Sonntag, 10. Juni 2018

Online-Zeitschrift "IMI-List" Nummer 0515

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 .......... 21. Jahrgang ........ ISSN 1611-2563
Hrsg.:...... Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.
Red.: IMI / Jürgen Wagner / Christoph Marischka
Abo (kostenlos).. https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/imi-list
Archiv: ....... http://www.imi-online.de/mailingliste.php3
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Liebe Freundinnen und Freunde,

in dieser IMI-List findet sich

der Hinweis auf die neue IMI-Analyse „Konzeption der Bundeswehr: Rüstung 
für den Neuen Kalten Krieg“.

Zuvor aber noch ein Hinweis in eigener Sache: Ab dem 25. Mai 2018 gilt 
ein neues europaweites Datenschutzgesetz, das es erfordert, über die 
Nutzung personenbezogener Daten zu informieren. Die diesbezügliche 
Datenschutzerklärung findet sich hier: 
http://www.imi-online.de/uber-imi/datenschutzerklaerung/


IMI-Analyse 2018/13
Konzeption der Bundeswehr
Rüstung für den Neuen Kalten Krieg
http://www.imi-online.de/2018/05/19/kdb/
Alexander Kleiß, Tobias Pflüger und Jürgen Wagner (19. Mai 2018)

Mit zunehmender Eile plant Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 
(CDU), die Bundeswehr in der kommenden Legislaturperiode weiter 
aufzurüsten. Als konzeptionelle Grundlage soll hierfür die „Konzeption 
der Bundeswehr“ (KdB) dienen, die seit Ende April 2018 im Entwurf 
vorliegt. Mit der Begründung, die Landes- und Bündnisverteidigung sei in 
den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden, propagiert die KdB 
faktisch eine Rüstungsoffensive gegen Russland. Dies dürfe jedoch nicht 
auf Kosten der Fähigkeiten für Militäreinsätze im Globalen Süden gehen, 
was schließlich in Forderungen mündet, buchstäblich in alle Richtungen 
zu rüsten – und dementsprechend auch Gelder bereitzustellen. 
Konsequenterweise forderte von der Leyen auf der Bundeswehrtagung am 14. 
Mai 2018, den Rüstungshaushalt trotz der hohen Steigerungen der letzten 
Jahre noch einmal in einer ganz anderen Dimension aufzuplustern.

Dachdokument der Rüstung

Am 4. Mai 2018 zitierte die Süddeutsche Zeitung Auszüge aus der 
„Konzeption der Bundeswehr“. Sofern in dem Dokument neue Weichenstellung 
vorgenommen werden, hat dies weitreichende Auswirkungen, schließlich 
handelt es sich dabei laut Planungsamt der Bundeswehr um das 
„Dachdokument der Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung 
Deutschlands.“ Und tatsächlich titelte die Süddeutsche Zeitung 
„Deutschland am Hindukusch verteidigen – das war einmal“, wodurch 
bereits im Aufmacher angedeutet wurde, Verteidigungsministerin Ursula 
von der Leyen sei im Begriff, einen grundlegenden Kurswechsel 
vorzunehmen: „Die CDU-Politikerin plant, die jahrelang vorherrschende 
Fokussierung auf Auslandseinsätze, die unter anderem als Argument für 
Einsparungen herhalten musste, zu beenden, und sich künftig 
‚gleichrangig‘ wieder der Landes- und Bündnisverteidigung zu widmen. 
Dies geht aus dem Entwurf des Grundsatzpapiers ‚Konzeption der 
Bundeswehr‘ hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.“

Dazu ist einiges anzumerken: So ist die Behauptung, die Fokussierung auf 
Auslandseinsätze habe „Einsparungen“ zur Folge gehabt ebenso sachlich 
falsch wie der Titel des Beitrags, da „Hindukusch-Einsätze“ keineswegs 
Geschichte sind, wie hier insinuiert wird. Im Artikel selbst wird ja 
direkt darauf hingewiesen, dass beide Einsatzformen künftig 
„gleichrangig“ behandelt werden sollen. Deutschland soll künftig eben 
nicht nur am Hindukusch und in der Sahelzone, sondern zudem auch wieder 
in Osteuropa und wo sonst auch immer man meint, Streit mit Russland 
anfangen zu wollen, „verteidigt“ werden. Nichts anderes ist gemeint, 
wenn von einer „gleichrangigen“ Fokussierung auf Auslandseinsätze und 
Landes- und Bündnisverteidigung die Rede ist.

