Donnerstag, 18. Oktober 2018

Wombats City Hostel: Erfolgreicher Kampf für Tarifvertrag


Auslagerung des Reinigungspersonals soll kampfstarke Berliner Hotel-Belegschaft spalten

Das ist ein Wombat
Das ist Berlin. Ein Hostel, das nach einem possierlichen australischen Beutelsäuger namens Wombat benannt ist, in dem sich Chefs und Bedienstete früher duzten und umarmten. Alles schien ganz easy: Überstunden wurden schonmal bar aus der Kasse gezahlt, die Buchhaltung war sehr leger. Aber wehe, Du willst einen Betriebsrat und Bezahlung nach Tarif!
Die Belegschaft des Wombats City Hostel (Alte Schönhauserstr. 2, 10119 Berlin) konnte im September 2018 einen großen Erfolg verbuchen. Die rund 50 Beschäftigten setzten den Tarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin und Brandenburg durch. Dafür hatten sie seit August 2017 immer wieder gestreikt. Zuvor hatte sich 2015 ein Betriebsrat gegründet, der sich gegen erbitterten Widerstand des Managements behaupten musste.
Für die Beschäftigen bedeutet der frisch erkämpfte Tarifvertrag: Urlaubsgeld, weniger Wochenstunden, mehr Lohn, 500 bis 800 Euro Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) für 2019 und anteilig ab Juli 2018. (Neues Deutschland 19.09.2018)

Jetzt schlägt das Management zurück

Die Geschäftsführung plant jetzt die Reinigungskräfte, die einen großen Beitrag im Kampf für den Tarifvertrag geleistet haben, auszugliedern. Betroffen sind 10 Personen, der größte Teil davon Frauen. Sie haben bei den Streiks viel Mut bewiesen. Mit ihre Ausgliederung würde die Belegschaft gespalten und geschwächt.
Dass es sich um ein aggressives Manöver handelt, wird auch durch die Wahl des Anwalts deutlich: Tobias Grambow ist Partner bei Buse Heberer Fromm, einer Kanzlei, die seit 10 Jahren durch zahlreiche, teils spektakuläre Union Busting-Mandate (Was ist das?) von sich reden macht (siehe unten).
Was junge Leute für hip halten ist schlicht eine gut geölte Ausbeutungsmaschine, die den Gründern die Rente mit 50 ermöglichen soll. (Bild: Wombat’s City Hostel in Wien, Wikicommons by StellarD)

Die Geschäftsführung beteuert, es bestehe kein Zusammenhang zwischen Auslagerung der Putzkräfte und dem erfolgreichen Arbeitskampf der Belegschaft. Wir können uns allerdings nicht erklären, warum ein streng profit-orientiertes Unternehmen wie Wombats sonst einen Reinigungs-Sub-Unternehmer anheuern sollte, der die Kosten um rund 70.000,- Euro pro Jahr in die Höhe treibt, wie in Verhandlungen mit dem Betriebsrat deutlich wurde.

Weniger Geld für Reinigungskräfte?

Den Zuschlag soll die Firma EAK Thalhammer  bekommen, eine Tochter der Thalhammer Gebäudreinigung GmbH mit Sitz in Puchheim bei München.
Nach §613a BGB wären die aktuellen Arbeitsverträge der Reinigungskräfte nach dem Betriebsübergang nur für ein Jahr geschützt. Bereits nach einem halben Jahr nach Betriebsübergang würde das Übergangsamandat des Wombats Betriebsrats enden. Die Reinigungskräfte bei EAK müssten dann selbst einen neuen Betriebsrats gründen.
Die Wombats Geschäftsführung scheint einige Reinigungskräfte bereits von scheinbaren Vorteilen einer Auslagerung überzeugt zu haben. Möglicherweise wurden ihnen aber auch einfach persönliche Vorteile in Aussicht gestellt, wenn sie der Auslagerung zustimmen – etwa ein Posten als Vorarbeiter*in. Mit dieser Methode sollen bereits die Beschäftigten der Wombats Hostels in München, Wien, London und Budapest bisher von gemeinsamen Arbeitskämpfen abgehalten worden sein.

Allgemeinverbindlicher Branchentarif ist oft nur Makulatur

Subunternehmer im Reinigungsgewerbe kämpfen mit härtesten Bandagen um Aufträge und Profite. Der allgemeinverbindliche Branchentarif für Reinigungskräfte wird in vielen Betrieben systematisch unterlaufen (siehe PutzfrauenPower!). Es steht zu befürchten, dass die Reinigungskräfte in Zukunft mit Zeitvorgaben pro Zimmer unter Druck gesetzt und mit willkürlichen Abzügen drangsaliert werden. Da es sich formell um Angestellte eines Sub-Unternehmers handelt, sind die Arbeitsbedingungen für den Betriebsrat des Wobats City Hostels im Falle einer Auslagerung schwerer zu kontrollieren. Formal betrachtet müsste außerdem ein Betriebsrat bei EAK Thalhammer über Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten der Putzkräfte wachen. Allerdings sind aktive Betriebsräte bei Niedriglohn-Subunternehmern absolute Mangelware.
Die aktion ./. arbeitsunrecht fordert daher eine Generalunternehmerhaftung in der Gebäudewirtschaft für Verstöße gegen Arbeitsrechte und Arbeitsschutz durch Subunternehmer – so wie sie in der Fleischindustrie bereits gesetzlich vorgeschrieben ist (GSA Fleisch: Für Lohnräuber wird die Luft langsam dünneraktion ./. arbeitsunrecht, 12.6.2017).

