Sonntag, 10. Juni 2018

Dessau 7. Januar 2018


Black lives matter
5 000 Kehlen rufen „OURY JALLOH, DAS WAR MORD“. 
Diese Parole schallt immer wieder in den Straßen und Plätzen in Dessau. Sie ist nicht zu überhören. Selten gibt es bei Parolen solch eine Einheit bei einer Demonstration wie an diesem 7.1.2018 in Dessau. Menschen stehen an den Fenstern winken oder filmen.
Der Mord an Oury Jalloh, begangen von deutschen Polizisten im Jahre 2005, vereint uns zu einer einzigen Stimme. Sie dachten, sie können einfach davon kommen. Mit ihren üblichen Mitteln. Drohungen, Strafanzeigen, Knast, Zerstörung der Lebensgrundlage der AktivistInnen, Abschiebung, Vertuschung, Manipulation, dreisten Lügen. Sie alle. Die Polizei, die Staatsanwaltschaft, die ach so unabhängige Justiz, die Politiker.
Was sagte die Schwarze Community zu den schwarzen AktivistInnen um die Oury Jalloh Initiative: Wenn ihr etwas erreichen wollt, dann glaubt zuerst einmal an euch, macht euch stark, dann geht in die Kampfarena. Und das taten sie dann auch. Oury Jalloh, das war Mord. Diesen Gedanken äußerten nur wenige aus den Reihen der UnterstützerInnen, es gab zu viele Akteure, die das nicht glaubten. Auch linke AntifaschistInnen hatten ihre Zweifel. Im demokratischen Deutschland? Wo es nicht so starken Rassismus gibt? O.k., dass die Polizei im Korpsgeist zusammen marschiert und jemanden aus ihren Reihen schützt, nehmen wir das mal an. Aber was ist mit der Staatsanwaltschaft, die wird doch den Fall gründlich aufklären und die Richter werden dann das gerechte Urteil in diesem unseren Rechtsstaat sprechen? Oder hat jemand Zweifel am deutschen Rechtsstaat?
Diese Initiative, das sind doch nur Verwirrte, wie können die das nur behaupten? Sie können, und wie sie können: Unermüdlich kämpfen sie für die Aufklärung des Mordes. Was der Staat und seine Organe mit Repression vertuschen und verbiegen wollen, das klären die AktivistInnen auf. Die Initiative übernimmt die Kriminalarbeit wie im Lehrbuch. Sie sammeln Beweise und beschaffen Gutachten von Brandexperten. 
Nein, kein deutscher Experte hat den Mut, das zu machen. Feigheit, Opportunismus greift um sich, je mehr der Druck von oben kommt. So funktioniert Faschismus. Sie wollen nicht gebrandmarkt sein. Keine Aufträge mehr vom Staat, von den Tätern, bedeutet Verlust der Existenzgrundlage. Wie erpressbar die Menschen sind! Wie biegbar und manipulierbar! 
Ein Gutachter aus Irland bringt den Beweis, dass Oury sich nicht selber bis zur Unkenntlichkeit hat anzünden können. Auf keinen Fall mit einem Feuerzeug. Dritte, das bedeutet die Polizisten aus der Dessauer Wache, müssen es gewesen sein, und sie haben Oury vor dem Anzünden entweder totgeschlagen oder dermaßen schwer gefoltert, dass er dem Tode nahe war. Sie benutzten Brandbeschleuniger und verbrannten ihn, um ihre Mordtat zu vertuschen. Das geht in Deutschland immer noch. Nazitradition, Menschenverachtung, Rassismus in seiner Reinform.
Welch eine Barbarei dieser Polizisten, die einen wehrlosen Menschen angekettet an Händen und Füßen brutal zusammenschlagen, dass er in ihrer „Obhut“ stirbt. Dann ihn anzünden, um ihre Spuren zu verwischen. Polizei dein Freund und Helfer? Welche barbarische, faschistische Ideologie steckt in den Köpfen dieser Polizisten, die das tun.
Und heute? Sogar der ermittelnde Staatsanwalt, der 12 Jahre lang an der Selbstmordthese festhält, muss kapitulieren. Die Beweise sind erdrückend, er muss einen Strafantrag wegen Mordes gegen die Polizisten stellen, wenn er noch ein Fünkchen Selbstachtung als Mensch besitzt, und bezichtigt sie des Mordes. Aber es stehen welche über ihm, die die Polizisten beschützen wollen, die das Ansehen der deutschen Polizei schützen wollen. Die das Ansehen Deutschlands schützen wollen. Was ist schon „ein Afrikaner“ wert, wenn das Ansehen der deutschen Polizei auf dem Spiel steht?
Die Justizministerin höchstpersönlich stellt das Verfahren ein. In der Türkei oder in China würde das hier als Einmischung der Politik in die unabhängige Justiz angeprangert werden. Viele würden wie im Fall Deniz Yücel die Botschafter mobilisieren, Protestnoten an die Regierung in Ankara schicken, Gedenkdemos vor der türkischen Botschaft durchführen, im Autokorso durch die Straßen fahren. Lichterketten anzünden und Gott in der Kirche anflehen, dass er die Mächtigen in Ankara zur Besinnung bringen möge. 
Aber wenn es in Deutschland passiert, dann schweigen die Medien, die „kritische Öffentlichkeit“. Wo ist die kritische Öffentlichkeit, die bürgerliche Öffentlichkeit? Muss erst die Regierung zu einer humanitären Geste aufrufen, damit die Gutmenschen sich auf die Straße trauen? Diese Heuchler und Biedermänner. Wie damals gegen den Irakkrieg durch die Schröderregierung. Zahlreiche Medien haben keinen Mumm, das zu äußern. Von wegen Unabhängigkeit der Justiz, Gewaltenteilung etc. Wenn es darauf ankommt, dann scheißen die Herrschenden auf die demokratischen Prinzipien.
Unity, Unity, Einheit, Einheit wurde in den Reden gerufen. Wie stark die Einheit macht, konnten alle die dort waren, fühlen und leben. Die RednerInnen haben ihre Wut aber auch ihre Hoffnung und Zuversicht ausgesprochen. Mit Gesang und Tanz, mit Parolen und Böllern haben 5 000 KämpferInnen in Dessau Widerstand und Kampfmut auf die Straßen getragen.
GenossInnen der ISD, der afrikanischen Community, der refugees riefen zum verstärkten Kampf gegen Rassismus gegen Schwarze und zur Stärkung der schwarzen Community auf. In diesem Kampf sind sie die treibende und tragende Kraft – wir unterstützen sie mit unseren Möglichkeiten.
Oury Jalloh, das war Mord! Brick by Brick, Wall by Wall make the fortress europe fall! No Border – no Nation – stop Deportation! Um Europa keine Mauer – Bleiberecht für alle und auf Dauer! Hinter dem Faschismus steht das Kapital – der Kampf um Befreiung ist international! Mit diesen Kampfrufen wurde die Thematik, um die es in Dessau ging, auf den Punkt gebracht.
Staat und Nazis.....Ourys Bruder, Mamadou Saliou Diallo war da. Der Tod von Oury hat ihren Liebsten aus der Mitte der Familie gerissen. Die Mutter hat nicht nur die Kälte dieser nordischen Länder erlebt, sondern auch die Kälte im Gericht als der Prozess gegen die Polizisten lief. Die Verlogenheit, der Betrug den die Achsenmächte aus Ermittlungsbehörden, Staatsanwaltschaft und Gericht hinlegten. Ourys Mama starb im wahrsten Sinne des Wortes an gebrochenem Herzen, ohne Gerechtigkeit für ihren Sohn bekommen zu haben.
Ourys Bruder war da. Oury ist nicht vergessen. Sie glaubten, sie können ihn aus unserer Mitte reißen. Das Gegenteil ist der Fall. Sie haben sich verrechnet. Wir sind aus diesem traurigen Verlust noch stärker hervor gegangen. Oury eint uns, Oury eint uns noch fester als zuvor. Oury verbindet uns. Oury hat für uns eine Bresche geschlagen bis nach dem fernen Westafrika. Nur wenige von uns kannten Sierra Leone, Guinea, Ghana oder die Elfenbeinküste. Jetzt kennen viele von uns diese Länder. Jetzt sind wir mit FreundInnen und GenossInnen dort verbunden. Wir sind eine Community, über alle nationalen Grenzen hinweg. 
Die Internationale wird die Menschheit befreien, diese großartige Voraussicht der KommunistInnen ist aktueller denn je, sie ist lebendig, sie wird siegen, wenn wir uns vereinen.