Russland wird im KdB-Entwurf zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber immer 
wieder ist die Rede davon, dass aufgrund „der sicherheitspolitischen 
Entwicklungen der letzten Jahre […] die Bündnisverteidigung wieder in 
den Fokus der strategischen Überlegungen der NATO gerückt“ sei. Hierbei 
könnten die Maßnahmen der Bündnissolidarität „der Bundeswehr absehbar 
zusätzliche Leistungen und Fähigkeiten, besonders in den Randgebieten 
der Bündnisse, aber auch aufgrund der besonderen Lage Deutschlands als 
Transitland in der Mitte Europas und als Host Nation abverlangen“. Zudem 
sollten aufgrund der „Relevanz der Landes- und Bündnisverteidigung“ alle 
Angehörigen der Bundeswehr ihre Rolle hierbei identifizieren und sich 
auch in der Ausbildung wieder verstärkt auf diese Aufgabe ausrichten. 
„Abschreckung und Verteidigung auf Grundlage einer geeigneten Mischung 
aus konventionellen, nuklearen und Raketenabwehrfähigkeiten“ seien 
weiterhin ein Kernelement der Gesamtstrategie. Landes- und 
Bündnisverteidigung sei außerdem „der bestimmende Parameter für die 
Grundaufstellung der Bundeswehr“.

Und weiter: „Die Bundeswehr muss […] in der Lage sein, zur kollektiven 
Bündnisverteidigung in allen Dimensionen mit kurzem Vorlauf, mit 
umfassenden Fähigkeiten bis hin zu kampfkräftigen Großverbänden 
innerhalb und auch am Rande des Bündnisgebietes eingesetzt zu werden.“ 
Am wahrscheinlichsten sei ein „konventioneller Angriff“ an den 
Außengrenzen, deshalb müsse die Bundeswehr „über Kräfte und Mittel 
verfügen, die nach kurzer Vorbereitung an den Grenzen oder jenseits des 
Bündnisgebietes einsetzbar sind.“ Diese Formulierungen sind entlarvend, 
lassen sie doch genug Spielraum, um die Bundeswehr auch für 
Auseinandersetzungen in einem der aktuell noch „blockfreien“ Länder 
zwischen der NATO und Russland hochzurüsten, in denen die Spannungen 
seit Jahren zunehmen.

Gleichzeitig spricht die KdB aber eben auch von einer „permanenten 
360-Grad-Bedrohung“ und meint damit nicht nur, dass die Konflikte mit 
Russland inzwischen auch nördlich und südlich des Bündnisgebietes 
ausgetragen werden, sondern dass man generell auch weiter global 
interventionsfähig sein will. Schließlich könne es erforderlich sein, so 
die KdB weiter, „Schifffahrt, Luftverkehr und Handelswege zu sichern.“ 
Hierfür könne auch ein „zeitlich begrenzter friedenserzwingender 
Kampfeinsatz erforderlich werden.“ Und weiter: „Streitkräfte müssen 
einen Waffenstillstand eischließlich der Einrichtung von 
Flugverbotszonen, Puffer- und Schutzzonen und der Entwaffnung und 
Rückführung der Konfliktparteien umsetzen.“ Kommt es dann zu einer 
Intervention, stellt sich die Bundeswehr auch noch selbst die Lizenz 
aus, gegebenenfalls direkt die Administration des betroffenen Landes zu 
übernehmen – anders ist die folgende Passage nur schwerlich zu 
interpretieren: „Ist das betroffene Land selbst nicht in der Lage, die 
öffentliche Sicherheit und Ordnung umfassend sicherzustellen, kann die 
Bundeswehr in einem ressortübergreifenden Ansatz vorübergehend auch 
Ordnungsaufgaben wahrnehmen, deren Äquivalent im Inland von 
nicht-militärischen Stellen geleistet wird.“

