Montag, 11. Juni 2018

Wer schafft es wie weit? Die Fußball-WM aus sozialistischer Sicht

Das Spiel ist im Weg


Von Detlef Kannapin
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Für Lenin (irgendwie): Eingang des Luschniki-Stadions in Moskau, wo am Donnerstag die WM mit dem Spiel Russland–Saudi-Arabien beginnt
Lenin lehrt, dass eine realistische Einschätzung der Lage nur vom Standpunkt des proletarischen Internationalismus möglich ist. So auch im Fußball. Die Endturniere der Weltmeisterschaften waren nie bloß einfache Ermittlungen des Titelträgers, sondern immer auch Seismographen des kulturellen Globalzustands der Gesellschaft.
Während der Klubfußball mittlerweile vollständig in seiner spätimperialistischen Agonie angekommen ist, da seinen Anhängern eine Identität nur noch über den Vereinsnamen vorgegaukelt wird, geht es im Nationenwettkampf trotz aller Formen der Durchkommerzialisierung immer noch um so etwas wie die Ehre. Tatsächlich ist der Fußball aufgrund der Einfachheit seiner Spielregeln eine objektive Schule der Gerechtigkeit – sofern die Regeln eingehalten werden.
Allerdings wird die Durchsetzung der Gerechtigkeit im Fußball von verschiedenen Faktoren behindert. Bewußte Friktionen sind Schiedsrichter, strategische Fehler, Schiedsrichter, taktische Fehler, Schiedsrichter, das FIFA-Reglement, Schiedsrichter, der Videobeweis, Schiedsrichter, der Spielplan, Schiedsrichter u a. Nach objektiven Kriterien gibt es in der Geschichte der WM-Turniere bislang nur zwei Nationen, die unter allen Umständen zu Recht Weltmeister wurden: Brasilien 1970 und Argentinien 1986. Da beide Turniere in Mexiko stattfanden, wird ein späterer sozialistischer Weltfußballverband die dauerhafte Ausrichtung der Finalkämpfe in Mexiko ernsthaft in Erwägung ziehen müssen.
Für 2018 ist zunächst wohltuend festzuhalten, dass wichtige Länder mit destruktiver Spielanlage diesmal die Qualifikation verpassten: Niederlande, Italien, Griechenland, Türkei, Österreich, USA. Von solchen Truppen ist nur die Schweiz dabei, die allerdings die Vorrundengruppe nicht überleben wird. Aber der Reihe nach:
Gruppe A
Russland: Staatskapitalismus + Orthodoxie führen immer zum Spiel durch die Mitte, unschön und erfolglos, mit Mühe Achtelfinale.
Saudi-Arabien: Klerikale Diktaturen verwechseln regelmäßig eigenen Anspruch und spielerische Wirklichkeit.
Ägypten: Dito, auch wenn der militaristische Charakter etwas Disziplin bringt.
Uruguay: Die »Urus« sind schon lange keine Kloppertruppe mehr, sie müssten ihr Spiel nur mal durchhalten. Sofern Suarez nicht wieder ausrastet, ist das Halbfinale möglich.
Gruppe B
Portugal: Sollte der Europameister seine Nerven im Zaum halten und an die Nelkenrevolution denken, ist einiges drin. Aber man muss an Spanien und Uruguay vorbei (vgl. Friktion 7).
Spanien: Wieder da, wo die Mannschaft hingehört, nämlich ganz nach oben. Der Titel muss schon allein deswegen her, um jugoslawische Zustände wie Mitte der 1990er Jahre zu verhindern.
Marokko: Hat Pech gehabt, in dieser Gruppe zu landen.
Iran: Hat Pech gehabt, in dieser Gruppe zu landen.
Gruppe C
Frankreich: Das Spiel sollte sich an den Idealen von 1789, 1830, 1871 und 1968 orientieren. Gehört zum Triumvirat um den Titel.
M&R-Weinverkostung
Australien: Zu weit von allen und allem entfernt, um ernstgenommen zu werden.
Peru: Ist den Weg des lateinamerikanischen Sozialismus nicht mitgegangen und hat sich daher massenhaft Korruption eingehandelt. Spielweise unbekannt.
Dänemark: Wäre mal wieder dran, etwas Dynamit loszutreten. Allerdings widerspricht dem die eigene Abschottungspolitik.
Gruppe D
Argentinien: Der linke Fußball hat die früheren Titel besorgt, nicht der rechte. Messi allein wird nicht reichen. Die Gruppe ist schwer genug.
Island: Wenn sie jetzt noch aus der NATO austreten, dann werden sie echte Helden.
Kroatien: Wird wieder den Italien-Part übernehmen. Ohne jugoslawischen Esprit sehr ausrechenbar.
Nigeria: Ein Ärgernis für jeden Gegner.
Gruppe E
Brasilien: Das Maß aller Dinge des Turniers: hinten dicht und vorne treffsicher. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht (vgl. Friktionen 1, 3, 4, 6, 7, 8).
Schweiz: Warum?
Costa Rica: Der russische Schiedsrichter hat den niederländischen Ersatztorwart zweimal zu verwarnen, dann muss ein Spieler ins Tor. Das ist Objektivität.
Serbien: Nur wenn Reste des jugoslawischen Erbes aufblitzen, mit einiger Aussicht, ansonsten vor der Schweiz.
Gruppe F
BRD: Projekt Titelverteidigung leider mit recht guten spielerischen Voraussetzungen, die der Welt vormachen, hier wäre eine geläuterte Nation am Werk. Aber irgendetwas fehlt.
Mexiko: Sozialistischer, als es sich selbst eingesteht, auch beim Verteilen von Geschenken an die Gegner.
Schweden: Endlich Ibrahimovic-frei!
Südkorea: Wird sich im Vereinigungsprozess nicht richtig konzentrieren können.
Gruppe G
Belgien: Erleidet das vormalige Schicksal Englands: scheiternder Geheimfavorit.
Panama: Weiß wie ein Löschblatt.
Tunesien: Weiß hat keinen Komparativ.
England: Erwartet nicht mehr das heutige Schicksal Belgiens: We are through, jetzt schon.
Gruppe H
Polen: Spielt inzwischen wie unter Pilsudski rechtslastig, was für diese Gruppengegner nicht reichen wird.
Senegal: Mit Potential und durchaus weiterführenden Chancen.
Kolumbien: Was könnte der FARC-Frieden für die Mentalität bewirken?
Japan: Siehe Australien.
Unter den spätimperialistischen Bedingungen unserer Zeit steht das Spiel den antagonistischen Widersprüchen der internationalen Kapitalfraktionen im Weg. Daher ist eine andere Aussage als die gegebene zu Voraussetzungen und Folgen menschlicher Handlungsfähigkeit anhand der Fußball-WM 2018 nicht zu geben und auch durchaus nicht mehr wissenschaftlich.

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