Zur aktuellen Situation April 2018

Jahrelanger Kampf, Energie, Wut und Trauer der Angehörigen von Oury Jalloh, seiner FreundInnen und der Initiative „Gedenken an Oury Jalloh“ haben dazu geführt, dass offenbar eine Reaktion seitens der Landesregierung von Sachsen-Anhalt erfolgt. Zwei Sonderermittler sollen eingesetzt werden, Rechtsanwalt J. Montag von den Grünen und der frühere Bundesverfassungsrichter H. Landau. Ihre Aufgabe, unabhängig von den Ermittlern, die im Landtag lagernden Polizei- und Justizakten zu sichten und neu zu bewerten. 
Seit einem Jahr wird nicht mehr ermittelt, alle Verfahren wurden eingestellt und es wird nur noch „geprüft“. Durch die unermüdliche Öffentlichkeits- und Ermittlungsarbeit der Initiative sind Vertuschungen, Lügen und Manipulationen der „Ermittlungsbehörden“, der Polizei und der Staatsanwaltschaft klar benannt und nachgewiesen worden. 
Inwieweit die Arbeit der Sonderermittler zur tatsächlichen Aufklärung des Mordes an Oury führt, wird sich in Zukunft zeigen. Große Zweifel sind angebracht. 
Aber die Initiative wird nicht locker lassen und weiter hartnäckig kämpfen. AntirassistInnen und Antifa­schistInnen werden sie dabei weiter aktiv unterstützen. Es geht um Mord, begangen durch Beamte des deutschen Staates!

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