Der aktuell so lautstark artikulierte finanzielle „Mehrbedarf“ ergibt 
sich deshalb vor allem daraus, das eine („Bündnisverteidigung“) wieder 
tun, ohne das andere („Hindukusch-Einsätze“) lassen zu wollen. Das 
Märchen von der kaputtgesparten Bundeswehr und die Verweise auf die – im 
Wesentlichen vom Westen zu verantwortende – Eskalation der Beziehungen 
zu Russland kommen dabei gerade recht, um Ausgabensteigerungen gegenüber 
einer diesbezüglich sehr skeptischen Bevölkerung rechtfertigen zu 
können. Tatsächlich geht es Politik und Militär dabei primär darum, 
Deutschland damit endlich als ernstzunehmende Militärmacht ersten Ranges 
auf der Weltbühne postieren zu können.

Bühler-Papier: Vorarbeiten

Neu sind all diese Überlegungen allerdings leider nicht: Wesentliche 
Elemente der KdB sind bereits bekannt, seit im April 2017 die 
„Vorläufigen konzeptionellen Vorgaben für das künftige Fähigkeitsprofil 
der Bundeswehr“ von der FAZ veröffentlicht wurden. Verfasst unter der 
Ägide von Generalleutnant Erhard Bühler wurden schon damals keine 
Zweifel daran gelassen, dass der „Bündnisverteidigung“ und damit 
faktisch der Rüstung gegen Russland künftig wieder mehr Bedeutung 
zukommen soll. Deutschland müsse bis 2031 drei schwere Divisionen mit je 
20.000 Soldaten in die NATO einbringen können, die erste bereits 2026. 
Die Landstreitkräfte müssten dringend mit mehr Panzern und vor allem 
schwerer Artillerie ausgestattet werden, aber auch bei der Luftwaffe und 
der Marine existiere milliardenschwerer Rüstungsbedarf, hieß es schon im 
Bühler-Papier (siehe IMI-Analyse 2017/11). Den nicht sonderlich zarten 
Hauch von Kaltem Krieg, den das ganze vermittelte, fasste damals  die 
FAZ (19.4.2017) treffend mit den Worten zusammen: „Damit würden die 
Divisionen wieder die klassische Struktur aus der Zeit vor 1990 einnehmen.“

Diese Hochrüstung gegen Russland ist überaus ernst zu nehmen, wie allein 
schon ein ergänzender Blick in das vom Heereskommando Mitte 2017 
herausgegebene Papier „Wie kämpfen die Landstreitkräfte künftig“ zeigt. 
Darin wird ein detailliertes Szenario entworfen, wie die Bundeswehr 
einen Landkrieg gegen Russland im Jahr 2026 gewinnen kann bzw. welche 
Fähigkeiten hierfür beschafft werden müssen (siehe IMI-Analyse 2017/44). 
Es folgte daraufhin Thesenpapier II „Digitalisierung von 
Landoperationen“ sowie Nummer III „Rüstung digitalisierter 
Landstreitkräfte“, in dem noch einmal lautstark für die Dringlichkeit 
der Anliegen geworben wurde: „Das deutsche Heer bewährt sich seit mehr 
als zwanzig Jahren in Auslandseinsätzen; um dies zu ermöglichen mussten 
jedoch Fähigkeiten vernachlässigt oder aufgegeben werden. Die 
Ausstattung des Heeres und die Fähigkeit zur Landes- und 
Bündnisverteidigung haben darunter gelitten. […]  Vor dem Hintergrund 
dieser Entwicklungen und Rahmenbedingungen für die Fähigkeitsentwicklung 
der Landstreitkräfte ist es erforderlich, ein gemeinsames Gefühl für die 
Dringlichkeit der notwendigen Veränderungen zu entwickeln, eine höhere 
Bereitschaft aufzubringen Risiken einzugehen und diese zu managen sowie 
den Fokus klar auf das Schaffen von Fähigkeiten zu richten. Alles andere 
hat sich dem unterzuordnen, denn nur so kann die Wirkungsüberlegenheit 
deutscher Landstreitkräfte zurückgewonnen werden.“

