Sonntag, 11. November 2018

100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

NOVEMBERREVOLUTION


Die Novemberrevolution 1918 in Deutschland erkämpfte das Ende des I. Weltkriegs, den Sturz des Kaiserreichs und wichtige bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten. Sie setzte auch das Frauenwahlrecht durch, für das sich die Frauenbewegung in Deutschland - die proletarische und die bürgerliche - seit Jahrzehnten eingesetzt hatte.
Von gc
100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland
Arbeiterinnen in Frankfurt am Main 1918 - die Frauenbewegung hatte wesentlichen Anteil an der Erkämpfung des Frauenwahlrechts durch die Novemberrevolution (foto: Historisches Museum Frankfurt (CC BY-SA 4.0))
Vor genau 100 Jahren, einen Tag nach der revolutionären Erhebung der Massen, entsandten die revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte den Rat der Volksbeauftragten. In seinem Aufruf „An das deutsche Volk“ wurde mit der großen Wahlrechtsreform auch das Frauenwahlrecht bekanntgegeben.
Clara Zetkin  (vierte von links) 1921 als KPD-Delegierte beim III. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (foto: gemeinfrei)
Clara Zetkin (vierte von links) 1921 als KPD-Delegierte beim III. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (foto: gemeinfrei)

IN KÜRZE

  • Die Novemberrevolution machte den Weg für das Frauenwahlrecht in Deutschland frei
  • Erfolg eines langen Kampfs der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung
  • Der Kampf um Gleichberechtigung muss Schule des Kampfs für die Befreiung der Frau im Sozialismus/Kommunismus sein
Wenige Wochen später, am 30. November 1918 verankerte der Rat der Volksbeauftragten das aktive und passive Wahlrecht für alle Bürgerinnen und Bürger in der Verordnung über die Wahl zur verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung. Frauen durften wählen und in alle Ämter gewählt werden.

Es beendete das in Preußen geltende Dreiklassenwahlrecht. Das Gewicht der Stimmen war darin nach dem Steueraufkommen bemessen: so hatte die Stimme reicher Männer 17-mal mehr Gewicht von Armen.

Frauen aktiv an revolutionären Aktionen beteiligt

Frauen beteiligten sich aktiv an den Streiks und Kämpfen der revolutionären Arbeiterbewegung, die der Novemberrevolution vorausgingen, allein 400.000 Rüstungsarbeiterinnen an dem großen Munitionsarbeiterstreik im Januar 1918. Im Juli 1918 streikten 35.000 Arbeiter und Arbeiterinnen bei Thyssen in Mülheim für die Herabsetzung der Wochenarbeitszeit auf 53 Stunden.

Am 9. November 1918 gab es während des Generalstreiks in Berlin Massendemonstrationen mit vielen Frauen und Müttern. Sie verteilten Flugblätter und schafften Munition herbei, verlangten Frieden und Brot für ihre Kinder und Familien, ein menschenwürdiges Leben sowie politische und soziale Gleichberechtigung.1

Bei den Arbeiter- und Soldatenräten, die sich im November 1918 überall formierten, fanden die Frauen mit ihren Forderungen offene Ohren. Sie machten das Frauenstimmrecht zu einer der Parolen der Revolution (mehr dazu).

Erfolg des jahrzehntelangen Kampfs der Frauenbewegung

Das mit der Revolution durchgesetzte demokratische Recht war auch Ergebnis eines jahrzehntelangen internationalen Kampfs der Frauenbewegung. Das Frauenwahlrecht war zuvor in Finnland, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden erkämpft worden - und mit der Februarrevolution 1917 auch in Russland. Es folgten Großbritannien, Polen und Österreich noch im Jahr 1918.

Es musste sich gegen überholte Moralvorstellungen durchsetzen, die Frauen die intellektuelle Fähigkeit zur politischen Tätigkeit absprachen. Ihre Verfechter rechtfertigten dies unter anderem damit, dass Frauen wegen ihrer überwiegenden Tätigkeit im Hause keine politische Kenntnisse und Erfahrungen hätten.

