Damals, als man in Frankreich noch etwas zu lachen
hatte: Die Puppen der Präsidentschaftskandidaten 2007 Nicolas Sarkozy
und Segolene Royal als Guignols
Foto: Philippe Wojazer/REUTERS
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Beim Stichwort Puppen könnte man an Ernie und Bert denken oder an eine Art parlamentarischer Muppetshow. Weit gefehlt! Der weiche Witz der nordamerikanischen Verwandten, die Sexualität der Miss Piggi, der grantige Anarchismus von Waldorf und Statler, der harmlose Humor des Frosches Kermit machten in den Jahrzehnten vor der Geburt der Guignols Kinder froh und Erwachsene ebenso. Die Guignols dagegen bedeuteten von Anfang an Ärger. Sie legten die Axt an das Louis-Quinze-Mobiliar des Präsidentenpalasts Élysée, pflügten jauchzend und mit schrägen Liedern durch Nationalversammlung und Senat, ließen niemanden ungeschoren, nicht einmal sich selbst. Sie waren mehrdimensionale, schärfste Satire.
George Bush und sein Sohn »W.«, ihr »Pudel« Tony Blair, Bill Clinton, Barack Obama, Angela Merkel, bin Laden und Mullah Omar sangen gemeinsam im Chor der Kriegstreiber. Der Kapitalismus kam als »World-Company« daher. Ihr Anführer war der zynische »Commandant Sylvestre«. Dem Schauspieler Sylvester Stallone nachempfunden, kommentierte er mit dreckigem Lachen, wie sein kleiner Bruder im Geiste, Sarkozy, sich um die Weiber statt ums Geld kümmerte. Im Rapsong »Chirac und Bernadette« sang der ehemalige Präsident, einer der Hauptdarsteller des tosenden Guignol-Theaters, dem Volk das Lied von der alles beherrschenden Korruption. Kohle für jeden, der dem elitären Apparat nützlich ist. Knete, die natürlich nicht aus der privaten Schatulle, sondern aus der geplünderten Staatskasse kommt. So ging das seit 1988.
Dem Milliardär Vincent Bolloré, der den Canal + Anfang 2015 in seinen Weltkonzern Vivendi eingliederte, waren die Satiriker nie sympathisch. Nach und nach zog er die 50köpfige Kreativabteilung, die 30 Jahre lang die höchsten Repräsentanten des realen Welttheaters der Lächerlichkeit preisgegeben hatte, aus dem Verkehr. Das »Grand Journal« der Guignols war im Pay-TV-Canal + traditionell auch nicht zahlenden Zuschauern zugänglich. Allabendlich ließ die Programmdirektion dem Puppentheater ein Fenster offen. Bolloré schlug es zu, wechselte die Verantwortlichen aus, verbannte die respektlosen Puppen ins Nachtprogramm und ließ sie bald nur noch sporadisch auftreten. Das ist nun auch vorbei. Die vielen Politspezis des bretonischen Großkapitalisten – Sozialdemokraten wie Rechtskonservative – können endlich in Ruhe zu Bett gehen und von dem träumen, was sie, wie Commandant Sylvestre immer wusste, am liebsten haben: vom Geld.
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