Ungeachtet aller Ambitionen, auch künftig „Hindukusch-Einsätze“ 
durchführen zu wolle, sieht auch Verteidigungsministerin Ursula von der 
Leyen bei der Aufrüstung gegen Russland aktuell den größten 
Handlungsbedarf, wie sie unter anderem bei ihrer Rede auf der 
Bundeswehrtagung am 14. Mai 2018 verdeutlichte: „Meine Damen und Herren, 
die anspruchsvollste Aufgabe der Bundeswehr ist die Landes- und 
Bündnisverteidigung. Sie ist die Messlatte für die Einsatzbereitschaft 
der Streitkräfte. Und zugleich ist dies die Aufgabe, die in den 
vergangenen 25 Jahren vernachlässigt wurde, um die priorisierten 
Einsätze leisten zu können. Hier besteht der größte Nachholbedarf!“

Anschließend führte die Ministerin aus, wo man der Auffassung ist, sich 
gegen Russland rüsten zu müssen – kurz zusammengefasst: überall: „Was 
heißt Landes- und Bündnisverteidigung in Zukunft? Lackmustest wird 
sein, ob und wie wir uns auf die hybriden Bedrohungen einstellen. Die 
Truppe braucht dafür ein verlässliches Gerüst, aus dem heraus sie 
handeln kann. Wir haben die Muster vor Augen: Fake-news Kampagnen um 
Unruhe zu schüren; das Einsickern von irregulären Kräften an den 
Rändern des Bündnisterritoriums; Cyberattacken gegen kritische 
Infrastruktur, Regierungsnetzwerke und unsere Bankensysteme; die 
Bedrohung durch Raketen jeglicher Reichweite und Wirkung; Angriffe auf 
unsere Handelswege auf See; Einsätze von Drohnenschwärmen gegen zivile 
Ziele; bis hin zur ‚klassischen‘ Verteidigungsoperation an der 
Landesgrenze. Auf all das müssen wir uns neu ausrichten. Und zwar nicht 
nur in der Programmatik und durch das Verfassen von Denkpapieren, 
sondern durch ganz konkrete Maßnahmen bei Personal und Material, in der 
Ausbildung, mit unseren Partnern und ressortgemeinsam.“

Randmeerkriegführung gegen Russland

Ein besonders anschauliches Beispiel, wie im KdB-Entwurf ein konkretes 
Szenario für eine mögliche Konfrontation mit Russland ausgebreitet wird, 
ist die „Randmeerkriegführung“. Im Entwurf heißt es: „[Die] Befähigung 
zur Randmeerkriegführung […] bleibt unverändertes Ziel für die 
Ausgestaltung der deutschen SeeSK. Im Rahmen der LV/BV spielen dabei der 
Nordflankenraum der NATO und die Ostsee […] zunehmend eine wichtige 
Rolle.“ Vor allem sei es erforderlich, für die  „Baltischen Staaten“ 
falls nötig eine „Nachversorgung über die Ostsee“ sicherzustellen.

Um für derartige „Randmeerkriege“ gerüstet zu sein, wurde bereits 
voriges Jahr der Ankauf von fünf weiteren Korvetten der Klasse K130 
beschlossen. Im bundeswehr-journal wurde dazu der Inspekteur der Marine, 
Vizeadmiral Andreas Krause, zitiert, dies werde es künftig ermöglichen, 
sich „stärker um den vernachlässigten Raum der Nordflanke zu kümmern.“ 
Wie konkret diese Rüstungsbeschaffung auf Russland gemünzt ist, 
verdeutlicht das Aufgaben- und Fähigkeitsprofil der K130, das in der 
jungen Welt folgendermaßen beschrieben wurde: „Korvetten sind kleiner 
und wendiger als etwa Fregatten. Sie sind ideal für Einsätze in 
Küstengewässern und Binnenmeeren – für Einsätze in der Ostsee zum 
Beispiel. Mit ihnen passt sich die Deutsche Marine also zielgenau an die 
neue Feindbestimmung des deutschen Establishments an.“