Dass sie zu dieser Situation durch die bürgerliche Gesellschaftsordnung gezwungen waren, scherte sie wenig. Aber auch biologistische "Argumente" musste herhalten, nach denen das Gehirn der Frauen zu klein wäre und durch die Gebärfähigkeit ihre "natürliche" Bestimmung der private Bereich in Haushalt und Familie sei.

Auch bürgerliche Frauen zuvor weitgehend rechtlos

Schon lange forderte die bürgerliche Frauenbewegung unter anderem das Recht auf Beteiligung an Wahlen. Im Kaiserreich hatten vor allem verheiratete Frauen sehr wenige Rechte. Bürgerliche Frauen, die Vermögen in die Ehe brachten, verloren dies mit der Unterzeichnung des Ehevertrags.

Tatsächlich behinderten die unter Bismarck eingeführten Sozialistengesetze auch bewusst die politische Tätigkeit von Frauen im Kaiserreich. Erst 1908 wurde die Bestimmung im Vereinsgesetz, die seit 1850 Frauen die Teilnahme an Vereinen und Versammlungen verbot, aufgehoben.

Clara Zetkin: Unermüdliche Streiterin für das Frauenwahlrecht

Die massenhafte Einbeziehung von Arbeiterinnen in die industrielle Produktion war eine materielle Basis für die Entstehung der proletarischen Frauenbewegung, für die Karl Marx und Friedrich Engels die wissenschaftlichen Grundlagen gelegt hatten. Arbeiterinnen schufteten in den Fabriken unter neben ihren Männern. In den Kriegsjahren mussten sie die Männer in den Fabriken sogar ersetzen.

Clara Zetkin gehörte zu den unermüdlichen Streiterinnen in der damals noch revolutionären SPD für das Frauenwahlrecht. Sie nahm als einzige Partei in Deutschland die Forderung nach dem Frauenwahlrecht in ihr Parteiprogramm auf. Unter dem Eindruck der russischen Revolution und der dadurch in Russland beschlossenen weitgehenden rechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern schlossen sich 1917 die bürgerliche und proletarische Frauenbewegung zu einer einjährigen Propaganda-Aktion zusammen.

Die Durchsetzung des Frauenwahlrechts heftet sich die SPD heute noch als Erfolg an ihre Brust. Ihre revisionistisch entarteten Führer wollten 1918 jedoch die Novemberrevolution verhindern und sich mit einer konstitutionellen Monarchie begnügen. Als sie sich nicht aufhalten ließ, setzten sie sich erst wortradikal an die Spitze, um sie dann mit militärischer Gewalt ersticken zu lassen.

19. Januar 1919: Frauen konnten das erste Mal wählen

Am 19. Januar 1919 konnten Frauen zum ersten Mal in Deutschland reichsweit bei der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung wählen und gewählt werden. 300 Frauen kandidierten. 37 Frauen - insgesamt gab es 423 Abgeordnete - werden schließlich gewählt.

Die heute in Deutschland erreichte formale rechtliche Gleichstellung der Frauen hebt allerdings die im Kapitalismus systemimmanente besondere Unterdrückung aller Frauen und die besondere Ausbeutung der Masse der Frauen nicht auf. So besteht immer noch ein gravierender Lohnunterschied von durchschnittlich 21 Prozent zwischen Frauen und Männern.

MLPD: Partei des Kampfs für die Befreiung der Frau

Die Überwindung dieser besonderen Ausbeutung und Unterdrückung erfordert einen eigenständigen Kampf für die Befreiung der Frau, der von den Marxisten-Leninisten systematisch gefördert wird.

Der Kampf um Gleichberechtigung zielt auf die Gleichstellung der Frauen gegenüber ihrer Diskriminierung in der kapitalistischen Gesellschaft. Er muss Schule des Kampfs für ihre vollständige Emanzipation im Sozialismus/Kommunismus sein.

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