Special Project Betriebsratsbekämpfung

2015 gründeten Beschäftigte einen Betriebsrat im Wombats City Hostel in Berlin. Schon im Vorfeld jammerten die Wombats-Gründer, Alexander Dimitriewicz und Marcus Praschinger, beides Österreicher und 1968 geboren, dass die Wahl einer Betriebsrats einem Misstrauensantrag gleich käme und unterstellten den Initiatoren puren Eigennutz (Neues Deutschland 14.12.17). Dem Vernehmen nach sollen die beiden Manager derzeit, genau 20 Jahre nach Gründung der wombats GmbH im Jahr 1998, bereits ihren Ruhestand planen. „Special Projects“ wie die Bearbeitung des Betriebsrats im Berliner Haus wollen sie laut Mitarbeitern aber auch in Zukunft persönlich betreiben.
Die Wombats GmbH betreibt neben dem Standort in Berlin zwei Hostels in Wien, außerdem Häuser in München, London und Budapest.

Abmahnungen und Kündigungen als Reaktion auf Streik

Die Geschäftsführer wollten einen Tarifvertrag dringend vermeiden und die Beschäftigten weiter „nach Nase“ bezahlen. Wer nicht zu den Lieblingen der Chefs gehörte verdiente in der Regel 9,22 Euro/ Stunde, ohne Anspruch auf Überstundenzuschläge, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Arbeit an der Rezeption wurde ein wenig großzügiger vergütet.
Die Geschäftsführer mahnten Beschäftigte, die am ersten Warnstreik im Dezember 2017 teilnahmen, prompt ab und drohten mit Kündigungen. Unmittelbar darauf lagen dem Betriebsrat bereits Anträge auf Zustimmung zur Kündigung der  Betriebsratsvorsitzenden und eines weiteren NGG-Gewerkschaftsmitglieds vor (Junge Welt am 16.12.2017).

Institutioneller Rechtsmissbrauch

Juristisch haltlose Abmahnungen und Kündigungen sind regelmäßiger Bestandteil von Union Busting. Die Besitzer der Wombats GmbH versuchten der Belegschaft außerdem mit Hausverboten für Streikende und Gewerkschafter, Anträge auf Auflösung des Betriebsrats, einstweilige Verfügungen, einem Wahlabbruchsantrag, Wahlanfechtung, auch bezüglich der turnusmäßigen Betriebsratswahl 2018, zuzusetzen. Mithilfe von Rechtsanwalt Daniel Weidmann(DKA-Anwälte) konnten, so der Betriebsrat, alle Verfahren gewonnen werden.
Die Staatsanwaltschaft stellte dennoch sowohl ein Verfahren, das der Betriebsrats wegen Nötigung angestrebt hatte, als auch eine Anzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit als unbegründet ein.

München ohne Betriebsrat und Tarifvertrag

In München fordern die Wombats-Beschäftigten weder ihre Mitbestimmungsrechte noch Bezahlung nach Tarif ein. Dabei macht sich, so der Eindruck in Berlin, für die Geschäftsführer bezahlt, dass sie einige besonders geschmeidige Quereinsteiger in Führungspositionen befördert haben.
Auch die Beschäftigten in Wien, London und Budapest haben sich bislang nicht aus der Deckung getraut.

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Auf facebook gibt es eine Solidaritäts-Seite, die den Arbeitskampf der Berliner Belegschaft begleitet (https://www.facebook.com/Solidarity-with-Workers-of-Wombats-Hostel-Berlin-313933392746265/) und natürlich auch Seiten des Unternehmens, auf denen kommentiert werden kann (https://www.facebook.com/WombatsBerlin/), wie z.B. von diesem Kommentator:
Wombat`s geht beschissen mit seinem Personal um, das hat sich rumgesprochen. Wenn ich wo übernachte, brauche ich Frieden und keine Ausbeutung! Nein danke!

Anwaltkosten spielen keine Rolle

Dass ein Betriebsrat erfolgreich ist, lässt sich auch daran ablesen, wie oft ein Management die Anwaltskanzleien wechselt. Tobias Grambow löste Christian Leuck von Friedlein & Partner ab, die das Mandat ihrerseits von den US-Union Bustern Squire Patton Boggs übernommen hatten. Tobias Grambow hatte sich 2014 in Berlin an der Behinderung der Betriebsratsarbeit bei Sellbytel (Kunde Atos) die Zähne ausgebissen (Sellbytel: Kündigung von neun Betriebsratsmitgliedern). Er ist Partner der berüchtigten Kanzlei Buse Heberer Fromm.
Buse Heberer Fromm gehört zur gediegen auftretenden Fraktion der Union Busting-Dienstleister. Das manierliche Auftreten der Buse-Beschäftigungsträger darf jedoch nicht über den aggressiven Kern der Kanzlei hinweg täuschen. Zu deren Arbeitsrechtsteam gehören furchtbare Juristen wie Jan Tibor LelleyJürgen Masling ( beide bekannt durch den Fall Maredo, November 2011) sowie Mathias Kühnreich (Schulungsleiter „Schwierige Kündigungen rechtssicher gestalten“).
Buse-Arbeitsrechtler haben in den vergangenen zehn Jahren zahlreichen Beschäftigen und Betriebsräten das Leben zur Hölle gemacht. Anwälte dieser Kanzlei scheuen auch vor Strategien nicht zurück, die Nötigung und Freiheitsberaubung beinhalten. Die planmäßige Zerschlagung von zwei Betriebsräten der Steakhauskette Maredo in Frankfurt und Osnabrück samt Massenentlassung und Kriminalisierung der Belegschaft Ende 2011 zählt zu den herausragenden deutschen Union Busting-Fällen: https://arbeitsunrecht.de/methode-maredo-uberwachen-bespitzeln-entlassen/

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