Weitere Rüstungsprojekte

Zufrieden zog Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei ihrem 
Auftritt auf der Bundeswehrtagung am 14. Mai 2018 eine Rüstungsbilanz 
ihrer letzten Amtsperiode. Die „Trendwende Material“ sei vollzogen, so 
seien 181 Schützenpanzer (Puma), 51 Radpanzer (Boxer), 28 
Transporthubschrauber (NH90), 31 Kampfhubschrauber (TIGER), 16 
Transportflugzeuge (A400M) und noch vieles weitere der Bundeswehr 
zugeführt worden. Für die kommende Legislaturperiode stünde nun unter 
anderem die Auslieferung von 129 weiteren Boxern und von 15 
Marinehubschraubern (SEA LION) an, so von der Leyen.

Zudem verfasste das Verteidigungsministerium bereits eine Art 
Wunschzettel mit weiteren 18 Großbestellungen bei der Rüstungsindustrie. 
Das Handelsblatt, dem die Liste vorliegt, berichtete bereits von der 
geplanten Anschaffung von u.a. sieben neuen Rettungshubschraubern und 
sechs Hercules-Transportflugzeugen (Typ C130-J), die für schnelle 
Truppenverlegungen nach Osteuropa eingesetzt werden könnten. Auch die 
ukrainischen Transportflugzeuge vom Typ Antonov AN 124 könnten diesen 
Zweck erfüllen (und sogar großes Gerät, z.B. Helikopter, 
transportieren), weshalb der gesicherte Zugang zu diesen auch von 2019 
bis 2021 weiterhin vertraglich gesichert werden solle. Das 
ukrainisch-russische Joint Venture SALIS ist für die Bereitstellung 
verantwortlich. Ob Russland der Verlängerung des Vertrags zustimmen 
wird, ist allerdings fraglich. Die Liste enthalte zudem einige 
Verbesserungen für den Schützenpanzer Puma, einen Instandhaltungsvertrag 
für den Hubschrauber NH90, Radartechnologie für den Kampfjet Eurofighter 
sowie neue Uniformen, so das Handelsblatt. Vor dem Hintergrund einer 
Aufrüstung gegen Russland ist auch die mögliche Anschaffung von 18 
Raketenwerfern (MARS II) kritisch zu sehen. Raketenwerfer sind ein 
typisches Instrumentarium für großangelegte, konventionelle, klassische 
Kriege. Dies kann ebenso wie die geplante Anschaffung von mehreren 
verlegbaren Gefechtsständen sowie 32 schweren Sattelzugmaschinen für den 
Transport von Waffensystemen als Drohgebärde in Richtung Russland 
verstanden werden.

Ungeachtet dieser umfassenden Liste stehen außerdem die ganz großen 
Rüstungsprojekte, wie der Bau eines deutsch-französischen Kampfpanzers 
(„Leopard-3“) oder das Kampfflugzeug („Future Combat Air System“) und 
die Eurodrohne, die beide Länder (im Falle der Drohne zusammen mit 
Italien und Spanien) entwickeln wollen, sogar erst noch an. Allein beim 
Kampfflugzeug gehen Experten von einem Auftragsvolumen von mindestens 80 
Milliarden Euro aus (siehe IMI-Analyse 2018/10), kein Wunder also, dass 
sich die Rüstungsindustrie aktuell die Hände reibt. So äußerte sich etwa 
Frank Haun, Chef des deutschen Panzerbauers Krauss-Maffei-Wegmann, 
gegenüber dem Handelsblatt Ende April 2018 regelrecht euphorisch ob der 
Zukunftsaussichten der Branche: „Wir hatten letztes Jahr den stärksten 
Umsatz unserer Firmengeschichte, und wir werden mittelfristig 
weiterwachsen. Wir haben alleine in Europa so altes Gerät im Einsatz, 
dass man damit bald keine Soldaten mehr verantwortungsvoll in den 
Einsatz schicken kann. Hier geht es um gepanzerte Systeme und 
Artillerie. Das sind Megathemen, mit einem Gesamtvolumen in Europa von 
über einhundert Milliarden Euro bis 2050.“

