zwangsräumungen« und »Umweltzerstörung«. Sahra Wagenknecht führte den Frust, der sich gegen Geflüchtete und Minderheiten richtet, auf Demütigungen in der Arbeitswelt zurück. »Wer die Rechtsentwicklung wirklich stoppen will, der muss sich für eine neue soziale Demokratie einsetzen«, sagte sie.
Während dies bei der SPD nur Parteilinke mit wenig Einfluss auf Bundesebene glaubwürdig tun können, nachdem sie in den letzten 20 Jahren überwiegend mitregiert hat, geht das einigen in Wagenknechts eigener Partei nicht weit genug. Und weil Wagenknecht als Kovorsitzende der Bundestagsfraktion Die Linke »Aufstehen« Anfang September mit Einzelpersonen von SPD und Grünen gestartet hat, ohne die eigenen Parteigremien zu fragen, gibt es mehr oder weniger direkte Forderungen nach ihrem Rücktritt. Auch ihre Kritik am Aufruf zu der antirassistischen Großdemonstration, die Mitte Oktober unter dem Motto »Unteilbar« in Berlin stattfand, haben manche Parteifreunde ihr nicht verziehen. Sie hatte seinerzeit die Parole »Solidarität kennt keine Grenzen« als Forderung nach offenen Grenzen für alle interpretiert und als weltfremd bezeichnet.
Der Bundestagsabgeordnete Thomas Nord (Die Linke) hatte am Dienstag nach Berichten mehrerer Medien gedroht, die Linksfraktion zu verlassen, falls sie weiter dulde, dass Wagenknecht Parteibeschlüsse torpediere. Am Mittwoch meldete sich Exfraktionschef Gregor Gysi zu Wort. Die Parteiführung stehe »in der Verantwortung, diesen Konflikt zu lösen«, sagte er dem Portal t-online.de. Der Landesvorstand der Partei Die Linke in NRW hat Wagenknecht und ihre Fraktionskollegin Sevim Dagdelen – ebenfalls ein bekanntes Gesicht von »Aufstehen« – erst mal zur Aussprache auf einer Sondersitzung am 29. November eingeladen. Dies bestätigte Landesvorstandsmitglied Sascha Wagner am Freitag gegenüber junge Welt.

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