Dies ist umso ärgerlicher vor dem Hintergrund des ständigen Klagens 
darüber, dass nur ein Teil des Militärgeräts der Bundeswehr einsatzfähig 
sei. Deshalb ist es – vorsichtig ausgedrückt – bemerkenswert, dass Geld 
für teure Großanschaffungen, die neue Kostenexplosionen nach sich ziehen 
werden, plötzlich verfügbar sein soll. Viele Systeme sind nicht 
einsatzbereit, weil die Rüstungsindustrie diese in mangelhafter 
Qualität, zu spät und teurer als ursprünglich veranschlagt ausliefert. 
Die Rüstungsindustrie wird dafür nun durch die Vergabe neuer 
Großprojekte belohnt und subventioniert, obwohl das Material aus vorigen 
Großprojekten nicht einmal einsatzbereit ist.

Schluck aus der Finanzpulle

Parallel zu den Forderungen nach immer neuen Rüstungsvorhaben nimmt die 
Debatte um die deutschen Militärausgaben immer bizarrere Züge an. Nicht 
enden wollende Artikelkolonnen lamentieren, die Bundeswehr sei in den 
letzten Jahrzehnten auf verantwortungslose Weise kaputtgespart worden. 
Exemplarisch warf der Tagesspiegel Kanzlerin Angela Merkel kurz vor 
Beginn der Haushaltsdebatte Mitte Mai 2018 eine „Führungsschwäche“ vor, 
die zur Folge habe, dass nicht genug in die Rüstung investiert und 
Deutschland so zu einer „Möchtegern-Führungsmacht“ werde: „In einem 
Bereich scheint die Regierung von allen guten Geistern verlassen: der 
Verteidigungspolitik. Bis 2021 soll die Bundeswehr nur 5,5 Milliarden 
Euro mehr erhalten. Gebraucht wird ein Vielfaches. Nicht irgendwann, 
sondern jetzt. […] Allmählich entsteht das Bild einer irrationalen 
Möchtegern-Führungsmacht. In der Analyse, was nötig wäre, ist man sich 
einig. In der Praxis folgt – nichts.“

Dass diese Jammerei jeglicher Grundlage entbehrt, scheint dabei 
niemanden sonderlich zu stören, obwohl die Zahlen doch bekannt sein 
sollten: Der Etat stieg von 23,8 Mrd. Euro (2000) auf etwa 38,5 Mrd. 
(2018) an und soll bis 2022 gemäß der Anfang Mai 2018 vom Kabinett 
beschlossenen Eckwerte bei 42,6 Mrd. landen (hinzu kommen allein 2022 
noch 1,17 Mrd., die als „Personalmittelverstärkung“ in den Einzelplan 60 
(Allgemeinen Haushalt) verschoben wurden). Trotz dieser üppigen 
Erhöhungen kann das Verteidigungsministerium den Hals ganz 
offensichtlich nicht voll genug bekommen. Im Streit um noch größere 
Zuwächse ließ von der Leyen bei ihrer Rede auf der Bundeswehrtagung 
Mitte Mai 2018 eine Bombe platzen - nicht wie von den USA gefordert 2 
Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sollten in den Militäretat 
fließen, 1,5 Prozent sollten es aber schon sein: „Wir hatten den 
Tiefpunkt unserer Verteidigungsausgaben gemessen am BIP in 2015 mit 
1,1%. Nächstes Jahr, 2019, werden wir voraussichtlich 1,3% erreichen. 
Und zum NATO- Gipfel in Brüssel werden wir anzeigen, dass wir für 2025 
einen Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP von 1,5% erreichen wollen.“

Die Aussage ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Bisher handelte es 
sich bei dem ominösen Zwei-Prozent-Ziel um eine nicht-bindende 
Absichtserklärung, sich „in Richtung“ dieser Zahl zu bewegen – vager 
lässt sich eine solche Abmachung kaum formulieren, auch wenn in den 
Medien gerne so getan wird, als hätte sich Deutschland hier konkret zu 
etwas verpflichtet. Nun eine speziell auf Deutschland gemünzte konkrete 
Zahl anzuzeigen, hätte einen deutlich höheren Verbindlichkeitsgrad, der 
es der nächsten Bundesregierung sehr viel schwerer machen würde, 
dahinter zurückzufallen.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit sich von der Leyen hier 
mit wem abgesprochen  hatte – mit der SPD jedenfalls nicht, zumindest 
legen das die Reaktionen nahe. Allerdings scheint sich die 
Verteidigungsministerin der Unterstützung der Kanzlerin zu erfreuen, 
zumindest betonte Angela Merkel in der Haushaltsdebatte im Bundestag am 
16. Mai 2018, sie fühle sich weiter dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO 
„verpflichtet“. Deshalb seien höhere Ausgaben erforderlich, schließlich 
gehe es dabei „nicht um Aufrüstung, sondern um Ausrüstung.“ Auch die 
Antwort auf die Frage, gegen wen „ausgerüstet“ werden muss,  blieb 
Merkel nicht schuldig: „Durch die Ereignisse 2014“ sei die „Landes- und 
Bündnisverteidigung wieder von größerer Bedeutung.“ Vor allem auch im 
Cyberbereich müsse nachgelegt werden: „Die Hybride Kriegsführung ist 
Teil der Militärdoktrin zum Beispiel Russlands“ so Merkel. „Und da sind 
die gut und da müssen wir natürlich wehrhaft sein können, ansonsten 
werden wir keine Chance haben.“ Um dies zu vermeiden sei es notwendig, 
in „viel größerer Breite Material und Ausrüstung zur Verfügung zu 
stellen, um die zusätzlichen Aufgaben, die wir heute haben, zu 
bewerkstelligen.“

Schwer vorstellbar, dass Merkel angesichts derart markiger Sprüche die 
Absicht hat, ihrer Verteidigungsministerin in die Parade zu fahren – 
zumal einige in ihrer Partei ohnehin noch über von der Leyens Ideen 
hinausgehen wollen. So forderte Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul 
bereits einen Tag vor der Haushaltsdebatte sogar, die vom 
Verteidigungsministerium geforderten 1,5 Prozent bereits im Jahr 2021 zu 
verwirklichen.

Gruselig ist das vor allem deshalb, weil sich Prozentzahlen im unteren 
einstelligen Bereich zwar auf den ersten Blick harmlos ausnehmen mögen, 
sie sich bei näherer Betrachtung aber als riesige Summen entpuppen, die 
dann für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung stehen. Was die Aussagen 
von der Leyens konkret bedeuten, beschreibt Spiegel Online unter 
Berufung auf interne Quellen mit folgenden Worten: „Die Steigerung, so 
von der Leyen, sei absolut notwendig, schließlich müssten alle 
Verbündeten der Allianz mehr leisten. Ihre Zielmarke ist hoch gesteckt. 
Internen Berechnungen zufolge müssten die Verteidigungsausgaben zum 
Erreichen der 1,5-Prozent-Marke bis 2025 auf 62,5 Milliarden Euro 
steigen, etwa 58 Milliarden davon würden ihrem Haus zufließen, vier 
Milliarden gingen in andere Ressorts.“

Mit dem Entwurf der Konzeption der Bundeswehr und den anschließenden 
Debatten um die Höhe des Rüstungsetats wurden weitere Weichen gestellt, 
um mit Volldampf in einen Neuen Kalten Krieg mit Russland rauschen zu 
können. Und das ist nicht nur friedenspolitisch eine Katastrophe, 
sondern es wird die Bevölkerung auch buchstäblich teuer zu stehen kommen!

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